Der junge Mann, der im Frühsommer 2022 mehrfach junge Frauen angegriffen hatte, muss in einer forensischen Klinik bleiben.
UrteilAttacken auf junge Frauen – Gericht urteilt über Angreifer aus Leichlinger Stadtpark
„Wir haben uns das nicht leicht gemacht.“ Richter Benjamin Roellenbleck nahm sich am Mittwoch Zeit, das Urteil über den 25 Jahre alten Mann zu begründen. Am 13. Juni vorigen Jahres hatte er im Leichlinger Stadtpark eine 22 Jahre alte Frau von hinten angegriffen, ihr die Leggings heruntergezogen, sie berührt und versucht, mit den Händen unter ihren Pullover zu gelangen. Dabei fielen nach Angaben von Zeugen diese Sätze: „Lass es uns tun. Sofort. Du willst es doch auch.“
Er tat dies – wie vieles Anderes, was in den vergangenen Wochen vor dem Kölner Landgericht zur Sprache kam – in einem Zustand geistiger Verwirrung. Eine „akute und unbehandelte“ paranoide Schizophrenie ist nach Überzeugung der Richter der 13. Großen Strafkammer die Ursache für die Taten. Deshalb ist der in Brasilien geborene und seit reichlich zwei Jahren von der Ausweisung bedrohte Mann nicht schuldfähig.
Es geht nur in einer geschlossenen Einrichtung
Was aber in seinem Fall nicht denkbar sei, ist eine ambulante Behandlung. Denn draußen gebe es „nichts, was ihn stabilisieren könnte“, so Roellenbleck: Seine Mutter ist im Spätsommer 2021 nach Brasilien zurückgegangen – ebenfalls nicht freiwillig.
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Kontakt gibt es weder zu ihr, noch zum Bruder; seinen Vater kennt er nicht. Auch eine feste Wohnung hat der junge Mann seit dem Ausweisungsbeschluss nicht mehr. Haltlos ist er seiner schweren psychischen Krankheit offenbar ausgeliefert. Und das sei, so der Richter, für seine Umwelt mitunter „höchst gefährlich“.
Neben diversen sexuell angehauchten Taten – die versuchte Vergewaltigung im Leichlinger Stadtpark war nur die schwerste darunter – erinnerte Roellenbleck an ein Ereignis am 10. Juni vorigen Jahres: Weil er sich von Jugendlichen bedroht fühlte, die auf dem Platz vor dem Solinger Rathaus offenbar völlig ahnungslos herumstanden, stahl er in einem nahen Waffengeschäft eine Machete mit 46 Zentimeter langer Klinge.
Sodann stürmte er laut Zeugenaussagen im dichten Verkehr über die Straße, um die vermeintlichen Angreifer zu stellen. Es war wohl nur der Geschicklichkeit des Geschäftsinhabers zu verdanken, dass nichts Schlimmes passierte: Er entwaffnete den später Angeklagten mit ein paar schnellen Griffen.
Karate-Kick in Herscheid
Gerade mal zwei Tage später tauchte der Mann auf einem Hof in Herscheid auf, lud sich gewissermaßen selbst zum nachmittäglichen Grillen ein, verstörte die Familie dort aber mit wirren Aussagen. Als eine Polizeistreife ihn abholen wollte, setzte er zweimal zu einem „Roundhouse-Kick“ gegen den Kopf an, der nur deshalb sein Ziel verfehlte, weil der Beamte vorsichtshalber Abstand gehalten hatte.
Aus der Langenfelder Klinik, in die er allein zwischen Mai und Mitte Juni sechsmal gebracht worden war, wurde der Mann nur einen Tag später wieder hinauskomplimentiert: Aggressionen gegen das Personal war die Begründung für den Rausschmiss, der schließlich sogar von der Polizei durchgesetzt wurde. Die Chefärztin der Abteilung, Florence Hellen, hatte das vor Gericht damit gerechtfertigt, dass der Patient im Grunde nicht behandelbar sei, jedenfalls nicht in ihrer Klinik.
Im Gegensatz zum medizinischen Gutachter und zu seiner jetzigen behandelnden Ärztin sieht Hellen auch keine Schizophrenie, sondern eine Persönlichkeitsstörung. Eine Diagnose, die auch nach Überzeugung des Gerichts „fälschlicherweise“ gestellt wurde.
Einen gewissen Halt gibt dem Mann, der sich als Kampfsportler sieht, was nicht nur Polizisten, sondern auch Pfleger und Ärzte zu spüren bekamen jetzt die Behandlung in einer Forensischen Klinik in Essen. Allerdings gibt es auch dort gute und schlechte Phasen.
In seiner Urteilsbegründung fasste Roellenbleck das als „wechselhafte Krankheitseinsicht“ zusammen. Der 25-Jährige nimmt seine Medikamente nicht regelmäßig; vorigen Dezember störte die erzwungene Isolation nach einem Corona-Ausbruch auf seiner Station die Behandlung empfindlich.
Ob sie in Essen fortgesetzt werde, wollte der Verurteilte wissen, der diesmal im Gerichtssaal ganz ruhig blieb. „Das entscheiden nicht wir“, lautete Roellenblecks Antwort. Eine Befürchtung nahm dem Mann aber sein Anwalt Thomas Kraaz: „Auf keinen Fall geht es wieder nach Langenfeld.“