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Stadtteil entsteht vor 70 JahrenAlkenrath sollte Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg lindern

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Vor 70 Jahren entstand der Stadtteil Alkenrath.

Vor 70 Jahren entstand der Stadtteil Alkenrath.

Alkenrath wird 70 Jahre alt. Im Herbst 1954 fand der erste Spatenstich für den neuen Stadtteil statt. Er sollte die Wohnungsnot lindern helfen.

Es sollte eine „kleine, moderne Siedlung“ werden, wo knapp 5000 Menschen ihre Heimat finden und die alles enthält, was so ein Städtchen braucht – von einer Schule, über Kirche und Schwimmbad bis zu Arzt und Apotheke: Am 4. Februar 1954 schreibt die Kölnische Rundschau über das sogenannte Schwerpunktprogramm des Wiederaufbauministeriums, bei dem die Landesregierung bei Städten, wo entsprechendes Land zur Verfügung steht, solche Siedlungspläne hegt. Das Gelände zwischen Bürgerbusch, Autobahn, der damaligen Eisenbahnstrecke und Schlebusch sollte so ein Ort sein. Dass sich das Gebiet „ausgezeichnet“ eigne, war bereits im Jahr zuvor festgestellt worden.

Sich mit der Alkenrather Geschichte viel beschäftigt hat Reinhold Braun, Vorsitzender des Bergischen Geschichtsvereins, Abteilung Leverkusen-Niederwupper. Er hat diverse Zeitungsartikel und Fotos aus der Zeit zusammengetragen. Braun selbst ist 1957 mit seinen Eltern nach Alkenrath gezogen und hat dort in der Alkenrather Straße 63 bis 1979 gewohnt, seine Mutter noch bis zu ihrem Tod in 1991, erzählt er. Von 1979 bis 1989 war Braun Mitglied in der Bezirksvertretung III und hatte auch in dieser Zeit „viel mit Alkenrath zu tun gehabt“.

Die Kirche in Alkenrath

Die Kirche in Alkenrath im Jahr 1958.

Für den neuen Stadtteil waren in einem ersten Bauabschnitt 500 Wohnungen geplant, insgesamt sollten 1000 Wohnungen kommen, für Strom würde die RWE-Leitung sorgen. 20 bis 25 Millionen D-Mark sollte das Gesamtprojekt laut Artikel kosten. Ganz unumstritten war dieser Plan nicht.

Alkenrath, Blick über den Weiher

In Alkenrath soll eine Kita und Seniorenhochhaus entstehen.

Aus dem damaligen Kommunalpolitischen Ausschuss der CDU, in der das Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt hat, sind auch Kritikpunkte überliefert: Nicht jeder war für den Kauf des Gut Alkenraths, dessen Pächter entschädigt werden müsste – allerdings würde die Stadt laut dem damaligen Bürgermeister Dott „dieses 572.000 Quadratmeter große Gelände zu einem verhältnismäßig günstigen Preis, etwa 2,10 D-Mark pro Quadratmeter“ erhalten. Die Mehrheit neigte jedoch zum Kauf.

Die Schlebuscher allerdings „ständen dem Projekt skeptisch gegenüber, weil die Einheimischen vielleicht wieder zu kurz dabei kämen“, zitiert der Zeitungsartikel den Stadtverordneten Siefen. Für das Projekt habe gesprochen, dass „endlich die jungen Leute zu Wohnung und Familiengründung“ kommen würden.

Leverkusen: Chance für junge Leute, an eine Wohnung zu kommen

Die Neue Rhein-Zeitung (NRZ) schreibt davon, dass die Wohnungsnot in Leverkusen nach dem Zweiten Weltkrieg besonders groß gewesen sei: „Immer noch werden 3919 Wohnungen von über 10.000 Personen gesucht und jährlich ziehen nach wie vor 2000 bis 3000 Personen zu.“ Bedenken, ob nicht Auflagen gemacht würden, welcher Personenkreis in die Wohnungen eingewiesen werden müsste, sei im Laufe der politischen Debatte „zerstreut“ worden, schreibt die NRZ: „Die einzige Auflage sei, dass vornehmlich Arbeitnehmer aus der Industrie hier angesiedelt werden sollten.“ Man dürfe also hoffen, dass sich nach Durchführung dieses Projekts wirklich einmal die Zahl der Wohnungssuchenden senke.

Alkenrath von der Luft aus gesehen. (Archivfoto)

Alkenrath von der Luft aus gesehen. (Archivfoto)

Doch schon damals gab es die gleichen Gedanken wie heute: Bürger bemängelten, dass mit dem Bebbauungsplan „wieder ein Stück Grün aus der Stadt verschwinde“. Die Themen wiederholen sich eben.

Am 18. September 1954 war es so weit: Die ersten Bauarbeiter auf dem Alkenrather Gelände begannen mit den Vorbereitungen für die neue Siedlung, die in „ihrer Gesamtheit ein geschlossenes Ganzes“ bilden und als Nachbarschaft an die bestehenden Ortsteile angegliedert werden sollte, wie es in der NRZ in einem Artikel vom Herbst 1954 heißt. Im selben Artikel wurde vom Journalisten Peter Fuchs allerdings moniert, dass die Stadtverwaltung Interessierte und Betroffene zu einer Informationsveranstaltung eingeladen hatte – nur die Presse nicht. „Wir wissen es nicht, welche Gründe es sind, die im Fall Alkenrath haben zurückhalten lassen, wir hoffen aber, dass man nichts zu verbergen hat. Die Öffentlichkeit hat ein Recht, an einem so großen Projekt laufend beteiligt zu werden.“

Alkenrath ist somit der jüngste Stadtteil der Stadt Leverkusen. Der größte Teil der Siedlung entstand bis 1957, um 1960 gab es noch einmal eine große Erweiterung des Stadtteils, heißt es Stadtteilporträt der Wirtschaftsförderung Leverkusen. Aktuell wird in Alkenrath kontrovers diskutiert: Seit Jahren ist geplant, auf dem ehemaligen Gelände des evangelischen Gemeindezentrums am Alkenrather Weiher von einem Investor eine Kindertagesstätte und ein Hochhaus mit Seniorenwohnungen für betreutes Wohnen errichten zu lassen.