KlinikreformDas sagt die Kölner Kinderklinik zu den geplanten Änderungen
Düsseldorf – Es kommt Bewegung in die Klinikreform: Bei der Gesundheitsministerkonferenz haben sich die Länder auf erste gemeinsame Eckpunkte geeinigt. Ein „Weiter so“ könne es nicht geben, sagt NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Donnerstag: „Es ist gut, dass auch der Bund, der für die Betriebskosten der Krankenhäuser zuständig ist, nun die Finanzierung der Kinderkliniken und Geburtshilfen verbessern und das System der Fallpauschalen grundlegend überarbeiten will.“
Auch in Köln stoßen die Pläne auf Zustimmung. Sie würde es begrüßen, „wenn durch eine Reform die medizinische Versorgung von Kindern in Zukunft auskömmlich finanziert wird“, sagt Monika Funken, Sprecherin der Kölner Kliniken, zu denen auch die Kinderklinik an der Amsterdamer Straße gehört. Die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sei zeitlich aufwendiger und personalintensiver als bei Erwachsenen. „Viele Kinder kommen als Notfälle, daher müssen Betten für akute Notfälle bereitstehen. Diese Vorhaltekosten werden in der Fallpauschale nicht angemessen berücksichtigt“, sagt Funken. Das könnte sich bald ändern.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte am vergangenen Sonntag die „größte Krankenhausreform der letzten 20 Jahre“ an. Pflegekräfte müssen entlastet werden, die umstrittene Fallpauschale angepasst und die flächendeckende Versorgung mit Geburtsstationen gesichert werden. Was bedeutet eine solche Reform? Wieso fordern so viele Menschen, das Gesundheitswesen neu zu strukturieren? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie funktioniert das System der Fallpauschale?
Die Fallpauschale wurde Anfang der 2000er Jahre etabliert. Nach ihrer Diagnose werden Patienten in sogenannte „Fallgruppen“ sortiert. Die Klinik bekommt für die Behandlung einen Fixbetrag, der in einem Katalog festgelegt ist. Je aufwändiger die Standard-Behandlung laut Diagnose ist, desto mehr Geld bekommt die Klinik. Die Fallpauschale umfasst mehr als 1200 Fallgruppen.
Was wird am derzeitigen System kritisiert?
Es ist oft schwierig, den Aufwand der Behandlung an einem Fixpreis festzumachen. Egal, ob sich der Zustand des Patienten verbessert oder verschlechtert, ob er länger oder kürzer im Krankenhaus bleibt – die Pauschale ist dieselbe. Für Kliniken lohnt es sich also, möglichst viele Patienten aufzunehmen, sie aber auch schnell wieder nach Hause zu schicken. Nicht alle Behandlungen sind außerdem gleich lukrativ: Knie- und Hüftoperationen rentieren sich sehr für die Kliniken, denn sie sind gut planbar. Krankenhäuser werden unter Druck gesetzt, die Zahl der gewinnbringenden Operationen zu erhöhen und defizitäre Abteilungen wie Kinderkliniken und Geburtsstationen abzubauen. Eine Geburtsstation muss immer Betten und Personal freihalten, falls Frauen mit Wehen das Krankenhaus betreten. Das gleicht einem Verdienstausfall.
Was sagen die Länder?
Die Gesundheitsminister der Länder haben jüngst einige Eckpunkte beschlossen, die aus ihrer Sicht bei einer Reform berücksichtigt werden müssen. Sie fordern unter anderem, die ambulante und stationäre Versorgung besser zu verbinden und zügige Regelungen zum Ausgleich der gestiegenen Energiekosten.
Die Gesundheitsminister sind sich einig, dass die Krankenhausfinanzierung vereinfacht und das System der Fallpauschale überprüft werden muss. Gleichzeitig betonen sie: Die Krankenhausplanung muss Ländersache bleiben. „Die Krankenhausstrukturen in Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Nordrhein-Westfalen sind heterogen und miteinander kaum zu vergleichen“, sagt Laumann. „Eine Planung vom grünen Tisch in Berlin aus wird den gewachsenen Strukturen nicht gerecht.“
Was wollen die Kliniken in NRW?
Zuerst einmal fordert Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, die Bundesregierung auf, einen Inflationsausgleich bereitzustellen. Die aktuelle Kostenexplosion, beispielsweise bei Material, bringe einige Krankenhäuser in eine existenzielle Krise. „Die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen haben sich in der Pandemie als verlässliche Säule in der Gesundheitsversorgung erwiesen“, sagt Morell. Dem müsse Rechnung getragen werden.
Könnte ein Sicherstellungszuschlag eine Lösung sein?
Bei den Überlegungen, wie man das Gesundheitswesen reformieren könnte, war auch von einem Sicherungszuschlag die Rede. Damit sollen Krankenhäuser unterstützt werden, die für die regionale Basisversorgung der Bevölkerung notwendig sind, aufgrund ihrer geringen Fallzahlen jedoch nicht kostendeckend sind. Betreiben diese eine Fachabteilungen für Kinder- und Jugendmedizin, gebe es laut Vorschlag zusätzlich Geld.
Für Ingo Morell greift ein solcher Sicherstellungszuschlag jedoch zu kurz. „Jede Pädiatrie und jede Geburtshilfe in den nordrhein-westfälischen Krankenhäusern kämpft mit dem strukturellen Problem hoher Vorhaltekosten“, sagt Morell. Von einem Sicherungszuschlag würden in NRW „nur ein oder zwei Krankenhäuser“ profitieren. Er fordert eine Lösung, die alle Kliniken gleichermaßen unterstützt.
Was plant Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD)?
Gesundheitsminister Lauterbach kündigt einen Gesetzesentwurf zum Ausstieg aus der Fallpauschale an. Im ARD-„Morgenmagazin“ sagte er am Donnerstag: Kliniken sollen auch dann 100 Prozent des Budgets bekommen, wenn sie 20 Prozent weniger Fälle erbringen. „Das heißt, man kann Fälle sparen, zum Beispiel vermittelt an andere Kliniken, die die Patienten besser versorgen können und bekommt trotzdem das Budget.“
Wird in NRW zu häufig stationär behandelt?
Nach Angaben von Lauterbach nehmen Krankenhäuser in Deutschland rund 50 Prozent mehr stationäre Patienten auf als die Kliniken in umliegenden Staaten – ohne, dass dies die Qualität der Versorgung verbessere. Viele Behandlungen könnten also genauso gut ambulant durchgeführt werden.
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Das sieht Ingo Morell ähnlich: „Eine Ausweitung ambulanter Behandlungen begrüßen die Krankenhäuser ausdrücklich.“ Damit die hohen Qualitätsstandards gleich bleiben, müssten dafür aber „angemessene strukturelle und finanzielle Voraussetzungen geschaffen werden.“ (mit dpa)