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Karneval, Kollegen, KölnBläck Fööss-Keyboarder Andreas Wegener im Interview

Lesezeit 7 Minuten

Andreas Wegener ist der Mann an den Tasten bei der kölschen Kultband Bläck Fööss. Hier ist er zu sehen auf der Bühne des Scala neben Bömmel Lückerath.

In der Ankündigung zu den beiden Scala-Konzerten der Bläck Fööss heißt es: Es sind die letzten Auftritte in der Originalbesetzung – wenn man Tommy Engel mal außer acht lässt, der ja schon 1994 ging. Heißt es also wirklich Abschied nehmen?

Ja. Es ist ja schon länger bekannt, dass Kafi Biermann, einer unserer Sänger, zum 31. Dezember aussteigt. Das Konzert in der Lanxess-Arena an Silvester wird sein letztes sein, zumindest als ständiges Mitglied. Die beiden Auftritte im Scala sind seine letzten als Fööss-Mitglied außerhalb Kölns.

Wie steht es um die anderen Musikern aus der Ur-Besetzung? Hartmut Priess, Peter Schütten, Bömmel Lückerath, Erry Stoklosa – bleiben sie der Band vorerst erhalten?

Alles zum Thema Bläck Fööss

Die sind alle noch guter Dinge. Vor allem unser Ältester, Hartmut am Bass. Er sagte zwar bereits 2005, als ich zur Band stieß, dass er sich irgendwann von der Bühne zurückziehen werde. Aber: Je älter er wird, umso fitter ist er und umso weniger denkt er dran, Schluss zu machen. Keine Frage: Die Jungs sind alle guten Mutes und werden, so Gott will und sie gesund bleiben, weiter machen.

Dennoch: Der Verlust des Sängers bedeutet für Bands meist das Aus.

Wenn es nur den einen Sänger gibt, dann wahrscheinlich schon. Stones ohne Jagger? Brings ohne Peter Brings? Aber auf uns trifft das nicht – oder nicht mehr – zu. Nach Tommys Weggang gab die Band nämlich ihr Zentrum auf und die Sängerrolle wurde auf mehrere Schultern verteilt. Mit Kafis Hinzukommen 1995 wurden Erry, Peter und Kafi am Mikrofon gleichbedeutend, was der Band eine zusätzliche Sicherheit einbrachte. Insofern stellt Kafis Abgang keine existenzielle Gefahr für die Gruppe dar. Genau das ist ja eine Stärke der Fööss: Es ist nicht alles an eine Person oder Identifikationsfigur gekoppelt. Mehrere, beziehungsweise alle, haben daran einen Anteil.

Das ist gelebtes Veedelsgefühl. Einer für alle, alle für einen.

Hm... Was für ein Beispiel! Aber es klingt gut! (lacht)

Wurde der neue Sänger, Mirko Bäumer, der ja durch seine Queen-Tribute-Band Queen Kings bekannt ist, blind gekauft oder musste er sich erstmal bewähren?

Blind gekauft wird niemand! Zunächst haben wir uns in kleinerer Runde mit Mirko zusammengesetzt und beschnuppert. Kurz darauf hat er in Bömmels Home-Studio ein paar Fööss-Klassiker gesungen: „Drink doch ene met“, „Ming eetste Fründin“, „Dat Wasser vun Kölle“, „Katrin“. Wir waren von den Socken, wie schnell er sich in seiner neuen, kölschen Rolle zurecht fand. Schließlich kam die ganze Band mit Mirko zusammen. Es muss ja zwischen allen stimmen, musikalisch und menschlich. Jetzt wissen wir: Mit Mirko passt es!

„Ich bin jetzt im kölschen Jahr!“

Sie selbst sind nun im elften Jahr bei den Fööss.

Ja, ich bin jetzt im kölschen Jahr!

Als Leverkusener.

Als Opladener, ja.

Werden Sie von den Kölner Kollegen deswegen auch schon mal gefoppt?

Nein. Erstens ist Leverkusen ja recht nah dran. Ich weiß noch, dass ich damals, als Jugendlicher, in Opladen immer auf dieses Schild quasi vor der Haustüre geschaut habe: „Köln 18 km“. Da habe ich immer gedacht: „Das ist ja quasi um die Ecke. Worringen ist weiter vom Kölner Zentrum weg!“ Außerdem darf man nicht vergessen: Einziger Ur-Kölner ist bei uns der Gus Gusovius. Er kommt aus der Domstraße. Bömmel, das glaube ich zumindest, von der Schäl Sick. Erry wuchs in Porz auf, das erst später eingemeindet wurde. Peter stammt aus Kiel. Hartmut aus Berlin. Also: Was sollen die gegen einen Leverkusener – Nein! Ich betone: Opladener – sagen? (lacht)

Die Auftritte in Leverkusen gehören fest zum Jahresplan. Wie ist es denn so, das Leverkusener Publikum?

