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Chaos bei Pharma-Firma in LeverkusenDeshalb taumelt Biofrontera führungslos dahin

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LEV-Biofrontera

Leverkusen – Die Mitteilung kam lapidar am Samstagabend um 21.40 Uhr: Ludwig Lutter, Finanzvorstand von Biofrontera und seit dem Ausscheiden von Gründer Hermann Lübbert der starke Mann in der Manforter Pharma-Firma, ist laut Beschluss des Aufsichtsrats „aus wichtigem Grund abberufen und gekündigt“ worden.

Was dieser „wichtige Grund“ sein soll – darauf gab es vom Unternehmen zunächst keinerlei Hinweise. Es fehlte auch eine Angabe, ob der Aufsichtsrat den Rausschmiss einstimmig oder nur mit einer Mehrheit beschlossen hatte. Denn auch durch das Kontrollgremium von Biofrontera geht jener Riss, der den Hersteller der nun langsam erfolgreichen Hautkrebssalbe Ameluz droht, komplett in den Abgrund zu stürzen: auf der einen Seite der größte Aktionär Wilhelm Zours und sein Gefolgsmann Heikki Lanckriet, auf der anderen Seite der Kölner Anwalt Jörgen Thielmann, Helge Lubenow und Karlheinz Schmelig.

Ein Riss auch im Aufsichtsrat

Wer da nun wie abgestimmt hat, blieb also unklar. Was man aber weiß ist, dass auch auf der Ebene des Aufsichtsrats die Schlacht um die Macht bei Biofrontera ausgetragen wird. Vorsitzender ist seit vorigen Dezember Wilhelm Zours, der das ursprünglich sechsköpfige Gremium um Karin Lergenmüller ergänzen will, nachdem Franca Ruhwedel den Aufsichtsrat im Februar verlassen hatte. Zours’ Widersacher, die sich um den zweitgrößten Anteilseigner Maruho scharen, wollten da einen Kontrapunkt setzen: Gründer Hermann Lübbert sollte in den Aufsichtsrat gewählt werden.

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Biofronteras Gründer Hermann Lübbert soll in den Aufsichtsrat. 

Der Professor, der sich ebenfalls vor einem halben Jahr im Zuge einer Mediation als Vorsitzender des Vorstands in Manfort zurückgezogen und die Leitung der inzwischen unabhängigen Biofrontera-Niederlassung in den USA übernommen hatte, wäre auch gar nicht abgeneigt. Freilich würde das stetige Ringen darum, wie Biofrontera endlich so erfolgreich werden kann wie es sein wichtigstes Produkt verspricht, komplett in den Aufsichtsrat verlagert. Wenn es denn auf der Hauptversammlung am nächsten Dienstag, 23. August, eine Mehrheit für Lübbert gäbe.

Die Belegschaft redet Klartext

Und das ist keineswegs sicher. Auch deshalb haben sich wieder einmal die Mitarbeiter glasklar positioniert. Gegen Zours, der seinen 30-Prozent-Anteil durch ein Übernahme-Angebot an sämtliche Aktionäre kräftig aufstocken und damit endgültig die Kontrolle übernehmen will. Die Offerte galt bis Freitagabend; ob Zours Aktien in nennenswertem Umfang einsammeln konnte, blieb am Montag ebenfalls unklar.

Wahrscheinlich ist das aber nicht, nachdem außer dem Vorstand auch die Mitarbeiter laut gewarnt hatten, die Offerte anzunehmen. Der Vorstand hatte das mit dem niedrigen Angebot begründet: 1,18 Euro pro Aktie bietet Zours. Das war gerade ein Cent mehr als der Kurs an dem Tag, an dem die Offerte unterbreitet wurde.

Die knapp hundert Köpfe zählende Belegschaft konnte da sehr viel deutlicher werden: Zours wolle Biofrontera „durch den Verkauf des Geschäftsbetriebs aushöhlen“. Das Übernahmeangebot sei so niedrig, um die Kontrolle so billig wie möglich zu erlangen. Für dieses wahre Ziel „missbraucht Herr Zours seine Position als Aufsichtsratsvorsitzender“.

Lauter leere Hüllen

Als abschreckende Beispiele erwähnt die Belegschaft in ihrer offiziellen Stellungnahme andere Unternehmen aus der Zours-Gruppe, „die in der Vergangenheit Opfer ähnlicher Übernahmestrategien geworden sind“: Alle hätten „als leere Hüllen ohne nennenswerten Geschäftsbetrieb“ geendet, die „nach ihrer Ausschlachtung einzig dem Zweck der Profitmaximierung für die Balaton-Gruppe und Herrn Zours dienen“.

Was das für sie bedeuten wird, formulieren die Beschäftigten am Hemmelrather Weg ebenfalls deutlich: Sollte Zours Erfolg haben und die komplette Kontrolle über den Aufsichtsrat gewinnen, „gehen wir nicht davon aus, dass wir als Mitarbeiter/innen bei der Biofrontera mittel- und langfristig eine Perspektive sehen“.

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Auch die bis Ende des Monats befristete Berufung von Paul Böckmann in den Vorstand diene nur dem Ziel, Zours’ Plan in die Tat umzusetzen. Der Berater sei vom größten Aktionär installiert worden, heißt es in der Manforter Belegschaft. Mit dem Coup von Samstagabend hat Zours auf der operativen Ebene freie Bahn.