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Alaaf oder Helau? Kölsch oder Alt?Durch Hetdörp verläuft ein fünfteiliger Äquator

Lesezeit 5 Minuten
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Hitdorf liegt an einer neuralgischen Stelle – karnevalistisch gesehen.

  1. Als das „gallische Dörp vom Rhing“ gilt Hitdorf. Die „Hetdörper“ sind eben ein bisschen anders.
  2. Das Veedel liegt aber auch an einer speziellen Stelle: Ein fünfteiliger Äquator geht durch Hitdorf.
  3. „Alaaf oder Helau? Kölsch oder Alt?“ und noch weitere Fragen müssen sich die Hitdorfer stellen. Unser Autor Frank Weiffen hat dieses „gallische Dorf“ mal unter die Lupe genommen.

Leverkusen – Man muss sich nichts vormachen und darf das ruhig einmal etwas ketzerisch sagen: In Leverkusen geht der Fastelovend eigentlich erst am Karnevalsfreitag so richtig los. Denn am Freitag, da steht ja in Hitdorf der erste Zug der Stadt an. Un wenn der durch Hetdörp treck, dann bebt jedes Jahr auch der jecke Äquator wieder. Dann kütt zesamme, was eigentlich nicht zusammengehören darf, sich aber am Ende doch ganz gut verträgt. Dann wird Hitdorf zum Mittelpunkt der jecken Welt und zeigt jedem, der es sehen will und auch denen, die das eigentlich gar nicht so gerne sehen, warum es das verrückteste, kurioseste Veedel der Stadt und ein Unikum der ganzen Region ist.

Bernd Bilitzki – Hitdorfer, Heimatforscher und Vorsitzender des Heimatvereins – fasst den Grund für diese Faszination so zusammen: „Durch Hitdorf verläuft ein fünfteiliger Äquator.“

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Nämlich der zwischen „Alaaf“ und „Helau“. Zwischen Alt und Kölsch. Zwischen kölscher Sproch und Düsseldorfer Platt. Zwischen Dreigestirn und Solo-Prinz. Und der zwischen steinreicher und heillos verschuldeter Kommune. Im Detail: In Hitdorf wird während des Fastelovends das kölsche „Alaaf“ gerufen. „Helau“ – der ultimative Gruß der aus kölscher Sicht auf dem Holzweg befindlichen Karnevalisten Düsseldorfer Prägung – gilt allerdings schon im nur einen Steinwurf weit entfernten Monheim. Die Kehlen, die „Alaaf“ schreien, werden in Hitdorf mit Kölsch geölt – und weniger mit dem wenige Meter weiter beliebten Alt. Wenn die Hetdörper schwaade, dann schwaade se zudem so, wie das die Menschen in der Domstadt tun – auch wenn ab Monheim und Langenfeld der Düsseldorfer Zungenschlag zu vernehmen ist. Während Monheim seit ein paar Jahren ob einiger ebenso jecker wie kluger Ideen seines Bürgermeisters schuldenfrei ist und dort alles gebaut wird, was für Geld so gebaut werden kann, muss sich Hitdorf mit dem desaströsen Haushalt Leverkusens herumschlagen – jener Kommune also, in die der ehemalige Monheimer Stadtteil anno 1975 eingemeindet wurde.

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Und die Sache mit dem Dreigestirn? Die ist sowieso ein Kapitel für sich. Denn die führte einst dazu, dass der jecke Rest Leverkusens die Hitdorfer ächtete. Genauer gesagt ab dem Jahre 1993. Da nämlich gründeten sie in Hitdorf ihren eigenen Karnevalsverein, die Hetdörper Mädche un Junge. Und dachten sich: Suchen wir uns als Tollitäten doch einfach – wie die Kölner – ein Dreigestirn aus. Prinz, Bauer, Jungfrau. Die Legende besagt, dass die Verantwortlichen des Festkomitee Leverkusener Karneval (FLK) den Hitdorfer Fastelovendsfründen daraufhin beleidigt und schwer getroffen die Mitgliedschaft im eigenen Schmölzje verweigerten.

