Kriminalität in LeverkusenZahl der Sexualdelikte steigt dramatisch an
Leverkusen – Die Zahlen sind auf den ersten Blick erfreulich: Weniger Straftaten und gleichzeitig eine minimal höhere Aufklärungsquoten meldet die Polizei in ihrem Kriminalitätsbericht für 2021. „Wir verzeichnen die niedrigsten Kriminalitätsfallzahlen seit über 30 Jahren und die zweithöchste Aufklärungsquote seit 1970“, sagt Klaus-Stephan Becker, der Leiter der Direktion Kriminalität, ein wenig stolz.
9537 Straftaten wurden registriert: 922 Fälle weniger als im Vorjahr, das ist ein Rückgang um fast neun Prozent. Aufgeklärt werden konnte etwas mehr als die Hälfte: 51,26 Prozent (2020: 50,74 Prozent). Und auch die Kriminalitätshäufigkeitszahl, die Aufschluss über die Häufigkeit von Straftaten in Relation zur Bevölkerungszahl gibt, ist in Leverkusen rückläufig.
Starke Zunahme an Kinderpornografie
Bei einem genaueren Blick auf die Aufschlüsslung ist das Bild aber weniger rosig. Denn die deutlichen Rückgänge liegen in den Bereichen Fahrrad- und Taschendiebstahl, was zwar ärgerlich ist. Aber weniger schockierend, als das, was unter Zunahmen zu lesen ist. 246 Sexualdelikte, plus 58 Prozent. Davon 24 Vergewaltigungen oder schwere sexuelle Nötigungen, eine mehr als im Vorjahr. 40 Mal sexueller Missbrauch an Kindern, ein Plus von 38 Prozent. Und 73 Fälle von Kinderpornografie, eine Steigerung um 121 Prozent. „Kriminalität ist digitaler geworden, das zeigt sich zum Beispiel bei Ermittlungen zur Kinderpornografie und zum sexuellen Missbrauch von Kindern“, sagt Becker. Das stelle seine Abteilung mit rund 1200 Beschäftigten vor „ganz neuen Herausforderung in personeller, logistischer und technischer Sicht.“
Weniger Diebstähle
Dass die Pandemie für die sinkende Zahl an Taschendiebstähle und Wohnungseinbrüche verantwortlich ist, ist eindeutig: Wenn Einkaufsmeilen geschlossen sind, gibt es keine Taschen zum Ausrauben, wenn alle immer zu Hause sind, kaum Chancen auf unbemerkte Einbrüche. Zugenommen haben nur Diebstähle von oder aus Autos (plus 6,6 Prozent) und Motorrädern (plus 13 Prozent). Ob auch der Grund für den starken Anstieg an Sexualdelikten in der Pandemie zu suchen ist, lässt sich schwerer nachweisen. Doch warnen Frauen- und Kinderschutzverbände schon lange davor, dass Lockdown und Quarantäne die Gewalt gegen Frauen und Kinder verschärft.
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Erschreckend ist auch die Zahl der jungen Tatverdächtigen im Bereich der Sexualdelikte. 175 Tatverdächtige konnte in dem Bereich ermittelt werden, davon waren 164 männlich und jeder Dritte unter 21 Jahren.
Zwei große Nullen prangen in den Spalten für Mord und Totschlag – das allerdings ist ein Fehler, wie die Polizei auf Nachfrage gesteht.
Denn eigentlich müsste die Messerattacke in der Waldsiedlung vom April 2021 dort aufgeführt sein, der Täter wurde im November wegen versuchten Mordes verurteilt. Und die Statistik differenziert nicht zwischen versuchten und vollendeten Delikten, wie es auch im Vorwort heißt.
Bei den beiden aufgeführten „Straftaten gegen das Leben“ handele es sich um Fälle von fahrlässiger Tötung, wie sie etwa bei Verkehrsunfällen vorkommen. Um welche Fälle es sich genau handelt, ist nicht ersichtlich.
Klar ist allerdings, dass die Polizei sich nicht auf den sinkenden Fallzahlen ausruhen kann. Zumal im zweiten Halbjahr 2021 „die Kriminalitätszahlen mit weitreichenden Lockerungen wieder deutlich angestiegen sind“, wie Becker berichtet. Und erst recht nicht, wenn es um Gewalt an Kindern geht.