Leverkusener ChemieunfallEnde Februar soll klar sein, wann der Müllofen wieder läuft
Leverkusen – In knapp drei Wochen soll Klarheit herrschen darüber, wie und wann der havarierte Sondermüllofen in Bürrig wieder angefahren werden kann. So plant es jedenfalls Christian Jochum. Der Experte für Störfälle habe im „Begleitkreis“ angekündigt, in der nächsten Zusammenkunft am 23. Februar einen Fahrplan für die Wiederinbetriebnahme nach der Explosion vorlegen zu wollen. So berichten es Teilnehmer aus dem zweiten Treffen vom Donnerstagabend, das wiederum nichtöffentlich war. Danach will die von Jochum angeführte Kommission tatsächlich an die Öffentlichkeit: Ihre Beurteilung solle allgemein zugänglich sein, hieß es.
Unterdessen wird das Klima zusehends rauer: In der Nachbarschaft erwäge man, Currenta anzuzeigen wegen der vielen unbeantworteten Fragen und Pannen vor, bei und nach der Explosion, kündigte Peter Odenthal an. Der pensionierte Bayer-Umweltspezialist äußerte sich wiederum sehr kritisch. So bemängelte er, dass die Verantwortlichen sich immer noch nicht der Öffentlichkeit gestellt hätten. „Kommen Sie mal in Bürrig auf die Bühne“, forderte er.
Abstand soll neu berechnet werden
Zudem wollte er wissen, ob die Jochum-Kommission sich auch mit Grundsatzfragen wie dem Abstand der Anlagen zu den Wohnhäusern befasse. Antwort des Professors, der einst die deutsche Störfallkommission leitete und zuletzt die Umweltschäden an der Shell-Raffinerie ein paar Kilometer rheinaufwärts untersuchte – ebenfalls an der Spitze eines Begleitkreises: „Wir werden nachrechnen, ob das aus heutiger Sicht in Ordnung ist.“
Das gehöre zu seiner Begutachtung des Sicherheitskonzeptes von Currenta, mit dem die Katastrophe vom 27. Juli, die sieben Menschen das Leben kostete, nicht verhindert werden konnte. Und er schaut sich an, was danach noch schief gelaufen ist und woran das lag. Gemeint ist vor allem die monatelang unbemerkt gebliebene Leckage eines Tanks, in dem ein Lösch- und Abwassergemisch gebunkert war. Auch das Thema Starkstromleitung werde betrachtet, hieß es von Jochum. Und das Tanklager, in dem die Explosion passierte.
Erst der Ofen, dann der Rest
Zum Schluss wolle sich seine Kommission auch die beiden anderen Teile des Bürger Entsorgungszentrums anschauen: das Klärwerk und die Giftmülldeponie, und dort sowohl den aufgegebenen und abgesicherten als auch den neuen Teil, auf dem in diesen Tagen wieder belasteter Boden aus der Altlast abgeladen wird. Von der Autobahnbaustelle. Dafür gab es wiederum eine Sondergenehmigung der Bezirksregierung.
Die Aufsichtsbehörde war auch am Donnerstagabend gefragt. Denn über den Schreibtisch des dortigen Leiters der Abteilung Umwelt und Arbeitsschutz, Horst Büther, geht alles, was mit dem Bürriger Entsorgungsverbund für Problemstoffe zusammenhängt. Man wird dort also auch beurteilen, ob das Tanklager wieder aufgebaut werden kann oder ob es völlig anders konzipiert werden muss.
Das, so machte der Mann von der Kölner Bezirksregierung auch klar, werde man nicht allein entscheiden. Wegen der Tragweite der Katastrophe sei das Umweltministerium des Landes bei Genehmigungsfragen diesmal eng eingebunden. Anders gesagt: Ministerin Ursula Heinen-Esser guckt den Kölnern auf die Finger.
Tankwagen statt Tanklager
Weil immerhin unzweifelhaft ist, dass es ein neues Tanklager ohne Genehmigung nicht geben wird, plane Currenta, den Chemiemüllofen ohne Puffertanks wieder anzufahren. Das machte der Technik-Chef des Chempark-Betreibers, Hans Gennen, deutlich. Zunächst soll also der Sondermüll direkt von Tankwagen in den Drehrohrofen abgelassen werden. Eine Aussicht, die zum Beispiel Erhard Schoofs überhaupt nicht glücklich macht: Damit würden die Gefahren auf die Transporte und damit auf die Straße verlagert, sagte der Fraktionschef der Bürgerliste im Stadtrat.
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Ob dieses Risiko vertretbar ist, werde man genau prüfen, versicherte Jochum: „Uns interessiert überhaupt nicht, ob Currenta hier Geld verdient. Und unser Auftrag ist auch nicht, die Anlage auf Biegen und Brechen wieder in Betrieb zu nehmen.“