Die einstige Prachtvilla ist heute von Verfall und Vandalismus stark gezeichnet. Sie gehörte einem einflussreichen Manager.
Thyssen-Mogul mit NS-VergangenheitAtombunker-Villa im Rheinland ist heute gruseliger „Lost Place“
Dornenbüsche, wild wachsende Bäume und jede Menge Gestrüpp umgeben die geheimnisvolle Villa Sohl im Rheinland. Der Zugang zu dem luxuriösen Anwesen mit eigenem Park ist durch das Dickicht kaum noch möglich. Zu empfehlen ist ein Besuch ohnehin nicht, das Gebäude ist einsturzgefährdet und steht bereits seit Jahrzehnten leer.
Schon der Bau der Villa sorgte 1960 für Aufsehen in Deutschland. Rund 1,5 Millionen Euro soll Hans-Günther Sohl in das Anwesen investiert haben. Die Sauna, zwei Schwimmbäder oder das Jagdzimmer sind nur einige der extravaganten Details.
Villa mit Atombunker sorgte 1960 bundesweit für Aufsehen
Vor allem der Atombunker unter dem Keller sowie die Heizungsanlage des Hauses, die ein kleines Krankenhaus mit Wärme und Energie hätte versorgen können, lassen noch heute aufhorchen.
Der Atombunker tief unter der Erde wurde für die Familie eines deutschen Spitzenmanagers mit umstrittener NS-Vergangenheit gebaut. In den 1960er-Jahren war die Furcht vor einem Atomkrieg zwischen den Weltmächten USA und der UdSSR allgegenwärtig.
Sohl „will überleben“, schrieb der „Spiegel“ damals kommentierlich zur Fertigstellung der Atombunker-Villa 1962: „Der Ehrendoktor der Ingenieurwissenschaften und Bergassessor außer Diensten Hans-Günther Sohl, 55, Generaldirektor der August Thyssen -Hütte AG (ATH), Vorsitzender der Wirtschaftsvereinigung Eisen- und Stahlindustrie, Mitglied von 15 Aufsichtsräten, Einkommen pro Jahr rund 750.000 Mark, will überleben.“
Beeindruckende Fotos zeigen Atombunker-Villa als „Lost Place“
Der ambitionierte Hobby-Fotograf Jochen Wirtz, ehemaliger Büroleiter des langjährigen Düsseldorfer Oberbürgermeisters Thomas Geise, verschaffte sich 2017 einen Schlüssel für die Villa Sohl. Entstanden sind spektakuläre Fotos, die Wirtz auch auf Instagram veröffentlichte.
Eines der Bilder zeigt das verlassene Gebäude von außen:
Ein anderes Foto zeigt einen der weitläufigen Räume im Inneren:
Der jahrelange Verfall ist auf den Bildern gut zu erkennen. Inzwischen sind jedoch noch weitere Schäden durch Vandalismus und Graffiti hinzugekommen.
Villa Sohl: Fahrstuhl vom Schwimmbad im Keller in die Schlafgemächer im Dachgeschoss
Im Keller über dem Atombunker befand sich das beheizbare Schwimmbad. Auch hier gab es natürlich ein Detail, das auf Beachtung stieß: Von dort führte ein Fahrstuhl in die Schlafgemächer im Dachgeschoss.
Früher wusste der Großindustrielle Hans-Günter Sohl seine Gäste mit seiner prunkvollen Villa zu beeindrucken. Gleich vier große, offene Kamine ließ sich der Bauherr in seine weitläufige Familienresidenz einbauen.
Villa Sohl im Rheinland vom Vandalismus gezeichnet – Video zeigt „Lost Place“
Heute ist von all dem Prunk kaum noch etwas zu sehen. Seit den 1990er-Jahren steht das Anwesen leer und ist zu einem gruseligen „Lost Place“ verkommen. Der einstige Prachtbau wartet auf seinen Abriss. Ein Investor hat das Areal erworben und will neu bauen, der Park soll der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Doch geschehen ist bis heute nichts. Das zeigt auch ein Video eindrücklich:
Seit dem Tod von Witwe Baroness Anneliese von Wrede im Jahr 1999 wird die Villa nicht mehr bewohnt. Hans-Günter Sohl war bereits 1989 gestorben. Die Thyssen AG hatte sich lange um die Parkpflege gekümmert. Doch inzwischen wuchern Büsche und Dornen und versperren den Weg.
Das Gebäude ist mittlerweile stark herunterkommen, verfallen und von Vandalismus gezeichnet. Die Wände sind mit Graffiti bedeckt, in den Böden prangen Löcher. Wer sich hier unbefugten Zugang verschafft, der ist nicht sicher.
Unternehmer Hans-Günter Sohl und die NSDAP
Auch von der einstigen Strahlkraft Hans-Günter Sohls, der die Thyssen AG als Vorstandsvorsitzender von 1953 bis 1973 zum größten Stahlkonzerns Europas machte, ist heute nicht mehr viel übriggeblieben. Aufgrund seiner Verquickungen in der Nazi-Zeit wurde ihm eine ursprünglich zu seinen Ehren nach ihm benannte Straße in Düsseldorf-Flingern wieder aberkannt.
Sohl war bereits 1933 der NSDAP beigetreten und hatte unter dem Nazi-Regime Karriere als Manager gemacht. 1942 wurde er Wehrwirtschaftsführer der Reichsvereinigung Stahl und war in den Einsatz von Zwangsarbeitern verstrickt.
Die Alliierten nahmen ihn 1945 in Haft. Sein genauer Beitrag zur Ausbeutung von Zwangsarbeitern wurde allerdings nie hinreichend geklärt. 1947 war Hans-Günter Sohl wieder entlassen und zum Jahreswechsel in den Vorstand der Vereinigten Stahlwerke geholt worden.