AboAbonnieren

Auszeichnung für Lihs in LeverkusenDieser Arbeitgeber mag schräge Lebensläufe

Lesezeit 3 Minuten
bahnstadt-magazin

Das Ambiente im früheren Bundesbahn-Magazin gehört zu den Besonderheiten des Arbeitgebers Sascha Lihs.

Leverkusen – „Kann ich mich entfalten? Kann ich leidenschaftlich werden?“ Für Sascha Lihs sind das Fragen, die sich am Arbeitsplatz stellen. Das macht den Opladener zu einem besonderen Arbeitgeber, vor allem aber zu einem besonderen Ausbilder. Seine kleine IT-Firma sitzt im ersten Stock des alten Bundesbahn-Magazins in Opladen. Das ist fraglos einer der schöneren Büro-Arbeitsplätze in der Stadt. Aber ans Ambiente „gewöhnt man sich“. Die Loft-Atmosphäre ist für Lihs nicht das, was sein Unternehmen von anderen abhebt.

Einen Unterschied macht sein Ansatz bei der Rekrutierung von Personal, vor allem von Azubis. Fachinformatiker werden sehr gesucht; Lihs sucht sehr gern nach Leuten, die anderswo durchs Raster fallen, wohl gar als gescheitert angesehen würden.

Ein Azubi in Teilzeit

Sein nächster Auszubildender etwa: Der hat einiges gesehen und erlebt, „ist eigentlich recht alt für einen Azubi“ und Vater von Zwillingen. Deren Betreuung gehöre zum Alltag des angehenden Fachinformatikers, so Lihs. Jedenfalls bis Januar. Dann ist der Nachwuchs alt genug, dass der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz zieht. Für die meisten Firmen wäre so ein Bewerber ganz sicher nicht in Frage gekommen: Der Mann kann im Moment nur drei Tage die Woche kommen – und in die Berufsschule geht er gar nicht, dann würde es sich für den Ausbildungsbetrieb überhaupt nicht mehr lohnen. Alles soll nur übergangsweise gelten, natürlich.

Dicke Bretter zu bohren

Sascha Lihs aber ist von dem Mann überzeugt und will ihn haben: zunächst als Teilzeit-Azubi, ab Januar dann ganz regulär und natürlich mit Schulbesuch. Um ihn mit diesen Einschränkungen einen Ausbildungsvertrag geben zu können, habe er einmal mehr dicke Bretter bohren müssen, sagt er am Donnerstag. Denn die Regel geht so: Man kann von Vollzeit auf Teilzeit wechseln, aber nicht umgekehrt. Letztlich hat es aber doch geklappt. Lihs hat den nächsten Neuen, der ein bisschen anders ist als andere.

Das sei natürlich kein Selbstzweck, stellt er klar. Aber etwas sei ihm einfach wichtiger als alles andere: „dass jemand eine Einstellung hat“. Die habe sich kürzlich übrigens darin geäußert, dass ein junger Mitarbeiter sich am Freitagnachmittag den Laptop unter den Arm geklemmt habe mit dem Hinweis, dass er zu Hause einen Fehler korrigieren wollte, den er gemacht habe. So etwas freut Lihs nicht, weil da jemand gratis am Wochenende arbeitet. Es geht ihm darum, dass er den Teamgeist mitnimmt aus der zehn Personen starken Truppe. Für diesen Teamgeist sei es auch erforderlich, den Nachwuchs an die Hand zu nehmen und immer ansprechbar zu sein. „Es reicht nicht, offene Türen zu haben. Man muss auch durchgehen.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Weil das offenbar gelebter Alltag ist in Lihs’ Unternehmen, bekommt er am Donnerstag eine Anerkennung: Nicole Jordy, die Leiterin der Agentur für Arbeit, überreicht ihm das Ausbildungszertifikat. „Das bekommt jedes Jahr ein Unternehmen pro Gebietskörperschaft“, erläutert sie. Im Fall der Bergisch Gladbacher Agentur also eines im Rheinisch-Bergischen, eines im Oberbergischen Kreis, eines in Leverkusen. Auch IHK-Chefin Eva Babatz ist mit von der Partie: Bei der Ausbildung spielt die Kammer eine wichtige Rolle.