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Entsorgung in LeverkusenDie neue Biotonne sprengt das Gebührensystem

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Der Umweltdezernent mit der Biotonne: Alexander Lünenbach übergab sie am Montag an Irene und Matthias Manderfeld.

Leverkusen – Ludger Bongartz und Michael Czyborra arbeiten bei der Avea. Sie umrahmen das Objekt, um das es geht. Eine Biotonne, mit Filter im Deckel und einer umlaufen Gummilippe. Das ist „State of the Art“ nach vielen Jahren Erfahrung mit der Sammlung von kompostierbaren Abfällen und den nicht so angenehmen Nebenwirkungen, die das haben kann. Fliegenschwärme, üble Gerüche, Schimmelorgien. Anderswo ist die braune Tonne vor vielen Jahren eingeführt worden. Und Irene Manderfeld spricht’s aus: „Ich habe mich schon immer gefragt, wieso Leverkusen das nicht schafft.“

Sie und ihr Ehemann Matthias geben am Montagnachmittag das Rollenmodell ab für Bürger, denen die Ökologie am Herzen liegt. Und die den Sinn erkannt haben, den es für die Umwelt, das Klima und – seit dem 24. Februar plötzlich viel wichtiger – die Energie-Autarkie hat, wenn man kompostierbaren Abfall nicht einfach in die Restmülltonne „kloppt“. Irene Manderfeld arbeitet in einer Grundschule und engagiert sich darüber hinaus im Naturgut Ophoven. Deshalb weiß sie: Bei der Umweltbildung „ist noch viel Luft nach oben“.

Ob der Brief aus der Stadtverwaltung, der ab Freitag jedem ins Haus flattern wird, der in Leverkusen ein Grundstück besitzt, unmittelbar der Umweltbildung dient, ist nicht sicher: Denn es wird erst einmal nur abgefragt, wie man es mit der Biotonne halten will. Eine Art Ausfüllhilfe bietet die Internetseite der Stadt zum Thema. Nimmt man sie, hat das Folgen für die Restmülltonne. Die kann kleiner ausfallen.

Papiertonne wird größer

Ganz nebenbei führt die Avea die Papiertonne im 240-Liter-Format als Standardgröße ein. Bisher sind viele halb so groß. Warum? Zu viele Kartons aus dem boomenden Versandgeschäft standen zuletzt neben den Tonnen, erklärt Avea-Mann Ludger Bongartz. Das bedeutet: mehr Arbeit, mehr Fahrten, deshalb mehr Abgase und Treibstoffverbrauch. Das ist nicht gewollt; auch die Avea schaut auf Kosten und die Umwelteffekte ihres Entsorgungsgeschäfts.

Dass die Biotonne gleich das gesamte System der Abfallgebühren in Leverkusen sprengen wird, hat mit dem neuen Anreiz-Modell zu tun. Soll heißen: Wer sich für die Biotonne erwärmt, soll sparen. Und zwar dadurch, dass er eine kleinere Restmülltonne ordern kann. Das ist klar, weil an die 40 Prozent des Hausmülls kompostierbar sind.

Neues Gebührensystem kommt

Ab dem nächsten Jahr, in dem die Biotonne eingeführt wird, wird die Abfallgebühr in einen Grund- und einen Leistungspreis zerfallen. Also so ähnlich, wie man es von der Stromrechnung kennt. Weil der Leistungspreis sich nach der Größe der Restmülltonne berechnet, steckt dort das Sparpotenzial. Wie groß es ausfallen kann – da muss Jörg Reinartz noch passen. In der Kämmerei muss das neue Gebührenmodell nämlich noch kalkuliert werden. Was erst geht, wenn am besten alle 34.000 Grundstücksbesitzer den Fragebogen ausgefüllt und zurückgeschickt haben. Schließlich gilt: Eine Gebühr muss die Kosten abbilden, nicht mehr.

Sieben neue Sammelstellen

Der Bring-Teil des Bio-Projekts ist aus Sicht der Avea gut angelaufen: Rund 20 Tonnen biogener Abfall seien voriges Jahr an den nunmehr acht Sammelstellen erfasst worden, hieß es zuletzt. Positiv: Wer dort hinkam, habe sehr sortenreinen Biomüll abgegeben. Außer an der Müllverbrennungsanlage im Eisholz – wo es beschränkte Öffnungszeiten gibt – hat die Avea sieben weitere Sammelstellen eingerichtet, an denen sieben Tage die Woche 24 Stunden lang Biomüll entsorgt werden kann.

Die Container stehen in Bürrig auf dem Parkplatz am Bendenweg, in Manfort auf dem Parkplatz an der Poststraße, in Opladen auf dem Parkplatz am Friesenweg, also neben dem Friedhof, in Schlebusch auf dem Schulparkplatz an der Ophovener Straße und auf dem Wendeplatz Wolf-Vostell-Straße, in Steinbüchel an der Ecke Auf’m Berg / An der Lichtenburg und in Wiesdorf an der Albert-Einstein-Straße. Die Grünschnitt-Sammlungen laufen an weiteren Stellen weiterhin separat. (tk)

Aber auch die Avea tastet sich noch durch den Nebel, solange die Tonnen-Umfrage nicht durch ist. Die Behälter müssen dann erst noch beschafft werden und Lieferkettenprobleme sind auch bei diesem Produkt nicht unbekannt, berichtet Michael Czyborra. Eine grobe Peilung habe man aber – an diesem Ende des Projekts erwarten die Macher keine großen Probleme.

Eher schon bei der Umsetzung in den großen Wohnanlagen. Dort ist das Sammeln von Bioabfall nach allen Erfahrungen schwierig, weil „wo es anonym zugeht, eher mal was neben oder in der falschen Tonne landet“, weiß Czyborra. Das ist auch ein Grund, warum die braune Tonne zwar sehr erwünscht, aber keine Pflicht ist in Leverkusen. Man sei auch zufrieden, wenn sie sich nach und nach durchsetze und irgendwann eine Quote von „30, 40, 50 Prozent“ erreicht wird, nennt Czyborras Kollege Bongartz eine Hausnummer.

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Dass die Avea vorbereitet ist, zeigt die Anlage des Entsorgers in Lindlar, wo aus dem Biomüll zunächst Gas, dann Strom erzeugt wird. Eigenständiger geht es nicht. Den Manderfelds ist das alles natürlich längst bekannt. Sie gehören zu den „Vorsortierern“, die mit kleinen, Einbauküchen-tauglichen Biomüll-Gefäßen ausgestattet wurden und das aufgebohrte Bring-System nutzen. Auf die große Biotonne freuen sie sich sehr.