Bizarrer Pandemie-Effekt in LeverkusenCorona-Absagen retten Kultur vor der Pleite
Leverkusen – Es wirkt bizarr, aber die Corona-Hilfe verschafft der chronisch unterfinanzierten Kultur in der Stadt dringend notwendige Luft. Die absehbare Überschuldung der als Eigenbetrieb geführten Kulturabteilung im Rathaus wird durch den erhöhten Zuschuss aus der Stadtkasse aufgeschoben. Dieses Geld gibt es nur, weil die Pandemie-bedingten Einnahmeausfälle komplett auf das Corona-Konto gebucht und über die nächsten 50 Jahre abgeschrieben werden können. So sieht es das Pandemie-Sondergesetz des Landes vor. Und das wird die Stadt ausnutzen. Nicht nur im zu Ende gehenden Jahr, sondern auch im kommenden.
In beiden Jahren kalkuliert die Kämmerei mit Defiziten von gut zwei Millionen Euro, die unter normalen Bedingungen nicht komplett ausgeglichen worden wären. Vielmehr ist der Betrieb Kulturstadt Leverkusen darauf ausgelegt, Stück für Stück das ihm übertragene Eigenkapital zu verbrauchen. Nach dem bisherigen Zeitplan wären im Lauf des Jahres 2022 die Rücklagen aufgebraucht, und Ende 2023 das Eigenkapital auf Null gesunken.
Das Desaster wir zwei Jahre aufgeschoben
Der Corona-Effekt zögert das absehbare finanzielle Desaster nun hinaus, und zwar um zwei Jahre. Eine gute Nachricht auch für die Politiker. Längst ist klar, dass die KSL ein neues Finanzierungskonzept braucht. Darüber herrschte nun auch im Hauptausschuss Einigkeit. Allerdings nur im Grundsatz. Auf die Frage, wie die Stadt ihren Kulturbetrieb nachhaltig finanzieren will, sind viele Antworten möglich. Die Bürgerliste fordert, der KSL erst einmal das Sonderopfer für die Bahnstadt abzunehmen: Um die von der Stadt gewollte, aber selbst zu zahlende Verlegung des Gütergleises in Opladen zu finanzieren, musste der Kulturbetrieb jedes Jahr eine Million Euro einsparen.
Das ist erledigt, und deshalb schwebt der Bürgerliste vor, der Kultur wieder das Budget des Jahres 2010 nebst Inflationsausgleich zur Verfügung zu stellen. Die Klimaliste dagegen hält es für hilfreich, den Eigenbetrieb KSL von den Gebäuden und deren Unterhaltskosten zu befreien, um finanziell beweglicher zu werden.
Beides ist bisher nicht mehrheitsfähig. Im politischen Zusammenschluss aus CDU, SPD und Grünen will man in Ruhe ein Konzept ausarbeiten, das für die nächsten Jahrzehnte tragfähig ist. Und sich dafür Zeit nehmen. Erst nach den Beratungen über den Haushalt der gesamten Stadt für 2021 soll das Thema Kultur bearbeitet werden. Das wäre im nächsten Frühjahr, weil der Etat 2021 Corona-bedingt erst später verabschiedet wird.
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Für die Geduld gibt es einen wichtigen weiteren Grund: Ab 2022 ist die Stadt wieder völlig Herr im eigenen Haus, wenn es ums Geld geht, „die Bezirksregierung redet uns dann nicht mehr rein“, betonte Oberbürgermeister Uwe Richrath. Das wird eine großzügigere Finanzierung der Kultur erleichtern.