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Betrugsprozess gegen FamilienclanDer unwiderstehliche Sultan aus Leverkusen

Lesezeit 3 Minuten

Michael G. (rechts) mit seinem Anwalt Ingo Thiée

  1. Am zweiten Prozesstag schweigt Michael G. noch – dafür lässt Richter Harald Helmes die Akten sprechen.
  2. Unter anderem geht es um einen Betrug vor 14 Jahren in Hamburg.
  3. Der Leverkusener Clan-Chef machte sich an eine reiche Witwe heran.
  4. Am Ende hatte er die Frau um 233.000 Euro erleichtert.

Leverkusen/Köln – Hotel Vierjahreszeiten, Hamburg, im Frühjahr 2005. Eine sehr vermögende Witwe trinkt dort mit einem guten Bekannten eine Tasse Kaffee. Ein paar Tische weiter sitzt Michael G. und flirtet sie heftig an. Die um Jahrzehnte Ältere reagiert, am Tag darauf geht es nach einem Glas Champagner im Rolls-Royce zum Essen ins beste Fischrestaurant der Hansestadt.

Der Kavalier stellt sich als Spross eines Sultans vor, frisch geschieden, sehr reich. Die Witwe ist geschmeichelt, hält den fremden Mann für deutlich älter und vertraut ihm. Eine Beziehung beginnt, mit allem, was dazu gehört. In Wahrheit ist Michael G. da längst verheiratet, wie üblich in seiner Sippe nach Roma-Art.

Einladung in die Haydnstraße

Eine Zeit später lädt Michael G. die Frau nach Leverkusen ein. Die Familienvilla in der Haydnstraße ist zwar pompös ausgestattet, entspricht aber doch nicht so ganz den Vorstellungen der reichen Dame aus Hamburg. So steht es in den Prozessakten, aus denen Richter Harald Helmes am Montag im Kölner Landgericht ausführlich zitiert. Es geht um die Vorstrafen des Hauptangeklagten im Prozess um Betrug und Hehlerei.

Tanken für 1000 Euro

Es ist nur eines der Urteile, die am Montag vor der 17. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts verlesen werden: Am 30. Mai 2005 wird Michael G. vom Amtsgericht Moers zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt. Er wird für schuldig befunden, seinen Ferrari betankt zu haben und dann ohne zu bezahlen losgefahren zu sein. Getankt hatte der vielfach Vorbestrafte für 29,99 Euro. (tk)

Michael G. soll einem Ehepaar aus Frechen unter verschiedenen Vorwänden knapp eine Million Euro abgenommen haben. Das war vor zwei Jahren.

Die Witwe blieb ahnungslos

Zwölf Jahre vorher brachte ihm eine enge Beziehung eine knappe Viertelmillion ein. Die Hamburger Witwe ahnte offenbar bis zum Schluss nicht, dass sie einem Betrüger verfallen war. Tatsächlich ging die Inszenierung noch über Monate weiter. Von der Einladung ins Domizil der Großfamilie brachte Michael G. seine Gefährtin mit einem Ferrari Testarossa nach Hamburg zurück. Es folgten Rendezvous in Zürich, in deren Verlauf die Witwe Konten ihres verstorbenen Gatten auflöste und das Geld Michael G. weitergab.

Der behauptete, die Beträge in das Software-Projekt ihres Hamburger Bekannten zu investieren. Mit dem wiederum arrangierte er ein Treffen in Frankfurt, zu dem zwei vorgebliche Vorstände des Bayer-Konzerns stießen. Die beiden Herren waren genau so wenig echt wie alle anderen Leute aus dem Umfeld des Angeklagten.

Falsche Vermögensaufstellung per Fax

Als der Hamburger Freund der Witwe anfing, Verdacht zu schöpfen und die beiden „Bayer-Vorstände“ als falsch enttarnte, wurde auch die Geliebte langsam misstrauisch. Flugs habe sich Michael G. eine vermeintliche Vermögensaufstellung nach Hamburg faxen lassen, steht in den Gerichtsakten. Die habe er der Witwe kurz unter die Nase gehalten, dann einen Streit provoziert.

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Es folgte ein Abgang mit Pauken und Trompetern – und 233.000 Euro. Dafür wurde Michael G. erstmals zu einer Haftstrafe verurteilt, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Von den 20 Monaten saß er dann allerdings doch nur einen Teil in Attendorn ab. Dann wurde er entlassen. Die Sozialprognose des vielfachen Betrügers fiel günstig aus.