Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Geschäft in der Wilhelmstraße in OpladenRheindorfer Uli Stövecken ist Gitarrenbauer aus Leidenschaft

Lesezeit 4 Minuten

Gitarrenbauer Reiner Bigge (links) und Real Guitar Chef Uli Stövecken haben eine fast fertige Gitarre auf der Werkbank und erledigen die letzten Feinarbeiten.

Opladen/Rheindorf – Wer billige Gitarren kaufen will, ist bei Real Guitars in der Opladener Wilhelmstraße an der falschen Adresse. Der Rheindorfer Uli Stövecken, der das Geschäft betreibt, hat sich auf hochwertige Instrumente spezialisiert, die er teilweise selbst anfertigt.

Im Jahr 1998 hat der Gitarrenhändler sein Geschäft in der Wilhelmstraße eröffnet – mit sogenannten Vintage-Instrumenten. Im Fachjargon werden alte, mit besonderer Sorgfalt hergestellte und oft besonders gut klingende Instrumente so bezeichnet. Nach drei Jahren erfüllte sich Stövecken einen Traum: Er baute seine erste Gitarre. „Meine Kunden waren der Antrieb. Die Nachfrage nach alten Instrumenten zog an. Sie wurden unbezahlbar und der Wunsch, Gitarren gleicher Qualität zu bezahlbaren Preisen kaufen zu können, wuchs“, sagt der Rheindorfer. Er orientierte sich an alten Fender Gitarren, die durch Musiker, wie Jimi Hendrix und Eric Clapton, einen hohen Bekanntheitsgrad erreichten.

Erste Exemplare landen im Müll

Stövecken fand einen Produzenten von Gitarrenteilen, der unter anderem auch namhafte Gitarrenhersteller beliefert. Aus diesen Teilen schraubte er seine ersten Gitarren zusammen. Rund 1500 Euro kostete ein solches Instrument. Die Qualität sprach sich in Gitarristenkreisen herum, und Real Guitars erhöhte die Jahresproduktion von acht Gitarren auf bis zu 90 Instrumente, um alle Anfragen befriedigen zu können. „Relativ schnell fragten meine Kunden nach noch höherer Qualität. Mir war klar, dass ich alles in einer Hand halten musste“, blickt Stövecken zurück. Ein zweites Ladenlokal, direkt neben den Verkaufsräumen, wurde zur Werkstatt umgebaut. Neben den Gitarren aus zugekauften Einzelteilen, fertigte Stövecken nun Einzelstücke in Handarbeit – seine Custom-Gitarren. Der Kunde hat Einfluss auf verwendete Hölzer, die Breite des Griffbretts und die Auswahl der Tonabnehmer. Da es immer schwieriger geworden ist, kurzfristig hochwertige Tonhölzer zu kaufen, unterhält Real Guitars mittlerweile ein eigenes Holzlager.

Sieben Jahre nach den ersten Versuchen mit fender-ähnlichen Gitarren der Typen Stratocaster und Telecaster, wagte sich Stövecken an die Königsdisziplin, den Bau einer der Gibson Les Paul ähnlichen Gitarre. Unter Blues und Rockmusikern zählen diese Saiteninstrumente aus den Baujahren 1958 bis 1960 zum Nonplusultra des Gitarrenbaus. Gut erhaltene Exemplare sind nicht unter 150000 Dollar zu bekommen. Die meisten Les Paul Gitarren aus dieser Zeit liegen in klimatisierten Tresoren von Sammlern. Einige wenige Musiker, so wie der Bluesgitarrist Joe Bonamassa, spielen diese teuren Instrumente auf der Bühne. Gibson fertigt seit einigen Jahren Nachbauten der eigenen Instrumente, sogenannte Reissue-Modelle. Für rund 5000 Euro gehen diese Gitarren über die Ladentheke.

„Unser Ziel war klar. Wir wollten für das gleiche Geld eine höhere Qualität bieten und so nah wie möglich am Original sein“, sagt Stövecken. Bei den ersten vier Exemplaren bezahlte er Lehrgeld – die Instrumente landeten in der Schrottbox. Der Winkel von Gitarrenhals zu Korpus war nicht korrekt. Anders als bei seinen fender-ähnlichen Gitarren, bei denen Hals und Korpus mit Schrauben verbunden werden, hat die Les Paul einen eingeleimten Hals. Einmal verbunden, ist eine Korrektur unmöglich. Das Team von Real Guitars experimentierte weiter und hatte schließlich Erfolg: Die Gitarren erreichten das selbst gesteckte Ziel – die Qualität der 5000 Euro teuren Gitarre passte. Das Modell hat sich zu einem Star im Programm entwickelt.

Stövecken hat Anfragen aus ganz Europa und den USA. Zwischen drei und sechs Monaten muss der Käufer auf seine handgefertigte Gitarre warten. Wer auf spezielle Tonabnehmer und Lackierungen keinen Wert legt, kann allerdings Glück haben und das ein oder andere Exemplar in Opladen von der Stange kaufen.

Seit rund einem Jahr bietet Real Guitars auch Röhrenverstärker für Gitarristen an. Für viele Rockgitarristen sind die Verstärker des Amerikaners Howard Dumble der „Heilige Gral“ des Verstärkerbaus. Gitarristen wie Carlos Santana und Larry Carlton schwören auf die handgebauten Verstärker. Doch Dumble arbeitet nur noch auf Bestellung von prominenten Kunden – die Preise liegen in astronomischen Höhen.

Stövecken, der über mehrere Jahre Nachbauten des Verstärkers aus den USA importierte, war mit der Qualität der Ware nicht richtig zufrieden. Er ließ sich, nach zwei Jahren Entwicklungszeit, von einem holländischen Röhrenspezialisten einen Verstärker für den Eigenbedarf bauen. Zum Ausprobieren stellte er diesen in sein Ladenlokal.

Ohne den Preis zu kennen, rissen ihm die Gitarristen den Verstärker förmlich aus der Hand. Mehrere Vorbestellungen ermutigten Stövecken eine Kleinserie produzieren zu lassen – zum Preis von 3698 Euro pro Stück. Zug um Zug erweiterte der Firmenbesitzer das Lieferprogramm. Vier verschiedene Gitarrenverstärker, mit unterschiedlicher Klangausrichtung und unterschiedlichen Preisen, bietet Real Guitars jetzt an.

Das Team um Stövecken will sich auf den Lorbeeren nicht ausruhen. „Wir überlegen gerade, welche Gitarrentypen wir noch verbessern können und haben da auch schon Ideen“, sagt der Real Guitars Chef. Mehr will er nicht verraten.

www.realguitars.de