Betriebsrat und Mode-FreakSiegfried Rath ist Bayers bunter Hund
- Maiglöckchen, Tulpen, Testbild: Siegfried Rath ist ein Freund schräger Outfits.
- Bei Bayer hat man sich an den 58-Jährigen längst gewöhnt.
- Der Wiesdorfer ist überzeugt, dass man ihn auch mit ungewöhnlichem Look ernst nimmt:
- „Man sollte einen Menschen nicht auf die Kleidung reduzieren."
Leverkusen – 250 Paar Schuhe. Und was für welche: mit giftgrünen Punkten, rotmetallic, silber und, und,und. Dazu passende Gürtel, 40 Hüte, 80 Anzüge, abgefahrene Uhren. Gar nicht zu reden von diversen Messgewändern und vielen irren Brillen. Siegfried Rath fällt auf mit seinen exotischen Outfits.
Das Resultat: Bei Bayer ist er der „bunte Hund“. Hier passt das Bild wirklich mal. Auch Vorstandschef Werner Baumann kennt ihn, und das nicht mal nur vom Sehen. Worauf es ihm allerdings nicht ankommt, sagt Rath. Wichtiger ist ihm offenbar, bei der Berliner Fashion-Week in der ersten Reihe zu sitzen. Oder bei anderen gesellschaftlichen Anlässen eine gute Figur zu machen. Vor einem roten Teppich hat der gebürtige Leverkusener jedenfalls keine Angst.
Wohnungsvermittler und Betriebsrat
Sein Bayer-Leben bestreitet der 58 Jahre alte Mann bei der Immobilientochter des Konzerns und im Betriebsrat von Bayer Real Estate. Für das Belegschaftsteam, nicht für die dominierende IG BCE. Wobei das noch am wenigsten über Raths Hang zum Besonderen aussagt. Sondern eher darüber, dass er sich nicht gern zu etwas verpflichten lässt: „Um für das Belegschaftsteam kandidieren zu können, muss man in keiner Gewerkschaft sein“, erklärt er.
Nebenbei: Mit den IG BCE-Leuten arbeite er gut zusammen. Was gerade sehr wichtig ist. Der Sparhammer wird auch bei der Bayer Real Estate geschwungen, „da müssen wir für sehr viele Kollegen Lösungen finden“. Er ist indes überzeugt, dass das klappt. Aus seiner Sicht ist die Firma ein sehr guter Arbeitgeber, gerade auch, wenn es mal eng wird. Rath leidet darunter, dass Bayers Ruf draußen zuletzt so gelitten hat. Was aber auch ein bisschen in der Familie liegen dürfte: „Wir sind in der dritten Generation bei Bayer.“
Auch wenn es beinahe nicht dazu gekommen wäre. Für Chemie hat sich der Käthe-Kollwitz-Schüler Siegfried Rath damals nicht so interessiert, und seine erste berufliche Station war auch nicht das Werk, sondern der am Ende berühmte, vor allem aber berüchtigte Kölner Immobilienmagnat Günther Kaußen. Dessen Wirken betrachtet Rath ebenfalls differenziert, „das hab ich auch mal der Carmen Thomas in ihrem Ü-Wagen gesagt“.
Mode hat aber auch schon den jungen Siegfried Matthias – das ist sein zweiter Vorname – sehr gereizt. In der Schule besuchte er den Nähkurs, und auf das eigene Outfit habe er geachtet – mit einer Schwäche für den kalkulierten Stilbruch.
Genscher-Pulli mit Ledermantel und Arafat-Tuch
Ein Beispiel: Als Rath Teenager war, war gerade der „Popper“-Look in Mode: Stoffhose statt Jeans, Hemd mit Krawatte statt T-Shirt, darüber der sehr gelbe Genscher-Pulli. Siegfried Rath kombinierte das mit dem Outfit der anderen Seite: langer Ledermantel, Arafat-Tuch, denn „ich mag Bömmel“. Damit fiel er auf in Rheindorf: „Du siehst aus wie ein halber Popper und ein halber Hausbesetzer“, habe es geheißen. Das mit dem Hausbesetzer hat sich dann nicht so bewahrheitet. Jedenfalls nicht im engeren Sinne.
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In den Jahrzehnten darauf ist Rath immer mal wieder auf seine Garderobe angesprochen worden. Auch von seinen Chefs, und nicht durchweg wohlwollend. Herausgekommen sei dabei aber nur, dass man ihn habe machen lassen. Rath ist tief überzeugt: Ein auffälliges Outfit macht aus einem Verhandlungspartner keinen Hampelmann. Auch nicht in der Immobilienbranche. „Man sollte den Menschen nicht auf seine Kleidung reduzieren.“
Obwohl die ihm sehr wichtig ist. Wenn sie denn schräg genug ist. Gerade hat er aus der Slowakei einen Schwung alter Uniformen geordert. Prächtige Teile, die er mit Strass-Motiven noch etwas opulenter machen will.
Da wirkt es zunächst seltsam, wenn er behauptet. „Ich laufe nicht so rum, weil ich auffallen will.“ Denn selbstverständlich fällt Siegfried Rath auf. Für ihn ist das eher ein Anlass, mit Leuten ins Gespräch zu kommen. Blöde Bemerkungen höre er nur ganz selten; fast immer sei das Echo positiv. Und das nicht nur, „wenn ich in Amsterdam meinen Tulpen-Anzug trage“.
Einkaufsparadies Holland
Die Niederlande seien in Sachen schräge Outfits weiter – und insofern auch eine wichtige Einkaufsquelle für ihn, berichtet er. Die gelegentlich zu sehr sprudelt. Gerade hat Rath eine neue Wohnung bezogen, mit Einräumen ist er noch nicht fertig. Ein früherer Laden mit Wohnung in Opladen hätte noch besser gepasst.
Jetzt, wo der Umzug rum ist, bewegt den Mann der vor gut 58 Jahren im Wiesdorfer Juppes zur Welt kam, eine andere Frage: Soll er Bayers „57plus-Programm“ in Anspruch nehmen? Modenschauen würden reicher, aber Bayer um einen bunten Hund ärmer.