Karatesportler aus Leverkusen„Zum Kämpfen ist man nie zu alt“
Leverkusen – Fußballspielern, die sich dem 30. Geburtstag nähern, wird klar: Was sie in ihrem Sport noch nicht erreicht haben, wird auch nicht mehr kommen. Fußball, Volleyball, Handball sind Sportarten der Jugend.
Bei ein paar wenigen anderen spielt das Alter keine so große Rolle. Im Gegenteil: Erfahrung und Körperbeherrschung können sogar bis in höhere Alter gesteigert werden. Beim Tanzen ist das so. Und beim Karate, wovon hier die Rede ist. In dieser Disziplin werden viele, die dabeibleiben im Alter richtig gute Sportler, auch wenn die reine Muskelkraft in der Jugend höher ist.
So wie zwei Leverkusener, Peter Sienko, 60, und sein Freund Heinz-Jürgen Steinkühler, 63. Sie haben in diesem Jahr gemeinsam eine schwierige Prüfung abgelegt und den sechsten Meistergrad (japanisch: 6. Dan) bekommen. Mehr geht in dieser japanischen Sportart kaum. Nur sehr wenige Karatesportler in Deutschland erreichen noch höhere Grade.
Die beiden haben intensiv für ihre Prüfung geübt, über ein Jahr haben sie immer wieder die geforderten Bewegungsabläufe durchprobiert und auswendig gelernt, bis sie saßen.
Harte Angriffe
Hunderte Male haben sie sich nach allen Regeln der Kunst gegenseitig mit harten Angriffen traktiert – zur Übung. Ein hartes Training, denn immer wieder setzt der Körper oder die Merkfähigkeit eine neue Grenze. Aber für die beiden hat es sich gelohnt, sagen sie. Die Sportart ist jung in Europa und in Leverkusen. Peter Sienko lernte 1972 die ersten Kampftechniken kennen, der etwas ältere Steinkühler stieg 1978 ein.
Zu der Zeit, als Sienko auch den ersten Leverkusener Karateverein gründete, war die Sportart noch geheimnisumwittert, mysteriös – dem Sport haftete etwas Zwielichtiges an, ähnlich dem Boxen. Die fernöstlichen Kampfsportarten boomten, wegen einer Fernsehserie: 1975 lief im ZDF „Kung-Fu“. Der unbesiegbare Held verkörperte eine Mischung aus Priester und Hippie, und alle Jungs wollten diese übermenschlichen Kräfte .
Eisenharte Typen
„Damals wurde oft unreflektiert und unausgegoren trainiert“, sagt Peter Sienko. „Wir hatten in Leverkusen ein einziges kleines Grüppchen und noch wenig Ahnung“. In den 70er-Jahren gab es in Köln schon ein paar Trainer, die alle sehr unterschiedlich unterrichteten – oft eisenharte Typen. Andere hatten schon ganzheitlichere Ideen, die sich durchgesetzt haben. „Karate zu trainieren ist etwas anders als in ein Fitnessstudio zu gehen“, sagt Steinkühler. „Das Training ist auch heute noch sehr individuell. Die Art, wie geübt wird, hat viel mit der Persönlichkeit des Trainers zu tun.“
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Über 30 Jahre machen Sienko und Steinkühler gemeinsam Sport – ohne Unterbrechung. Steinkühler: „Man lernt sich schon sehr gut kennen, wenn man miteinander kämpft, und man schaut sich den anderen natürlich genau an: Wie ist er gelaunt? Ist er angriffslustig oder verdruckst?“ Steinkühlers und Sienkos Verein heißt Yamabiko, das Training findet in Manfort statt. Dort trainieren Erwachsene. Ab Januar geben sie einen kostenlosen Anfängerkurs für späte Einsteiger. „Man kann sogar noch mit 70 Jahren anfangen. Und wenn man dann regelmäßig dabei bleibt, baut der Körper erstaunlich wenig ab“, sagt Sienko, der auch heute noch kaum einen Zweikampf fürchten muss. Der Kurs dauert sechs Wochen.
Karate: Urpsrünge und Geschichte in Leverkusen
Die Ursprünge liegen wohl im chinesischen Kung-Fu. Karate entwickelte sich in Japan innerhalb einer Widerstandsbewegung: Im mittelalterlichen Japan durften nur privilegierte Waffen tragen, deshalb entwickelten die einfachen Leute man waffenlose Kampftechniken. In der Nachkriegszeit kam die Sportart nach Europa, seit den 70er Jahren in Leverkusen.
In Leverkusen gibt es zwei Karatevereine, darin sind etwas über 110 Sportler angemeldet. Das Zerschlagen von Dachziegel, Holz oder anderen Baumaterialien ist in der Regel kein Trainingsinhalt.(rar)