Bis 27 Häuser geplantAnwohner wehren sich gegen Öko-Siedlung am Bohofsweg – „Irrsinn“
Leverkusen – Es soll schnell gehen. Im „beschleunigten Verfahren“ soll der Bebauungsplan für eine kleine Siedlung am Bohofsweg durch die Instanzen gebracht werden. Und allein das säht Misstrauen. Das als ökologisch angepriesene Projekt nordöstlich von Mathildenhof wird nicht gewollt. Diesen Eindruck vermittelte jedenfalls die Bürgerversammlung am Mittwochabend in der Astrid-Lindgren-Schule.
Der vom Baudezernat als ambitioniert vorgestellte Plan, knapp drei Hektar Wiese mit einer größeren Kita und je nach Variante 24 oder 27 Häusern zu bebauen, passe nicht in die Gegend und auch nicht in die Zeit. So zumindest äußerten sich die meisten Besucher, nachdem Planerin Claudia Fricke die beiden Entwürfe vorgestellt hatte.
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Das von Nord nach Süd um rund 15 Meter abfallende Gelände soll von einer oder zwei Straßen erschlossen werden, die Kita mit acht Gruppen jeweils im nördlichen Drittel des Areals stehen und auf jeden Fall ein Obergeschoss, vielleicht sogar ein Untergeschoss bekommen. Insgesamt sollen 1,3 oder 1,4 der drei Hektar Land bebaut werden.
Dass allein für deren Mitarbeiter 19 Parkplätze vorgesehen sind, war für einen Redner schon ein Beleg dafür, dass der ökologische Anspruch nicht eingelöst wird. „Irrsinn“ sei es, davon auszugehen, dass alle mit dem Auto anreisen, obwohl Mathildenhof gut mit Bussen zu erreichen sei. Auch die Idee, zwölf oder 13 Einfamilien- sowie zwölf Doppelhäuser zu errichten und erstere auf 800 Quadratmeter große Grundstücke zu stellen – überdies mit „großzügigen Garagen“, wie Planerin Fricke es beschrieb – wurde sehr kritisch gesehen. Es entstehe „ein Quartier für Begüterte mit immensem Flächenverbrauch“, das überhaupt nicht zum Charakter der Ende der 50er Jahre entstandenen Siedlung Mathildenhof passe. Die Wohnungsnot in der Stadt löse man so auch nicht. Daran änderten auch zwei Mehrfamilienhäuser mit je sechs Wohnungen nichts.
Wichtige Frischluftschneise
Für die sehr lockere Bebauung gibt es Gründe. Der Bereich ist für das Stadtklima sehr wichtig, als Frischluftschneise und Entstehungsgebiet für kalte Luft. Das steht in einschlägigen Gutachten, die von der Stadtverwaltung selbst in Auftrag gegeben wurden, als vor gut eineinhalb Jahrzehnten der Flächennutzungsplan neu aufgestellt wurde. Schon damals wurde sehr heftig darüber gestritten, wo im dicht besiedelten Leverkusen überhaupt noch Baugebiete ausgewiesen werden können.
Frank Schönberger – der CDU-Chef will Oberbürgermeister werden und ist Vorsteher des Stadtbezirks III, in dem Mathildenhof liegt – verdeutlichte, dass die Öko-Siedlung keine Idee des Baudezernats sei, sondern aus der Politik komme. Am Anfang habe die Kita gestanden; auf die Wohnsiedlung sei man erst später gekommen. „Und da wollten wir was Anderes machen als Geschosswohnungsbau. Keineswegs wollen wir ökologischen Schaden anrichten“, sagte Schönberger. Ob das gelingen kann, wird sich im weiteren Planverfahren zeigen. Am Mittwochabend zeigte sich, dass die Diskussion um neue Baugebiete in der Stadt schärfer ist denn je.
Bauträger sollen nicht mitmischen
Bis Mittwoch, 12. Februar, können Bürger Stellung beziehen zum Bebauungsplan für die heutige Wiese, die im Westen vom Bohofsweg und im Norden von der Straße An der Wasserkuhl begrenzt wird. Derzeit liegt das Konzept mit der offiziellen Bezeichnung Bebauungsplan Nummer 233/III im Baudezernat aus. Es kann montags bis donnerstags zwischen 8.30 und 15.30 Uhr, freitags nur bis 13.30 in der Wartezone des Elberfelder Hauses, Hauptstraße 101 in Wiesdorf, eingesehen werden. Wer Erläuterungen wünscht, kann mit der federführenden Planerin Claudia Fricke einen Termin vereinbaren, ☎ 0214 / 406 61 68. Der Plan ist außerdem auf der Internetseite der Stadt zu finden, Suchbegriff „Bohofsweg“. Anmerkungen müssen schriftlich beim Fachbereich Stadtplanung der Stadtverwaltung eingereicht werden, als Brief oder per Mail an 61@stadt.leverkusen.de
Die Befürchtung, das geplante Neubaugebiet werde im Ganzen einem Bauträger überlassen, versuchten die Vertreter der Stadtverwaltung am Mittwochabend zu zerstreuen. Das sei ausdrücklich nicht geplant, die Stadt wolle das Land, das sich komplett in ihrem Besitz befindet, in einzelnen Parzellen an Bauinteressenten verkaufen.
Was in Mathildenhof noch bewegt, wurde auf der knapp zweistündigen Versammlung in der Astrid-Lindgren-Schule sehr deutlich: Mit Blick auf den Plan, große Einfamilienhäuser zu bauen, berichtete ein Anwohner aus seinem Haus: „Wir wohnen mit sechs Singles auf jeweils 67 Quadratmetern. Wir finden keine passenden kleineren Wohnungen, die man auch bezahlen kann.“ Das deckt sich mit Beobachtungen, die bei der Konzeption des Wohnungsprogramms „2030 plus“ gemacht wurden. (tk)