Die Eheleute sollen das Leverkusener Jobcenter um 170.000 Euro betrogen haben.
Ein Betrug folgte dem nächstenAngeklagte aus Leverkusener Großfamilie legen Geständnisse ab
Das Vernünftigste, was überführte Straftäter vor Gericht machen können, ist, ein Geständnis abzulegen. Die beiden verheirateten Mitglieder einer Leverkusener Großfamilie taten das am Mittwoch, 20. März, im Kölner Landgericht; ihnen winkt ein kleiner Strafnachlass, das hatten Richterin Sabine Grobecker, Staatsanwaltschaft und Verteidigung am vorherigen Prozesstag ausgehandelt.
Den Eheleuten wird vorgeworfen, das Jobcenter um 170.000 Euro betrogen zu haben, weil sie in Wirklichkeit nicht bedürftig gewesen seien. Der Betrug wurde unter anderem bei einer Razzia festgestellt, bei der ein Mercedes sichergestellt wurde sowie Schmuck und zwei echte Rolex-Uhren in der Wohnung der Hartz-IV-Bezieher und ein Bündel Bargeld (26.000 Euro), das im Sofa eingenäht war, gefunden wurden.
In den Geständnissen, die von den beiden Anwälten der Eheleute vorgelesen wurden, wurde deutlich, dass das Leben als Betrüger und auch im Beziehungsnetzwerk der stadtbekannten Leverkusener Großfamilie kein reines Zuckerschlecken ist. Zumindest dem Ehemann scheint nach 2018 nichts anderes eingefallen zu sein, als straffällig zu werden, sobald das Geld knapp wurde. Kriminell handelte der heute 45-jährige Mann selbst dann, als er unter Bewährung stand, das gab der Angeklagte in seiner Einlassung bekannt.
Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln
- Neue Klage gegen Erzbistum Als angehende Messdienerin missbraucht – Kölnerin fordert hohe Geldsumme
- Alarmierende Zahlen Schaden durch Wirtschaftskriminalität hat sich in NRW verdoppelt
- „Drive-by-Shooting“ in Köln Prozess um Attentat auf Geschäftsmann endet mit Freispruch
- Auf Facebook Richterin und Kollegen beleidigt? Kölner Strafverteidiger landet selbst auf Anklagebank
- Kölner „Heiler“ ist beschuldigt Frau in Pakistan ermordet – Zeugen werden zum Prozess eingeflogen
- Prozess Üble Keilerei in einer Leverkusener Werkstatt
- Fahrraddiebstähle auch in Oberberg Verteidigung übt vor Gericht Kritik am Vorgehen der Polizei
Im Schlepptau mit dem „Don“ ins Gefängnis
2018, nach der Razzia, hatte ihn das Landgericht zu drei Jahren und sechs Monaten verurteilt, quasi im Schlepptau eines anderen Leverkusener Großfamilienmitglieds, das unter dem Namen „Don“ als skrupelloser Teppich-Trickbetrüger bekannt geworden war und ebenfalls verurteilt wurde.
Vier Kinder hat das Ehepaar. Nach der Entlassung des Ehemanns aus dem Gefängnis 2022 stellte man fest, dass die finanzielle Lage der Familie nach der langen Haft desolat war; natürlich auch deshalb, weil das betrogene Jobcenter die Zahlungen eingestellt hatte. Der 45-Jährige nahm aber keinen Job an, er begab sich stattdessen in die Schweiz, um dort „bedauerlicherweise mit geschäftlichen Tätigkeiten“ die Kasse aufzubessern, wie er im Geständnis verlauten ließ. Ein Betrug folgte dem nächsten.
Leverkusen: „Teppichhandel“ schon früh kennengelernt
Die Folge war, dass der Wiesdorfer durch das Regionalgericht Oberland im Juni 2023 zu den nächsten 15 Monaten Haft verurteilt wurde. Erst im Januar 2024 sei er aus der Haft entlassen worden, heißt es im Geständnis. Die Haft in der Schweiz habe ihn psychisch stark mitgenommen. Seinen Gemütszustand will der Leverkusener jetzt mithilfe von therapeutischen Gesprächen in Ordnung bringen. Die Tätigkeit „Teppichhandel“, die oft als eine Einnahmequelle der stadtbekannten Leverkusener Großfamilie genannt wurde, habe der Mann schon als Jugendlicher kennengelernt, er sei als Schüler einer Hauptschule viel mit Verwandten herumgereist, weshalb er oft in der Schule gefehlt hatte.
Immerhin: Die Ehe laufe nun besser, das war nicht immer so. Beide Eheleute berichten von Ehekrachs und Zerwürfnissen über die Jahre. Waren die beiden seit 1998 nach Roma-Ritus verheiratet, sei man seit 2022 auch standesamtlich getraut.
Die Frau, eine gebürtige Schlebuscherin, sagt im Geständnis, auch sie habe gewusst, dass der Bezug der Stütze nicht rechtmäßig gewesen sei. Sie will ansonsten wenig Einblick in die Geschäfte gehabt, wenig vom Wert der versteckten Reichtümer mitbekommen haben. Sie dürfte mit einer Bewährungsstrafe davonkommen, ihr Mann kommt ganz sicher an erneuter Haft nicht vorbei.
Ein Polizist, der an den Ermittlungen und an der Razzia am 14. März 2018 beteiligt war, berichtet dem Gericht, dass die Männer zwar oft nicht bei den Frauen gemeldet seien, aber dennoch bei ihnen wohnten, das hätten die Ermittlungen ergeben. Er erinnerte sich an die prunkvoll und verschnörkelte Einrichtung des Paars. Der Prozess wird fortgesetzt.