Kinderschutzbund LeverkusenWarum Corona zu mehr Essstörungen bei Mädchen führt
Leverkusen – Die Folgen der Corona-Pandemie für Kinder- und Jugendliche sind vielfach thematisiert worden: Überlastete Familien, Bildungsrückstände, psychische Probleme. Dass diese keinesfalls überwunden sind, zeigt der Jahresbericht des Kinderschutzbund Leverkusen.
Hier gibt es Hilfe
Beratungsstelle, Bracknellstraße 32, Montag bis Donnerstag, 9 bis 16 Uhr. Termine nach Vereinbarung unter
☎ 02171 84242
Babysprechstunde
Freitag, 9.30 bis 12 Uhr ☎ 0175 3541707
wellcome
Hilfe nach der Geburt Beratung mittwochs 8 bis 10 Uhr.
Kinder- und Jugendtelefon
☎ 116 111, Montag bis Samstag, 14 bis 20 Uhr.Jugendliche beraten Jugendliche ☎ 116 111, Samstag 14 bis 20 Uhr.Rund um die Uhr Email-Beratung
Elterntelefon
☎ 0800 111 0 550, Montag - Freitag 9 bis 17 Uhr, Dienstag und Donnerstag 17 bis 19 Uhr
Kinderschutzbund Leverkusen im Internet
635 Beratungsgespräche mit Eltern, Kindern, Angehörigen, Lehrern oder Erzieherinnen haben die Mitarbeitenden im Jahr 2021 geführt. Und das unter weiter erschwerten Bedingungen, da Präsenzberatungen teilweise gar nicht oder nur unter Auflagen möglich waren.
Schwerpunkt Trennung und Scheidung
Mehr als ein Drittel der Hilfesuchenden kamen aufgrund von Trennung oder Scheidung, 28 Prozent wegen Verhaltensauffälligkeiten beim Kind. Auch häusliche Gewalt (22 Prozent) und sexualisierte Gewalt (15 Prozent) gehörten zu den Themenschwerpunkten der Beratungen.
„Mit den häufigen und längeren Betreuungszeiten, die die Eltern für ihre Kinder bereithalten mussten, wuchs die Anspannung in den Familien“, resümiert der Kinderschutzbund. Zwar waren Schulen und Kindergärten den größten Teil des Jahres offen, was „in dieser Situation hilfreich war“. Aber durch Erkrankungen und Quarantänezeiten mussten Kinder eben doch häufiger zu Hause bleiben, was vor allem die Belastung bei getrennt lebenden Eltern deutlich gesteigert habe und damit Konfliktpotenzial entwickelt.
Probleme mit Schulbesuch
„Auffällig war auch, dass die Kinder von Eltern mit einem niedrigen Bildungsniveau nur schlecht begleitet werden konnten“, stellt der Kinderschutzbund fest. Dies habe zu weiteren Lerndefiziten geführt, die die Bildungschancen dieser Kinder weiter verschlechtern. Unabhängig vom Elternhaus habe generell die Bereitschaft zum Schulbesuch abgenommen. Ein voller Kühlschrank und lernen im Bett – viele wollten das oft sehr bequeme Zuhause nicht mehr verlassen. Andere hatten Probleme, sich wieder an die Verschiebung des Alltagsrhythmus zu gewöhnen und pünktlich in die Schule zu kommen.
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Neben den schulischen Leistungen hätten sich in den Beratungen auch deutliche psychische Probleme besonders bei Jugendlichen gezeigt: „Zahlreiche Mädchen, die den Weg in die Beratungsstelle fanden, berichteten von Essstörungen und psychischen Auffälligkeiten wie Depressionen.“
Diese Schwierigkeiten hätten sich schon vorher abgezeichnet, wurden aber verstärkt, als es keinen direkten Kontakt mehr zu Gleichaltrigen gab. „Die ständige Beschäftigung mit sich selbst und der größtenteils nur virtuelle Kontakt zu Freunden führte bei vielen Mädchen zu dem Eindruck, dass sie die Kontrolle über ihr Leben verloren haben.“ Wer das Essen kontrolliere, bekomme den Eindruck, dass er damit zumindest sein Gewicht unter Kontrolle habe.
Angst der Eltern verstärkt Probleme
Bei Kindergartenkindern stellten die Psychologen einen Zusammenhang mit dem Verhalten der Eltern fest: Kinder, deren Bezugspersonen auf die Pandemie sehr ängstlich reagierten, zeigten sich selbst auch auffälliger als andere. Sie seien dann ebenfalls sehr vorsichtig geworden, beschrieben, dass sie Angst hätten, sich anzustecken, und suchten deshalb weniger Kontakt. Was wiederum zu Entwicklungsproblemen führen kann.
Neue Angebote
Neu im Angebot des Kinderschutzbundes ist das Programm „Jugendliche beraten Jugendliche“. Finanziell wurde das Programm möglich durch die Stiftung „Wunschpunkte für Kinder“, allerdings sei es in der Pandemie schwierig gewesen, interessierte Jugendliche zu erreichen. „Umso mehr freuen wir uns darüber, dass es uns letztlich möglich war, fünf überaus engagierte Jugendliche im Alter zwischen 16 und 24 Jahren auszubilden“, schreibt der Kinderschutzbund. Zukünftig werden sie immer samstags von 14 bis 20 Uhr in Zweierteams am Kinder- und Jugendtelefon im Einsatz sein.
Zwei Mitarbeiterinnen für Babylotsen
Außerdem hat der Kinderschutzbund zum 1. November 2021 die Trägerschaft für das neue Projekt der „Babylotsen“ übernommen, das Teil des Netzwerkes „Frühe Hilfen“ ist. Für die Umsetzung sind zwei Erzieherinnen beziehungsweise Heilpädagoginnen als Babylotsen eingestellt, das Angebot soll allen Schwangeren und jungen Müttern in Leverkusen zur Verfügung stehen. In diesem Jahr soll eine Kooperation mit dem Klinikum Leverkusen aufgebaut werden.
„Insgesamt bleibt über das letzte Jahr festzuhalten, dass es viele Unsicherheiten für Eltern und Kinder zu bewältigen gab, was bei instabilen Eltern und deren Kindern sicher weniger gut gelungen ist als in Familien mit stabilen Verhältnissen", zieht der Kinderschutzbund sein Fazit. An Arbeit wird es sicher auch im laufenden Jahr nicht mangeln. Mithilfe und Spenden sind daher jederzeit willkommen.