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Leichlingen und BurscheidHier finden Sie Bauern-Automaten mit regionalen Produkten

Lesezeit 7 Minuten
Huhn LEV1

Nicht nur vor Ostern begehrt: Eier von Hühnern aus der Region.

Leichlingen/Burscheid – Regionale Produkte sind beliebt. Um sie auch abseits von Supermärkten an den Mann oder die Frau zu bringen, entwickeln Landwirte neue Konzepte der Direktvermarktung – neben dem Hofladen sind das auch immer mehr Automaten, an denen sich Verbraucherinnen und Verbraucher bedienen können. Wir haben uns in Leichlingen und Burscheid umgeschaut, an welchem Hofautomaten Sie welche Produkte bekommen können.

Milchtankstelle Sonnenhof

„Einen Schluck Region vom Sonnenhof“ kann man sich von 7 bis 21 Uhr selbst an der Milchtankstelle von Biene und Stefan Joest abfüllen. Dafür wirft man Geld in den Automaten und öffnet die Klappe, hinter der sich das Ausgaberöhrchen befindet, unter welches man dann schräg seine Flasche hält. Für einen Euro pro Liter „tankt“ man nun frische Weidemilch, solange man auf dem Touchscreen den „Frische-Milch-Knopf“ gedrückt hält. „An die Qualität und den Geschmack von dieser Milch hier kommt kein Supermarkt annähernd ran“, gibt ein Kunde an.

Aber die beiden jungen Leichlinger Kartoffel- und Milchbauern bieten noch mehr auf dem Sonnenhof: „Unser Ziel ist, der Gesellschaft die Regionalität wieder näherzubringen.“ Angefangen habe vor vier Jahren alles mit dem Kartoffelhäuschen – einer kleinen Holzhütte, in der rund um die Uhr auf Vertrauensbasis die Erdäpfel gekauft werden können. „Nur bezahlte Kartoffeln bringen Ihnen ein leckeres gesundes Essen“, steht auf einem Schild.

Es sei eine andere Zeit, erklärt Joest: „Früher haben sich unsere Kunden kiloweise die Knollen gekauft und dann zuhause gelagert. Heute kochen sie ganz anders, haben keinen Platz und brauchen daher flexibel kleine Mengen.“

Die neuste Investition der beiden ist ein sogenannter „Regiomat“ – ein Automat, wie man ihn für Getränke und Schokoriegel kennt, nur das dieser mit frischen Erzeugnissen aus der Region gefüllt ist. Neben den Produkten vom Sonnenhof selbst werden hier Fleisch- und Wurstwaren von der Leichlinger Metzgerei Plümming, Honig vom Burscheider Imker Matthias Leichter, Käse vom Thomashof in Burscheid, Eier vom Leverkusener Grunderhof und geräucherter Fisch aus Leichlingen von Michael Abraham vermarktet – frischer Fisch soll folgen. „Wir sind froh und dankbar dafür, wie gut unser Angebot schon angenommen wird“, freuen sich Biene und Stefan Joest, die mit Spaß bei der Sache seien. „Es ist klar, dass sich das erst einmal herumsprechen muss, wir haben in der Pandemie zu einem etwas schlechten Zeitpunkt angefangen.“ Dienstags und freitags sind Milchtankstelle und Regiomat von 9 bis 12.30 Uhr und von 14 bis 17 Uhr und samstags von 9 bis 13 Uhr geöffnet. Das Kartoffelhäuschen steht rund um die Uhr zur Verfügung.

www.sonnenhof-leichlingen.de

Marktschwärmerei Marseille

Der Pilzbetrieb Peter Paul Marseille in Leichlingen ist Teil einer ganz besonderen Selbstvermarktung, die sich „Marktschwärmer“ nennt. Dabei können Kunden über die Internetplattform oder die eigene App von Mittwoch bis Sonntag ohne Mitgliedsbeitrag oder Mindestbestellwert durch den „Cyberhofladen“ stöbern und Produkte bestellen. Die verschiedenen Bauern bringen diese dann Anfang der Woche in die nächste Marktschwärmerei, wo für jeden Kunden eine Kiste zusammengestellt wird, die man sich dann Dienstag Abend abholen kann. „Man bekommt seinen Einkauf direkt von den Menschen überreicht, die das Essen machen – mehr Transparenz geht nicht“, ist Katharina Marseille, die sich auf dem Hof um die Marktschwärmerei kümmert, stolz. „Von uns selbst stehen Eier und Pilze zur Verfügung, die man sich hier auch per Vertrauenskasse aus dem Kühlschrank holen kann“, ergänzt Tim Marseille. Das Angebot werde sehr gut angenommen, die Regale mit den Kisten seien dienstags bis oben hin voll. Neben konventionellen Produkten wird auch Bioware angeboten.

