Finanzen der Stadt LeichlingenIm Etat für 2023 fehlen 10,6 Millionen Euro
Leichlingen – Zahlen, die niemanden fröhlich stimmen, mussten Stadtkämmerer Thomas Knabbe und Bürgermeister Frank Steffes am Donnerstagabend dem Rat vorrechnen. Sie legten den Fraktionen einen Entwurf für den städtischen Haushaltsplan 2023 vor, der bei Gesamtausgaben von 76 Millionen mit einem Rekord-Defizit von 10,6 Millionen Euro abschließt. Das ist ein herber Schlag, hatte man in der Finanzplanung bisher doch an ein Minus von nur 559.000 Euro gedacht.
Grundsteuer soll nicht erhöht werden
Steuererhöhungen sind dennoch nicht vorgesehen. „Alle reden über Entlastungen – da wollen wir als Stadt nicht über Mehrbelastungen reden, das wäre in diesen Zeiten ein verwerflicher Gedanke“, betont Knabbe die soziale Komponente der roten Zahlen. 2023 bleiben Grund- und Gewerbesteuersätze unverändert, und auch an Gebührenschrauben wird aktuell nicht gedreht.
10 Millionen Minus. Eine solch schlechte Prognose hat es zuletzt vor zwölf Jahren gegeben. Aber auch damals traf das Schreckensszenario am Ende nicht mit voller Wucht ein. Die Jahresergebnisse, das zeigt die Erfahrung, sind immer besser als vorher befürchtet. Die Weisheit, dass Papier geduldig ist, gilt besonders für kommunale Finanzpläne. Und so enthält auch der Leichlinger Etatentwurf derart viele Fragezeichen und Unwägbarkeiten, dass im Rathaus keine Weltuntergangsstimmung herrscht.
Wo sind die stärksten Einbrüche zu verkraften? Man rechnet mit vier Millionen Euro weniger an Schlüsselzuweisungen des Landes, einer Million weniger Ertrag aus dem Abwasserbetrieb, 800.000 Euro mehr Kreisumlage und gehörigen Ausgabesteigerungen im Sozial- und Bauwesen (allein 1,7 Millionen mehr für die Jugendhilfe). 15,8 Millionen Ausgaben für Investitionen stehen 8,8 Millionen Fördermittel gegenüber, sodass notfalls für bis zu sieben Millionen Euro Kredite aufgenommen werden müssen.
„Die Zahlen werden wahrscheinlich noch stark korrigiert“, sagt und hofft Steffes. Knabbe schränkt ein, dass das Werk ein noch „sehr verzerrtes Bild“ der tatsächlichen Finanzlage abgebe, weil wichtige Datengrundlagen fehlten. „Der Etat verliert in diesen unsicheren Zeiten an Aussagekraft“, sagte der Kämmerer, weil die Rahmenbedingungen durch Ukraine-Krieg, Corona-Pandemie, Energiekrise, Inflation und Preisexplosionen im Bauwesen unwägbar geworden seien.
Bisher liegen weder Orientierungsdaten und Modellrechnungen des Landes zum Gemeindefinanzierungsgesetz vor noch die übergeordneten Etats des Kreises und des Landschaftsverbandes. Für angekündigte Entlastungen der Kommunen durch das Land und die Möglichkeit, Corona- und Energiepreis-Kosten zu isolieren, fehlen noch verlässliche gesetzliche Grundlagen. Viele Posten sind deshalb nur Schätzungen.
Stadt will handlungsfähig bleiben
Leichlingen wollte trotzdem nicht länger abwarten. „Wir wollten den Etat unbedingt einbringen, damit wir weiterkommen“, erklärte Steffes. Am 28. November soll er verabschiedet werden, damit die Verwaltung im Januar nicht ohne Geld dasteht und die vielen laufenden Projekte der Stadtplanung bezahlen kann.
Doch auch wenn die Zahlen zugegebenermaßen auf Sand gebaut sind, müssen sie den gesetzlichen Bestimmungen genügen. Das tun sie, weil der Fehlbetrag aus den Rücklagen gedeckt werden kann. Und die ihr 2013 auferlegte Verpflichtung, dass sie bis 2024 einen ausgeglichenen Etat vorzulegen hat, erfüllt die Stadt auch. Allerdings nur auf dem Papier, wo für den Zieleinlauf fast lustige 28.000 Euro Plus gebucht werden. Erkauft wird das Testat durch eine schlagartige Erhöhung der Grundsteuer B im Jahre 2024 von derzeit 550 auf den astronomischen Hebesatz von 1300 Prozentpunkten. Das gibt es nirgends und werde, beruhigen Knabbe und Steffes die Ratsfraktionen, auch nie und nimmer kommen.
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Nach ersten Gesprächen mit dem Landrat ist die Stadt zuversichtlich, dass die Kommunalaufsicht diesen Taschenspielertrick durchgehen lässt und den Etat genehmigen wird. Denn auch sie müsse anerkennen, dass die Welt- und Wirtschaftslage aus den Fugen geraten ist und dass Leichlingen mit seinem unverändert respektablen Eigenkapital in Höhe von fast 130 Millionen Euro gut gewirtschaftet habe.
Am Ende ist schließlich meistens doch alles gut gegangen: 2021 hat die Stadt statt des erwarteten Fünf-Millionen-Defizits tatsächlich einen Überschuss in Höhe von 1,3 Millionen erzielt. Und für 2022 rechnet man unterm Strich ebenfalls mit einem Plus von mehreren Millionen, obwohl ein Defizit von 2,7 Millionen prognostiziert worden war. Die Gewinne füllen die Kassenbestände auf und helfen, das Zehn-Millionen-Loch zu stopfen – so es sich denn wirklich auftut.