Leverkusen – Einen Nachweis umfassender Ohnmacht hat am Freitag der Umweltausschuss im Rathaus erbracht. Eine Sondersitzung, in der ausschließlich Anträge der Bürgerliste beraten wurden, die sich mit den Umständen der schon in den nächsten Wochen anstehenden erneuten Inbetriebnahme des havarierten Chemiemüll-Ofens befassten, blieb ohne greifbares Ergebnis. Im besten Fall wurden die Anträge vertagt; meist aber erklärte eine erdrückende Mehrheit die städtische Politik für nicht zuständig oder lehnte die Forderungen gleich ganz ab.
Erhard Schoofs kämpfte auf verlorenem Posten, einzig Frank Pathe von der Klimaliste sprang dem Fraktionschef der Bürgerliste bei, manchmal auch Gisela Kronenberg, die früher bei den Linken war.
Das Vertrauen ist erschüttert
Ob es nun um die 110-Kilovolt-Leitung ging, die im Luftraum über der Anlage hängt und wegen eines Erdschlusses die Löscharbeiten am 27. Juli lange behinderte. Oder um die vielen sonstigen Fragen: Schoofs drang nicht durch am Freitagnachmittag. Es blieb bei Äußerungen des Unbehagens, die hier und da fielen: „Es ist viel Vertrauen kaputt gegangen“, stellte etwa Dirk Löb (SPD) fest. Während Tim Feister zunächst Schoofs angriff. Er verbreite Halbwissen und schüre Ängste bei den Bürgern. Auch die CDU werde das Thema Bürrig „ganz genau begucken, aber auf der Sachebene“.
Frank Pathe zeigte einen weit kritischeren Ansatz. Für ihn hat sich im Lauf der bisherigen Aufarbeitung der Katastrophe gezeigt, „dass es Schwachstellen gibt. Die Anlage ist nicht betriebssicher“, so sein Eindruck. Deshalb müsse ihre Konfiguration an vielen Stellen verändert werden. Das zu fordern, sei durchaus Sache des Stadtrats. Die am Freitag zur Schau getragene Zurückhaltung der Mehrheit konnte der Mann von der Klimaliste auch nicht nachvollziehen: „Zur Autobahn äußern wir uns ja auch, obwohl das Sache von Bund und Land ist.“
Streitfall Stromleitung
Mit Blick auf die Stromleitung sagte Gerd Wölwer: „Wir sind nicht zuständig.“ Tatsächlich ist es Sache der Kölner Bezirksregierung, eine Verlegung des Stromkabels zu veranlassen. Dass dies geschieht, ist nach den Äußerungen aus der Zeughausstraße zu diesem Punkt unwahrscheinlich. Aber eine schnelle Abschaltung soll in Zukunft garantiert sein. Eine Lösung, mit der sich der Grüne Wölwer anfreunden kann: Maßgeblich sei, „dass es sicher ist“.
Gisela Kronenberg wunderte sich mit Blick auf die Leitung und die Schwierigkeit, sie nach der Explosion schnell abzuschalten, dass das Werkzeug dafür nicht da war. „Ich frage mich, wie das in so einer Firma sein kann.“ Dass alles so bleiben kann wie es ist, weil die Anlage vor rund fünf Jahrzehnten mal so genehmigt worden ist, hält Erhard Schoofs für ein Unding: „Damit können wir uns doch nicht zufrieden geben“, war seine Forderung, die aber kaum Echo fand.
Dieses Jahr kommt ein neuer Notfallplan
Strittig war auch das Thema Notfallpläne. Hermann Greven, Chef der städtischen Feuerwehr, widersprach der Behauptung von Erhard Schoofs, im Rathaus werde das Thema sträflich vernachlässigt. Der derzeit gültige externe Notfallplan stamme von 2019 und werde pflichtgemäß in diesem Jahr überarbeitet. Dass es nur einen Plan gibt, der das Handeln im Störfall sowohl im Chempark als auch im Bürriger Entsorgungszentrum regelt, hält er für unproblematisch.
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Bleibt das Unwohlsein mit den 264.000 Tonnen Chemiemüll, die jedes Jahr in Bürrig verbrannt werden können und aus der ganzen Welt nach Leverkusen gebracht werden. Das sei zu begrenzen, fordert die Bürgerliste, und in diesem Punkt gehen die Grünen darüber hinaus: „Im Abfallrecht ist das Prinzip der ortsnahen Entsorgung festgeschrieben“, erklärte Gerd Wölwer. Nur: „Wir können das fordern, aber wir sind nicht zuständig.“ Am Montag wird weiterdebattiert.