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Ein Jahr nach Schlebuscher FlutNach vielen Tränen läuft das Pfannkuchenhaus wieder

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Alles wieder aufgeräumt: Serif Limani ein Jahr nach der Flut.

Leverkusen – Es war der Moment, als er vor dem Zaun des Biergartens stand. Gerade gelandet nach dem abgebrochenen Kroatien-Urlaub. Dann eine Fahrt durch das ausgestorbene, unbeleuchtete Schlebusch. „Ein totes Dorf“, sagt Serif Limani mit finsterer Miene. Und im Halbdunkel vor ihm das ganze Ausmaß der Zerstörung. Der Schlamm. Die kaputten Möbel. Der Gestank. „Jeder Zweite wäre wahrscheinlich umgedreht und hätte gesagt: Das war es“, sagt Limani. Und ja, das war auch sein erster Impuls. „Aber dann habe ich mir gesagt: Nein, das machst du jetzt nicht. Hier waren Menschen, die haben in deiner Abwesenheit Schlamm geschaufelt und Möbel geschleppt.“

Wasser im Keller, keins aus der Leitung

Dort, in diesem Moment am Zaun beschloss er: Es muss weiter gehen mit dem traditionsreichen Haus Ferger. Seinem Pfannkuchenhaus. Also hat er sich durchgeschlagen, in die Wohnung über dem Restaurant, die er und seine Frau bewohnen. Und zur besseren Orientierung erst einmal Schnüre vom Schlafzimmer und Wohnzimmer ins Badezimmer gespannt. Alles war stockdunkel, Strom gab es ebenso wenig wie Wasser aus der Leitung. Dafür reichlich davon im Keller.

Serif Limani kurz nach der Flut: Die Hoffnung hat er nie verloren. 

Das Wasser, es verfolgt ihn bis heute. „Sobald es anfängt ein bisschen zu regnen, kommen die Bilder“, erzählt der Wirt. Obwohl er selbst nicht vor Ort war, als das Wasser sein Restaurant überfiel, sind die Bilder wie eingebrannt. Ein Mitarbeiter wollte ihm per Videoanruf auf dem Handy zeigen, wie Wasser aus einem Ventil im Keller hochdrückte, noch relativ früh am Abend des 14. Juli. „Plötzlich gab es einen Knall und das ganze alte Ventil flog in die Luft“, erzählt Limani. „Ich habe nur gerufen: Raus da! Da war ja auch Strom“.

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Nachträglich kann er gut rekonstruieren, was den Knall ausgelöst hat. „Zuerst sind die Tiefgaragen in der Dechant-Fein-Straße vollgelaufen. Und als die ganz voll waren, wurde der Druck auf den Kanal so groß, dass es hier durch ist.“ Letztendlich wurde nicht nur der ganze Keller mit der Haustechnik, den Kühlschränken und Vorräten überschwemmt, sondern auch 30 Zentimeter des ebenerdigen Gasthauses. Bis heute ist nicht alles repariert in dem Haus von 1930. Handwerker gehen ein und aus, an der Gasleitung wird aktuell gearbeitet, das Ventil am Kanal ist noch nicht ersetzt.

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Neue Technik im Keller. 

Und doch war Limani der erste, der wieder aufgemacht hat im schwer betroffenen unteren Bereich der Schlebuscher Fußgängerzone. Am 3. September, nicht einmal zwei Monate nach der Flut. Zuerst hat er nur den Biergarten wieder eröffnet, mit einer Außentheke. „Die Hoffnung habe ich nie verloren, weil so viele Menschen da waren, die geholfen haben“, sagt Limani. Fußballer vom SV Schlebusch und aus Edelrath, Karnevalisten, einfache Passanten und seine Mitarbeiter, die mit anpackten und denen er ebenso dankbar ist, wie kooperativem Vermieter und Stadtverwaltung.

Weinen im Versteck

Die Hoffnung war immer da, aber die Kraft ging zwischendurch doch verloren. „Abends, wenn alle weg waren, dann bin ich da hinten in die dunkle Ecke am Zaun gegangen, damit mich keiner sehen kann. Und habe geheult.“ Es tue weh, sagt er. „Seit 32 Jahren bin ich in dem Laden. Da erlebt man mehr als in ein Buch passt. Aber dass sich in 24 Stunden alles ändert…“ Er kann den Satz nicht beenden.

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So hoch stand das Wasser in der Küche.

Inzwischen ist viel passiert. Karneval: Eine Enttäuschung. Um an Weiberfastnacht im traditionellen Zelt im Biergarten feiern zu dürfen, hätte er so hohe Auflagen erfüllen müssen, dass es sich nicht gelohnt hätte. Und dann hat er an den folgenden Tagen eine Brauchtumszone vor der Tür, die ihm kaum Kundschaft, aber viel Lärm und Glasscherben bringt. Und schließlich noch einen Anpfiff vom Ordnungsamt, als er zumindest einen Gehweg durch die Scherben freischaffen will. Limani schüttelt den Kopf, wie könne die Stadt so mit den mehrfach gebeutelten Gastronomen umgehen?

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Flut-Schrott auch noch nach einem Jahr.

Corona, Flut, steigende Preise. Limani weiß gar nicht, was er noch alles aushalten soll. Ein Problem, das viele seiner Kollegen umtreibt, hat er allerdings nicht: Den Personalmangel. Und das hat einen guten Grund: „Andere haben in Corona ihre Leute entlassen. Ich habe alle behalten. Das ist doch klar“, sagt der gebürtige Kroate. Sie haben immer weiter gemacht, gegen alle Widerstände. Alles, was an Staatshilfen einging, hat er sofort weitergegeben, an Mitarbeiter, Miete und Co. „Einen Monat hatten wir Probleme, den Strom zu bezahlen. Aber wir haben es geschafft.“ Bis Ende September muss er einen Teil der Soforthilfe zurückzahlen. Auch das wird er schaffen.

Volksfest wie früher

Das Volksfest vor wenigen Wochen dagegen: Ein voller Erfolg. „Endlich war wieder richtig was los im Dorf“, schwärmt der Gastwirt. Denn Schlebusch ist auch ein Jahr nach der Flut immer noch nicht, was es einmal war. Auch wenn die meisten Geschäfte mittlerweile wieder geöffnet haben. „Ich habe mein Schlafzimmerfenster zur Fußgängerzone hin. Früher konnte man da am Wochenende nicht schlafen. Heute ist es um zehn Uhr tot“, sagt Limani. Corona und die Flut haben Spuren hinterlassen. Die Leute haben sich daran gewöhnt, zu Hause zu bleiben. Haben sich ebenso zurückgezogen, wie es das Wasser schließlich getan hat. Limani hofft, die Menschen kommen wieder. Und das Wasser nie wieder.