Leichlingerin über Gewalt in der Beziehung„Ich will nie wieder so hilflos sein“
Leverkusen/Leichlingen – Es war die berühmte Kaffeetasse, die das Fass zum Überlaufen brachte. Die stand allerdings nicht irgendwo herum, wo sie störte, sondern landete mit voller Wucht aus der Hand ihres damaligen Mannes auf dem Kopf von Corinna Elle. Die 61-Jährige aus Leichlingen hatte eine Gehirnerschütterung, diverse Splitter mussten rausoperiert werden, sie lag fünf Tage lang im Krankenhaus. Das war das Ende ihrer 21 Jahre langen Ehe.
Als sie da blutend in der Küche saß, hat sie sich geschworen: „Ich will nie wieder so hilflos sein.“ Nun will sie Frauen in gewalttätigen Beziehungen oder einfach Frauen, die sich von ihrem Mann trennen wollen, Mut machen. „Trau dich, trenn dich“, hat sie ihre Geschichte überschrieben, die sie anlässlich der Woche gegen Gewalt an Frauen in der Stadtbibliothek in Wiesdorf vorstellte. Ihre Geschichte ist eine von mehreren aus dem Buch „Alles geben! - nur nicht auf“, das Frauen Mut machen soll, gewalttätige Beziehungen zu verlassen.
Häusliche Gewalt steigt an
Kurz vor der Lesung kam passenderweise auch die Nachricht aus dem Familienministerium: Eine Kriminalstatistische Auswertung von 2020 hat ergeben, dass die Fälle von Gewalt in bestehenden und ehemaligen Partnerschaften weiter gestiegen sind, im Vergleich zum Vorjahr um 4,9 Prozent. Und das betrifft auch keineswegs nur Frauen in sozialen Brennpunkten, das bestätigt sowohl die Analyse wie auch Corinna Elles Fall, die als studierte Wirtschaftswissenschaftlerin und Führungskraft in unterschiedlichen Konzernen gearbeitet hat und deren ehemaliger Ehemann verbeamtet ist: „Es kann jeden treffen, auch Frauen von Anwälten und Ärzten“, sagt sie.
Scheidungskrieg überstanden
Die Leichlingerin erzählte dem mitfühlenden Publikum - immerhin ein Mann war darunter -, wie sie sich Stück für Stück von ihrem Ehemann gelöst hat, warum sie die Anzeige letztendlich doch zurückgezogen hat, was sie heute bereut, wie sie den achtjährigen Scheidungskrieg überstanden und wieder Kraft und Lebensfreude gefunden hat. Und warum sie sich damals keine Hilfe bei all den Beratungsstellen geholt hat, die doch extra dafür da sind, Frauen in solchen Situationen zu helfen. „Aus Scham“, erklärte Elle, aber vieleicht auch aus Vorurteilen, dass sich dorthin eher Frauen aus unteren sozialen Schichten hinwenden, „wir waren doch ein Akademikerhaushalt“.
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Ihre Nachricht an dem Abend war: Viele Frauen würden sich in unglücklichen oder gewalttätigen Beziehungen arrangieren. „Es ist erschreckend, wie viele Leute dann nicht gehen.“ Sie will künftig als Beraterin helfen: Nach einer Ausbildung zum Coach bietet sie nun Trennungsmanagement an. „Niemand sollte so etwas durchmachen müssen.“