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Förster wollen mehr Tiere schießenZu viele Rehe gefährden den Wald

Lesezeit 3 Minuten

Zu viele Rehe setzen dem geschädigten Waldbestand in NRW weiter zu.

  1. Den Wäldern in NRW geht es sehr schlecht, nur 19 Prozent der Bäume sind gesund.
  2. Die dringend benötigte Aufforstung wird durch die vielen Rehe behindert, sagen die Förster.
  3. Nun fordern sie: Sehr viel mehr Tiere müssen getötet werden.

Köln – Der Borkenkäfer ist als Feind des heimischen Waldes mittlerweile bekannt. Er hat aber gefräßige Gesellschaft: das Reh. Denn Förster klagen, es gebe zu viele Rehe, die die dringend nötige Waldaufforstung verhindern. Das Wildtier frisst bevorzugt die Triebe und Knospen junger Bäume – und verhindert so, dass der erheblich geschädigte Wald in NRW sich erholt. „Aus Naturschutzsicht ist der Wildtierbestand deutlich zu hoch“, sagt auch Birgit Königs vom Naturschutzbund (Nabu) NRW. Deshalb befürwortet der Verband, dass in einzelnen Gebieten verstärkt Jagd auf die Tiere gemacht wird, um die dringend benötigte Verjüngung des Waldes zu begünstigen.

Auch Baldur Neubauer, Vertreter der Kreisjägerschaft Oberberg, bestätigt, dass weniger Wild dem naturnahen Waldaufbau zugute käme. Deshalb regen manche Jäger an, die Schonzeit für das Rehwild bereits Ende März zu beenden. Bislang werden männliche Rehe ab Mai bejagt, weibliche von September bis Mitte Januar. Aus Sicht von Tierschützern ist die Verlängerung der Jagdzeit bis ins Frühjahr ein bedenklicher Vorschlag: So früh im Jahr dürfte man die Tiere noch nicht dem Jagddruck aussetzen, weil sie noch vom Winter geschwächt seien.

Hohe Hirschpopulation in der Eifel

In der Gemeinde Blankenheim in der Eifel kämpft Förster Rolf Heller mit einer zu hohen Rothirschpopulation. Lediglich vier bis fünf Hirsche vertrügen 100 Hektar Wald – in Blankenheim finden sich auf dieser Fläche etwa 19 der größten Waldtiere. Das ergab die letzte Bestandszählung. Auch sie schädigen die jungen Eichen- und Buchentrieben erheblich, mit denen eine Aufforstung gelingen soll.

Anders im Königsforst: Dort werden ebenfalls große Flächen neu aufgeforstet. Probleme mit Wild hat man in dem großen Staatswald allerdings nicht. „Im Königsforst jagt der Waldbesitzer, das Land NRW, selbst“, erläutert ein Sprecher des Regionalforstamts Rhein-Sieg-Erft. Deshalb sei die Zahl der Wildtiere in dem mehr als 2500 Hektar großen Waldgebiet niedriger als in anderen. Um das Jagdrecht selbst ausüben zu dürfen, muss ein Waldbesitzer laut Bundesjagdgesetz mindestens 75 Hektar zusammenhängende Fläche haben. Besitzer kleinerer Parzellen müssen sich deshalb zu Jagdgenossenschaften zusammenschließen. „Rehe zu schießen, ist für die Forstverwaltung und viele Waldbesitzer Waldbau mit dem Gewehr“, so der Forstvertreter.

Zahl der Tiere stieg um fast 20 Prozent

Rehe sind heute die mit Abstand häufigste Wildart in Nordrhein-Westfalen. Lebende Tiere sind praktisch nicht zählbar. Daher nimmt man als Vergleichswert die Zahl der erlegten oder überfahrenen Tiere eines Jahres, die jährlich als „Jagdstrecke“ vom NRW-Umweltministerium veröffentlicht wird.

Im Jagdjahr 2018/2019 wurden demnach 99 000 Rehe gezählt, gut ein Viertel davon waren Verkehrsopfer. Zum Vergleich: In den Jahren 2008/2009 wurden noch 83 900 erlegte Rehe gemeldet. Die Zahl der erlegten oder überfahrenen Rehe stieg also in NRW binnen nur zehn Jahren um 18 Prozent.

„Unser Wald ist krank“

Nur noch 19 Prozent der Bäume sind gesund, zeigt die „Waldzustandserhebung 2019“. „Unser Wald ist krank, die Zahlen sind alarmierend“, sagte NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) bei der Präsentation. Schuld seien besonders die Extremwetterlagen der vergangenen Jahre in Folge des Klimawandels.

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Orkane und trockene Sommer haben die Bäume geschwächt und für den Borkenkäfer angreifbar gemacht. Besonders stark hat es die Fichte erwischt, die einen Waldanteil von 30 Prozent besitzt: 42 Prozent aller Bäume weisen einen Kronenschaden auf. Auch bei Eiche und Kiefer wurden Verschlechterungen registriert. (mit Bezirken)