Indes: Mindestens einmal im Jahr, wenn der Karneval ansteht und der Zoch über die Hitdorfer Straße geht, fällt der Äquator. Verschwindet irgendwo im rheinsandigen Untergrund. Sind alle diese Sachen vergessen. Wird Hitdorf zum maximalen Jeckenmultikultischmelztiegel.

„Die müssen ja irgendwo herkommen“

„Sehen Sie“, sagt Bernd Bilitzki lächelnd: „Wir haben 8000 Einwohner in Hitdorf. An diesem Tag aber sind hier bis zu 25 000 Menschen. Die müssen ja irgendwo herkommen.“ So wie am Donnerstag. Da kamen nämlich einmal mehr von der anderen Rheinseite die Langeler aus Köln rüber zum Zug. Da stellten sich Jecke aus Hitdorf, aus den übrigen Leverkusener Stadtteilen, aus Monheim und Langenfeld an den Straßenrand oder gingen noch kurz zum traditionellen Treff der Tollitäten in die Stadthalle. „Wo dann übrigens auch gerne mal »Helau« oder »Helaaf« gerufen wird“, wie Josef Landwehr, der Vorsitzende der Hetdörper Mädche un Junge, sagt. „Kein Problem“ sei das. Bei derlei Anlässen schunkele das Hitdorfer Dreigestirn gerne Arm in Arm mit dem Prinzen aus Leverkusen, dem Prinzenpaar aus Monheim, dem Prinzenpaar aus Langenfeld und dem Dreigestirn aus Langenfeld-Berghausen.

Und währen der tollen Tage trinken die Leute in der Hitdorfer Kultkneipe „Em Schokker“ ein Kölsch nach dem anderen. Auch die, die sonst eher auf Altbier stehen. Bernd Bilitzki erwähnt diesbezüglich „dieses alte Sofa, das da lange im Haus stand“. „Das hat so Einiges miterlebt. Wenn es das noch geben würde und es erzählen könnte, dann…“ Er lässt den Satz unvollendet. Im gallischen Dorf schweigt man eben auch gerne mal und lässt Dinge, die dort geschehen, wie die Kirche im Dorf.Nicht im Dorf bleiben werden die Hitdorfer hingegen am morgigen Karnevalssonntag. Denn dann geht wie immer eine Abordnung von ihnen traditionell erstmal zum Zoch nach Monheim-Baumberg. „Wir werden regelmäßig dorthin eingeladen und lassen uns das natürlich nicht entgehen“, sagt Josef Landwehr. Und nachmittags dann setzt der temporäre Exodus der Hetdörper zum Zoch nach Langel über den Rhein ein. Pirouetten der Fähre beim Übersetzen inklusive. Der zeitgleich stattfindende Zoch in Wiesdorf stellt für die hiesigen Gallier, die sich 2015 tatsächlich selber das Motto „So muss et sin, dat gallische Dörp vom Rhing“ schenkten, keine echte Option dar. Dazu ist die Sache mit den Kölschen aus Langel einfach zu dicke.

Indes: Bei aller jecken Dorf- und Wagenburgmentalität stellt Josef Landwehr eine Aussöhnung mit dem einst vergrätzten FLK in Aussicht. Schmunzelnd. Und mit blitzenden Augen: „Wir nähern uns an und sind tatsächlich erstmals zum Biwak des Leverkusener Prinzen eingeladen worden. Nach 27 Jahren!“ Das sei ein Anfang. Es sei aber auch klar: „Wir lassen uns nicht verbiegen und behalten unsere eigene Mentalität.“

Warum auch nicht? Damit sind die Junge un Mädche us Hetdörp am Rhing ja auch stets gut gefahren. Vom ersten Dreigestirn aus Prinz Walter I. (Gerhards), Bauer Jope I. (Hans-Josef Sanner) und Jungfrau Rainhilde I. (Rainer Dormann) an – und bis zum aktuellen Chef-Trio um Prinz Heinz II. (Gladbach), Bauer Frank (Melzer) sowie Jungfrau Christiane (Agternkamp). Kein Zweifel: So ein Dasein am Äquator ist schon was ganz Feines.