Seit 60 Jahren helfen die Ehrenamtler des Vereins Menschen mit Handicap, sportlich aktiv zu bleiben. Der ursprüngliche Verein hatte einen etwas anderen Schwerpunkt.
JubiläumRBS Burscheid bietet seit 60 Jahren Menschen mit besonderen Bedürfnissen Sport
„Vor einiger Zeit hatten wir einen älteren Herrn, der starke Probleme an Hüfte und Knie hatte und nur noch sehr schleppend an Krücken laufen konnte, bei uns in der Rehabilitationsgruppe. Mittlerweile kann er sogar wieder ohne Krücken laufen – das wäre ohne den Sport nicht möglich gewesen“, erzählt Franz Kratochvil, Vorsitzender des Rehabilitations- und Behindertensport Burscheid (RBS).
Seit 60 Jahren kümmern sich die Mitglieder des Vereins ehrenamtlich darum, körperlich, geistig und psychisch eingeschränkten Menschen den Zugang zu sportlichen Aktivitäten zu erleichtern und diese vielfältig zu gestalten. Am 7. November 1963 wurde der Verein gegründet, damals noch als Versehrtensportgemeinschaft, um Menschen, die versehrt aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgekehrt waren, die Möglichkeit zu bieten, einen Sport ausüben zu können. „Mit der Zeit hat sich der Schwerpunkt des Vereins dann mehr in Richtung Behindertensport entwickelt und mittlerweile liegt der Fokus auch auf der Rehabilitation“, erklärt Kratochvil. Seit 2018 ist der RBS Burscheid außerdem auch anerkannter Träger der Jugendhilfe.
Doch nicht nur erkrankte und eingeschränkte Menschen möchte der Verein zum Sport animieren: Seit einiger Zeit zählen auch Angebote für Kinder und Jugendliche zum Repertoire des RBS Burscheid. Der Verein bietet seit zwei Jahren Cheerleading an und seit Beginn dieses Jahres Basketball. Die Cheerleadergruppen nahmen unter der Leitung von Giovanna Lombardo auch schon an Wettkämpfen teil, unter anderem dem Elite Cheerleading Championship 2022.
„Cheerleading wurde in Burscheid noch nicht angeboten, wir haben da eine Marktnische entdeckt“, so Kratochvil. Die Angebote für Kinder und Jugendliche organisierte der Verein auch, um sein Fortbestehen zu sichern. „Der Verein lebt von engagierten Menschen. Wir sind immer auf der Suche nach neuen Ehrenamtlern, die bereit sind, für die Gemeinschaft Verantwortung zu übernehmen.“
Für seine Mitglieder bietet der Verein präventive Wassergymnastik an. Wer teilnehmen will, benötigt keine medizinische Rehabilitationsverordnung. Er oder sie muss nur Mitglied im Verein sein. Abgesehen von Basketball, Cheerleading und Wassergymnastik sind alle anderen Kurse, die der RBS Burscheid leitet, rehabilitativ. Zu den Angeboten zählen im Bereich der Orthopädie die „Starken Frauen“, ein Kurs für Menschen, die unter Adipositas leiden, Sturzprophylaxe, Wassergymnastik und gezielte Angebote für ältere Menschen.
Gymnastik für Menschen mit geistigen Einschränkungen
Im Bereich der Neurologie bietet der Verein Gymnastikkurse für schwerstkranke und schwerstbehinderte Menschen sowie für Personen mit geistigen Behinderungen an. Ein weiteres großes Gebiet der Tätigkeit des RBS Burscheid ist die innere Medizin. Es geht beispielsweise darum, COPD-Erkrankten, deren Sauerstoffzufuhr gering ist, sportliche Aktivität zu ermöglichen und ihren Gesundheitszustand konstant halten zu können. Auch für Menschen, die schon einmal einen Herzinfarkt erlitten haben, gibt es einen passenden Sportkurs. Dieser wird von einem Arzt begleitet, Defibrillator und Erste-Hilfe-Koffer müssen bei diesen Kursen ebenfalls immer griffbereit sein.
Die Übungsleiter, die einen solchen Kurs leiten, müssten alle zwei Jahre eine Nachschulung machen und brauchen Trainerschein B, sagt Franz Kratochvil. Grundsätzlich dauert die Ausbildung zum Übungsleiter zwei bis drei Jahre, die Kosten übernimmt der Verein. Laut Kratochvil ist es nie zu spät, mit der Ausbildung zu beginnen. „Ich habe mit 54 angefangen, mich zum Übungsleiter ausbilden zu lassen, man ist nie zu alt“, sagt der heute 66-Jährige und weiter: „Es macht einfach Spaß, Wissen zu vermitteln. Wenn man Wissen für sich behält, hat keiner etwas davon.“
Neues Angebot: RBS Burscheid hilft Menschen mit chronischem Schmerz
Ganz neu im Programm des RBS Burscheid ist seit diesem Jahr ein Kurs für Menschen mit chronischen Schmerzen. In der Sportgruppe, die sich immer mittwochs von 16 bis 17 Uhr trifft, sind laut Kratochvil noch Plätze frei. Mit Übungen aus den verschiedensten Ansätzen, wie beispielsweise Qigong, Thai-Chi, Yoga oder sensorischer Integration sollen die Teilnehmenden ihre Schmerzen lindern können. „Das Angebot ist auch für Menschen mit psychosomatischen Erkrankungen gedacht, Körper und Geist haben unmittelbar Einfluss aufeinander“, sagt Franz Kratochvil. „Die Menschen sprechen heute auch offener über die eigenen Einschränkungen, das hat sich komplett gewandelt.“
In den Gruppen sollen die Teilnehmenden auch die Möglichkeit haben sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Auch der Vorsitzende sieht einen Schwerpunkt der Angebote seines Vereins auf der sozialen Interaktion. „Ich erlebe es immer wieder, dass Menschen mit dem Sport beginnen und am Anfang sehr vereinsamt sind. Aber nach ein paar Stunden blühen sie total auf und knüpfen Freundschaften.“