Das Ende des Kaufhofs am Wiesdorfer Platz kommt nicht ganz ohne Vorwarnung. Aber der Schock in der Belegschaft sitzt tief.
Kaufhof Leverkusen vor AusBetriebsrat: „Wir sind hier eine Familie“
Das Betriebsratsbüro im Kaufhof liegt auf der oberen Etage, mit Blick auf die Nobelstraße. Man verlässt die helle Einkaufswelt durch eine Stahltür und läuft durch einen dunklen Gang, in dem Kleiderspinde stehen. An der Tür hängt ein Schild: „Artikel 1 des Grundgesetzes. Die Würde des Menschen ist unantastbar“.
Am Vortag hatte die Galeria-Karstadt-Kaufhof-Geschäftsführung um 14 Uhr eine Betriebsversammlung einberufen, auf der der Beschluss zur Schließung für den 30. Juni bekannt gegeben wurde. Die Versammlung habe nicht lange gedauert, danach hätten alle nach Hause gehen können, sagt Jolanta Golla, die Betriebsratsvorsitzende, aber: „Die Kolleginnen und Kollegen sind alle hier geblieben, wollten nicht gehen“, sagt sie, „wir sind hier eine Familie.“
Die eigene Kündigung, zwei Monatsgehälter Abfindung oder der Eintritt in eine Transfergesellschaft, die mindestens ein halbes Jahr bestehen soll, das sind Alternativen, die im Gespräch sind. Die meisten Angestellten sind Frauen, um 85 Prozent. Fast alle, bis auf Aushilfen, sind ausgebildete Verkäuferinnen. Der Altersdurchschnitt ist aber nicht so, dass man sich sorglos auf Jobsuche begeben kann.
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Kaufhof Leverkusen: Schon lange herrscht Unsicherheit
Alle im Hause hätten eine Kündigung erhalten, auch der Filialleiter, sagt Frau Golla, die selbst 52 Jahre alt ist. Dass es mit dem Wiesdorfer Kaufhof zu Ende gehen könnte, das habe man schon länger befürchtet, sagt Jolanta Golla. Trotzdem sei im Leverkusener Betrieb in dieser Zeit der Unsicherheit nur eine Kündigung von Arbeitnehmerseite reingekommen, sagt sie. Das sei ein Zeichen für die Verbundenheit der Belegschaft mit dem Geschäft. Bei und nach der Versammlung sei viel geweint worden.
Die Nachricht von der Kaufhof-Schließung schlug auch in der Stadt in nicht ein wie eine Bombe, eher war sie ein erwarteter dumpfer Schlag mit Ansage in die Leverkusener Magengrube.
Die erste konkrete Absichtserklärung über eine Schließung gab es 2020 bei der Galeria-Karstadt-Kaufhof Insolvenz, aber schon vorher, 2019, war die Rede von Entlassungen und „Konsolidierung“. Seit dem Herbst 2022, der zweiten Insolvenz des Handelshauses, war die Schließung wieder Thema.
Bei der Eröffnung der Rathaus-Galerie prognostizierten Fachleute einen Verdrängungseffekt: Wiesdorf habe durch dieses neue Einkaufszentrum zu viel Verkaufsfläche, das könne nicht funktionieren. Inzwischen hat auch die Rathaus-Galerie ein ständiges Problem mit Leerständen. Auch die Kaufhof-Betriebsrätinnen haben die reduzierte Kundenfrequenz wahrgenommen, nennen mehrere Gründe: den Onlinehandel, Corona, Unsicherheit der Kunden.
Leverkusen: In der Innenstadt muss was geschehen
Aber hätte man besser vorbereitet sein können? Beim 50. Geburtstag der City A im Spätsommer 2022 hatte der Filial-Chef Thomas Przybylski gesagt, der Leverkusener Kaufhof habe einen langfristigen Mietvertrag und von einer drohender Schließung sei nicht die Rede. Przybylski führt das Haus seit März 2022.
Die Entwicklung der Fußgängerzone müsse nun mit neuer Dringlichkeit ins Zentrum der politischen Debatten rutschen. Ein weiterer langer Leerstand sei unter allen Umständen zu verhindern, schreibt Max Haake vom SPD Ortsverein Manfort-Wiesdorf in einer eilig geschriebenen Mitteilung. Die Zeiten einer Fußgängerzone mit großen Warenhäusern sei vorbei. Galeria Karstadt Kaufhof sei in der Pflicht, sich um die Mitarbeitenden zu kümmern. „Die Schließung ist ein entsetzlicher Schlag für die Belegschaft der Leverkusener Galeria Kaufhof und ihre Familien!“, pflichtete ihm Milanie Kreutz, Vorsitzende der SPD-Fraktion, in einer weiteren Mitteilung bei. Es gehe darum, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufzufangen und zu unterstützen. Für die Wiesdorfer Innenstadt müsse ein neues, funktionierendes Konzept her.
Markus Märtens, früherer Kämmerer und jetziger Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Leverkusen, liefert keine Idee, was jetzt geschehen könnte. Er schreibt: „Es ist sehr schade, dass die Leverkusener Filiale nun auch geschlossen wird. Das Traditionshaus war über viele Jahrzehnte Dreh- und Angelpunkt der Wiesdorfer Fußgängerzone. Nun gilt es, einen Nachmieter für den attraktiven Standort zu finden, um weiterhin eine lebendige und attraktive Innenstadt gewährleisten zu können. Dafür werden wir uns gemeinsam einsetzen.“ Oberbürgermeister Uwe Richrath habe mit der Filialleitung der Galeria und dem Immobilieneigentümer in engem Austausch gestanden. Die Schließung konnte er nicht verhindern.