Gebrauchte Schätze in LeverkusenIn diesem Antiquariat stapeln sich 80.000 Bücher
Leverkusen – Auf Regalen, gestapelt auf Stühlen und angelehnt an Wände. Salman Rushdie, Martin Heidegger, Zygmunt Haupt. Lexika, Romane, Ratgeber. Mehr als 80.000 Bücher findet man im Leverkusener Antiquariat von Christine Weihermüller-Curylo.
Seit 1989 besteht ihr Geschäft in der Lichstraße in Wiesdorf. Der gelernten Bibliothekarin war früh klar, dass sie ein Antiquariat führen möchte. „Ich wollte immer Bücher um mich haben, Bücher sind das schönste im Leben“, sagt die mittlerweile 69-Jährige.
Angefangen hatte sie mit ihrem Bücherverkauf in einer Garage. Geboren in Hamburg, wuchs sie in Franken auf und zog 1979 nach Leverkusen. Sie hatte Leute aus der Stadt in der Verlagsbranche kennengelernt. „Die jungen Leute hier waren anders“, erinnert sie sich.
Damals in den 70ern habe es überall viele politische, kleine Grüppchen gegeben, hier in Leverkusen sei die Linke mehr „verbunden“ gewesen, über Kunst und Kultur. Es sei ihnen nicht nur darum gegangen, sich abzugrenzen.
Geschäft wie ein Labyrinth
Christine Weihermüller-Curylo schlängelt sich durch die Gänge ihres Antiquariats, fast wirkt es wie ein Labyrinth. Ganz hinten findet sich noch ein Tisch mit einer Kaffeetasse, und ja, eine Kasse lugt zwischen all den Stapeln auch noch hervor. Die 69-Jährige greift sich ein Buch mit einem rötlichen Einband: „Birthday letters“, Gedichte von Ted Hughes liest sie gerade. Besonders wird es, wenn man sich den Übersetzernamen genauer anschaut: Der Mann ist in Deutschland gerade Bundeswirtschaftsminister geworden.
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Christine Weihermüller-Curylo verkauft philosophische Bücher, politische Bücher, Exilausgaben, viel zu Slawistik. Ihr Ex-Mann ist aus Polen, ihr Vater mochte russische Literatur – „Tschechow ist fein, Gogol ist witzig, viele Russen mussten um die Zensur herumschreiben“, das mache die Literatur besonders, empfindet sie. Von ihrem Ex-Mann stammen auch alle Regale in ihrem Geschäft, dank ihm konnte sie auch einen kleinen Verlag aufbauen, der jetzt allerdings auf Eis liegt.
Sowieso, Corona macht auch der Bücherliebhaberin, die kürzlich von Küppersteg nach Opladen gezogen ist, das Leben schwer. Viele ältere Kundinnen und Kunden blieben aus Vorsicht zu Hause. Das trifft sie, auch wenn sie mittlerweile mehr Umsatz online macht. „Alle Einzelhändler haben Schwierigkeiten“, seufzt sie.
Hitler ging nur an Kunden, die sie kannte
Auch Literatur zu Leverkusen hat sie in ihrem Geschäft. Eva Wolff: „Nationalsozialismus in Leverkusen“, Bayer-Schriften, das große historische Nachschlagewerk „Leverkusen. Eine Stadt am Rhein“ besitzt allerdings auch sie nicht mehr. Sowieso: Nationalsozialismus. „Adolf Hitlers ,Mein Kampf' ist schon lange nicht mehr nachgefragt worden. Ich habe es nur an Kunden verkauft, die ich kannte. Bei Fremden habe ich abgelehnt.“
An Christine Weihermüller-Curylos Fundus lässt sich der Wandel der Zeit ablesen. Sie habe auch mal ein Aufklärungsbuch aus den 70ern verkauft, erzählt sie, das sei viel offener gewesen als die aktuellen Werke.
Mittlerweile denkt sie aber nicht nur an die Vergangenheit, sondern auch an die Zukunft. „Es wäre schön, wenn jemand das Antiquariat übernehmen würde“, sagt sie. Aber das überlasse sie dem Zufall, das habe bislang immer gut geklappt, sagt sie zufrieden.