Die Leverkusener Politikerin sitzt für die Grünen im Bundestag und sagt jetzt: „Ich habe mich entfremdet.“
Nyke SlawikLeverkusener Grüne zu Lützerath: RWE hat Regierungen an der Nase herumgeführt
„RWE handelt nicht im Interesse der Allgemeinheit. Jede Landesregierung der letzten Jahre lässt sich von diesem Konzern an der Nase herumführen. Das mitanzusehen, ist unerträglich.“ Die Leverkusener Grünen-Politikerin, die für den Wahlkreis Leverkusen/Köln-Mülheim im Bundestag sitzt, hat unter anderem mit diesen Aussagen am Donnerstagmorgen auf Twitter massive Kritik an ihrer Partei und dem Energiekonzern RWE geübt.
Nyke Slawik: „Lützerath als bewohnbares Dorf nicht mehr zu retten“
„Ich habe mich entfremdet“, schreibt Slawik und führt die Verteidigung der Räumung des Dorfes Lützerath und des Kohlekompromisses mit RWE durch „manche“ an. Sie schreibt dabei nicht, wen sie meint, doch es sind führende Politikerinnen und Politiker ihrer Partei in Land und Bund, die sich in diesen Tagen verteidigen – gegen Mitglieder der Klimaschutzbewegung, die sich von den Grünen verraten fühlen.
Natürlich sei es ein Erfolg insbesondere der Klimabewegung und „von uns Grünen“, dass der Kohleausstieg auf 2030 vorgezogen worden sei, schreibt Slawik: „Wir müssen aber anerkennen, dass dieser Kompromiss, der die Abbaggerung besonders dicker Kohleschichten unter Lützerath vorsieht, weder gesellschaftlich noch wissenschaftlich zeitgemäß ist.“
Die Klimakrise sei zu weit fortgeschritten, um sich mit etwas zufriedenzugeben, das vor fünf oder zehn Jahren noch als guter Deal gegolten hätte. Sie spielt damit auf den im Oktober 2022 geschlossenen Kompromiss an, der einige Dörfer vor dem Abbaggern für Braunkohle schützt, Lützerath aber eben nicht. Präsentiert wurde dieser Kompromiss damals vom grünen Bundesklimaminister Robert Habeck und der grünen Landesklimaministerin Mona Neubaur.
Dem Kompromiss in Form des Gesetzes, das den vorzeitigen Kohleausstieg regelt, hatte Nyke Slawik am 1. Dezember 2022 im Bundestag jedoch ebenfalls zugestimmt. Von 102 anwesenden Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen hatte sich damals lediglich eine Parlamentarierin bei der Abstimmung enthalten. Lützerath wird in dem Gesetz nicht wörtlich erwähnt.
„Ich verstehe, dass Lützerath als bewohnbares Dorf nicht mehr zu retten ist“, führt Slawik aus. „Das liegt daran, dass RWE bis an die Kante gebaggert hat. Aber noch ist es nicht zu spät, darüber zu entscheiden, was mit der Kohle unter Lützerath geschieht.“ Sie nennt Argumente, die sich auf Gerichtsentscheidungen pro RWE berufen, „Hörigkeitserklärungen gegenüber diesem Konzern“ und schreibt: „Wir sind der Gesetzgeber. Wir machen die Gesetze, auf deren Grundlage RWE wirtschaftet.“
Slawik nimmt an Großdemonstration in Lützerath teil
In Lützerath würden gerade Menschen verletzt, die den „Kollaps unserer Ökosysteme“ stoppen wollen. „Die Räumungen sollten gestoppt werden“, führt Slawik aus. Die Bundestagsabgeordnete stellt außerdem infrage, warum „RWE noch immer Profite für seine Aktionär*innen mit der klimaschädlichsten Form der Energie, der Braunkohle“ machen dürfe.
„Wir sehen uns am Samstag in Lützerath“, kündigt Slawik schließlich ihre Teilnahme an der geplanten Großdemonstration für den Erhalt des Dorfes am 14. Januar an.