Unterschiedlich... Ich kann mich erinnern, dass wir mal im Forum, ich glaube im Agam-Saal, aufgetreten sind. Dort war das Publikum zunächst reserviert. Vielleicht war der Raum ehrfurchteinflößend? Die Opladener sind schon wieder anders. Die können ruhig zuhören und sich von uns Geschichten erzählen lassen. Und sie können, wenn es an „Rut un Wiess“ und Co. geht, auch ausflippen und Spaß haben. Gerade im Scala spüren wir innerhalb der ersten Minuten, dass wir hier mit der gesamten Bandbreite unseres Repertoires richtig sind. Das Scala als Club hat uns auch dazu motiviert, in Zukunft vielleicht stärker als bisher sogenannte Szene-Spielorte in unseren Tourplan einzubeziehen. Konzerte in einem solchen intimen Rahmen ermöglichen es uns, dass wir uns künstlerisch austoben können. Wir kommen dadurch den Menschen räumlich wie inhaltlich sehr nah.

Ein „Wir-Gefühl durch die Bläck Fööss“

Könnte man sagen: Brings und Kasalla bedienen die jungen Leute mit Rock, die Höhner machen kölsche Stimmungsmusik für die Masse, aber nur bei den Fööss entsteht ein erhebendes Wir-Gefühl, das alle Menschen packt?

Kann man so sagen.

Wie kommt das?

Weil wir unsere Identität bewahrt haben und vielleicht dadurch glaubwürdig geblieben sind. Es wäre beispielsweise fatal, jetzt auch auf eine „Wo sind Eure Hände?“-Partywelle aufzuspringen. Die ursprüngliche Karnevalstradition ist ohnehin schon dabei, in den Hintergrund zu rücken. Das ist eine Gefahr. Es geht nur noch um Feiern, Party und Stimmung. Der Anlass scheint egal. Auf diesen Zug sollten wir nicht aufspringen. Das würde uns auch keiner abkaufen. Die Leute mögen die Fööss-Klassiker, von denen einige fast zu Volksliedern geworden sind. Sie wollen aber auch Neues von den Fööss. Nur: Es muss zu uns passen. Solange sich unser Publikum in unseren Texten wiederfindet, sind wir auf dem richtigen Weg.

Gab es je Diskussionen um eine teilweise Neuausrichtung?

Nicht wirklich. Letztlich sind wir uns alle einig, dass das nicht unser Ding ist. Zwischen Kasalla, Cat Ballou und den Fööss liegen einige musikalische Generationen. Die jungen Bands von heute klingen anders als die Bands aus den 60ern und 70ern, selbst wenn sie mit dem gleichen Instrumentarium auf die Bühne gehen. Sie sprechen eine andere Sprache. Sie vermitteln ihre Inhalte auf eine andere Art. Kasalla ist Kasalla, und die Fööss sind die Fööss.

„Bleiben der kölschen Mundart treu“

Wie sieht es mit dem Wunsch aus, auch mal über die Region hinaus Erfolg zu haben – wie die Höhner?

Die Bläck Fööss haben immer darauf geachtet, dass sie kölsch singen und bleiben. Die Lieder einiger Kollegen sind manchmal eine Mixtur aus Kölsch und Hochdeutsch, was ihnen natürlich auch ein Textverständnis und TV-Interesse über Kölns Grenzen hinaus garantiert. Wir hingegen haben uns entschieden, der kölschen Mundart und der kölschen Seele treu zu bleiben, auch wenn der kommerzielle Erfolg dadurch regionaler bleibt. Vielleicht ist das eine Form von Bescheidenheit, die dazu führte, dass wir lukrative Werbeangebote abgelehnt haben. Aber: Das trägt zur Identität der Band bei.

Im Karneval dagegen scheinen die Fööss kaum einen Auftritt abzulehnen. Hängt einem das nicht irgendwann zum Hals raus?

Nein, das stimmt nicht! Uns liegen in jeder Session drei Mal soviel Angebote vor, wie wir letztlich annehmen. In den vergangenen Jahren berichtete die Presse über diverse Burn-Outs von Prominenten. Im großen Karnevalsgeschäft sind wir alle gefährdet, da muss man früh gegensteuern. Die Versuchung ist zwar groß. Ävver mer muss och „Nä!“ sare künne! Nach 120 Wiederholungen in sechs Wochen darf uns unser „Bickendorfer Büdchen“ vorübergehend zum Hals heraus hängen. Ich finde das relativ natürlich. Ich ziehe immer einen persönlichen Vergleich zum Essen: Wenn du ein leckeres, herzhaftes Mittagsmahl hattest und danach Tiramisu bekommst, dann freust du dich darauf. Aber wenn es stattdessen täglich fünf mal hintereinander Tiramisu wäre... Diesen Satz brauche ich wohl nicht zu beenden. (lacht) Trotzdem freuen wir uns jedes Jahr aufs Neue, „wenn et widder loss jeiht“.

De Bläck Fööss gastieren am Mittwoch und Donnerstag, 7. und 8. Dezember, jeweils um 20 Uhr im Opladener Scala, Uhlandstraße. Für das Mittwochskonzert sind noch Karten an allen Vorverkaufsstellen zum Preis von 30 Euro (Abendkasse 35 Euro) erhältlich.

www.blaeckfoeoess.de

www.scala-leverkusen.de

Zur Person

Andreas Wegener (60), geboren in Opladen, ist seit 2005 Mitglied der Bläck Fööss und spielt Piano, Synthesizer und Akkordeon. Zuvor war er Keyboarder in der bundesweit bekannten Phil-Collins-Tribute-Band Still Collins. Zuletzt wirkte Wegener außerdem an „Blue Deja Vu“ mit, dem Jazz-Album des Ex-Chefs der Leverkusener Jazztage, Eckhard Meszelinsky. (frw)