„Alles kommt aus einem Umkreis von 26 Kilometern“, erklären die beiden, „also absolut Regional!“ Auffällig sei, das dies den Kunden insbesondere beim Fleisch wichtig sei. „Für uns sieht so definitiv die Zukunft des Hofladens aus.“, sind sie sich sicher.

www.marktschwärmer.de

Kartoffeln von Gut Nesselrath

Der bestückte Anhänger, über die die Selbstvermarktung auf Gut Nesselrath läuft, wirkt auf den ersten Blick etwas unscheinbar. Auf ihm verkauft Christian Conrads ganzjährig Eier und Kartoffeln per Vertrauenskasse. Dies funktioniere auch sehr gut erklärt er: „Natürlich gibt mal einer einen Euro weniger, ein anderer dafür aber einen Euro mehr, unterm Strich haut es eigentlich immer hin.“

Er schwöre auf seine Kartoffeln, denn seine lehmhaltigen schweren Böden verleihen ihnen ein ganz besonderes Aroma. „In der Erde hier gibt es einen Überschuss an freien Mineralien, die über die Wurzeln in die Kartoffeln gelangen, das sollte jeder mal probieren.“ Aber noch etwas sei an seinen Kartoffeln besonders – nämlich der Sack. Den hat er kurzerhand abgeschafft: „Der ist nicht nachhaltig. Papiertüten sind viel besser und haben noch einen anderen Vorteil: Künftig werde ich Kartoffeln auch über einen Automaten verkaufen, was in Säcken nicht geht, da durch diese die Resterde durchrieselt und die Maschinen beschädigt.“

Er probiere viel Neues aus, neben dem Spargel und den Erdbeeren zum selber pflücken hat er schon Wild vom Jäger vertrieben, Tannenbäume und Gänse. „Das wird uns aber von den Preisen der Discounter aus der Hand genommen“, ist er wütend, „Und der Verbraucher macht da ja mit: Im Restaurant kann ein 50-Euro-Steak nicht teuer genug sein, aber im Laden sind 80 Cent für eine Wurst noch zu teuer – das ist doch schizophren.“ Seine Weihnachtsgänse haben 18 Euro das Kilogramm gekostet, aber der Verbraucher habe vergangenes Jahr möglicherweise trotzdem lieber für einen Euro weniger beim Discounter bestellt. „Die Menschen treffen die Kaufentscheidung nicht bewusst für Tierwohl und Umwelt“, bedauert Conrads. „Wie kann man sich wegen eines Euros Preisersparnis gegen die Gans entscheiden, von der man das ganze Jahr gesehen hat, wie sie in Leichlingen über die Wiese gelaufen ist?“

www.gut-nesselrath.de

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Eier von Landwirt Enno Wirtz

Ganz neu dabei unter den Direktvermarktern der Region ist Landwirt Enno Wirtz in Sonne 1 in Leichlingen. Dieser hat sich im Lockdown acht Hobbyhühner zugelegt, für die er liebevoll einen kleinen Stall in Fachwerk-Optik geschreinert hat. „Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich mir eine zweite Gruppe aus 27 Hennen zugelegt habe, woraufhin ich dann mehr Eier hatte, als meine Familie, Freunde und ich essen konnten“, erklärt Wirtz.

Also hat er kurzerhand eine kleine Bude an der Straße aufgebaut, in der ein Kühlschrank steht, aus dem sich jeder rund um die Uhr per Vertrauenskasse bedienen kann. Nachts ist sie beleuchtet. „Jeder Kunde darf sich gerne noch ein Bonbon aus dem Glas nehmen“, schmunzelt er.

Spätestens nachdem eine Henne aus seiner Gruppe nach einem Habichtangriff für einige Zeit bei ihm im Haus gewohnt hat, um sich zu erholen, hat er den Entschluss gefasst, es bei seinen Hühnern nicht nur bei einem Hobby zu belassen. „Der Milchpreis geht sowieso immer weiter in den Keller, also lohnt es sich, in Hühner zu investieren und einen Nebenerwerb daraus zu machen“, so der 24-Jährige. So ist er nun stolzer Besitzer eines Anhängerhühnerstalls, der auf drei Ebenen 345 Lohmann-Brown-Hühnern Platz bietet.

Außerdem hat der die große Weide gegenüber seinem Haus gepachtet und eingezäunt, auf dieser bekommen die Hennen dann jede Menge Freigang. Er erklärt, dass dies für ihn sogar eine Arbeitserleichterung sei: „Der Stall ist hochmodern, die Eier werden automatisch gesammelt und die Tränken und Futterstellen automatisch nachgefüllt, sodass ich nur einmal in der Woche nachfüllen muss.“ Daraus wurde irgendwann „Ennos Eierparadies“, unter dem man auf Instagram auch Einblicke in das Mobil bekommt.

Biobauernhof Paas im Sieferhof

Knapp 600 Hühner und aktuell 60 Milch gebende Kühe sorgen für das Einkommen von Julia und Frank Paas im Sieferhof in Burscheid. Seit Frühjahr 2020 – „gerade als der erste Lockdown startete“, erinnert sich Julia Paas – hat das Paar auch zwei Automaten auf ihrem Hofgelände in Betrieb genommen. Milch zum Selbstzapfen, Honig aus Paffenlöh, Eier und Nudeln aus den eigenen Eiern können Verbraucherinnen und Verbraucher hier kaufen. Die Landwirtschaft wird bereits in dritter Generation betrieben.

Hielscher-Hof

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Der Hielscher-Hofladen mit Selbstbedienungsautomaten.

Am Hofladen der Landwirtsfamilie Hielscher in Leichlingen-Witzhelden steht ebenfalls ein Automat, aus dem man unabhängig von den Öffnungszeiten des Hofladens Apfelsaft, Salami, Chips und auch Grillgut erhalten kann. (mit aga)