Ausbilder in Corona-Zeiten„Die Zahl der Bewerbungen ist zurückgegangen“
Leverkusen – Neue Firma, neues Kollegium, neue Aufgaben: Wo man früher einfach das Büro wechseln konnte, um wen um Rat zu fragen oder sich in der Azubigruppe getroffen hat, findet heute vieles nur online statt. Auch die berufliche Ausbildung ist ganz anders.
Bei Nösse Datentechnik in Quettingen sind Michelangelo Bellissimo und Nadine Sichelschmidt für den Nachwuchs zuständig. Er als Ausbildungsleiter und sie als Personalreferentin. Ihre 18 Auszubildenden arbeiten teils im Home Office, teils vor Ort, wo sie auch den Kontakt zu ihren Mentoren haben. Über einen „Teamchannel“ halten die Azubis der verschiedenen Fachrichtungen Kontakt. Kaufmann oder Kauffrau für Groß- und Außenhandelsmanagement, Fachinformatikerin oder Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung oder Systemintegration oder IT Systemelektronikerin oder -elektroniker kann man derzeit bei Nösse werden. Und die Firma hat Glück: Was sie anbietet (unter anderem auch Lösungen für Home Office) wird gerade gebraucht.
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Drei Verträge für den nächsten Ausbildungsjahrgang sind bereits unterschrieben, erzählt Nadine Sichelschmidt, zwei Bewerber suchen sie noch. Grundsätzlich merkt sie aber schon: „Die Zahl der Bewerbungen ist zurückgegangen, gerade in Corona-Zeiten“, erzählt die 41-Jährige, die sich um Personalrecruiting kümmert. Vielleicht, weil grade Anlaufstellen fehlten, überlegt sie. Messen, Infotage an Berufschulen: Alles gestrichen wegen der Pandemie.Viele Schulabgänger möchten auch studieren, hat Michelangelo Bellissimo, der sich seit 2009 um den Ausbildungsbereich kümmert, beobachtet. „Dann merken viele, dass es doch zu trocken ist“, sagt der 55-Jährige schmunzelnd: Studienabbrecher nehmen die Quettinger mit offenen Armen auf.
Klare Erwartungshaltung
Was sich auch abseits von Corona bei den Bewerbungen verändert hat? Vor fünf Jahren war es deutlich einfacher, jemanden zu finden, räumt Bellissimo ein. Sichelschmidt hat beobachtet, dass viele Azubis „eine klare Erwartungshaltung“ hätten.
Und ja, seien Azubis früher bei Bewerbungsgesprächen durchaus „herausgeputzt“ gewesen, so sehe sie heute den Nachwuchs im T-Shirt sitzen. Die Herausforderung ist, dass man zueinander passt: „Es ist für viele attraktiver, einen großen Namen im Lebenslauf zu haben“, erklärt Sichelschmidt. Die Herausforderung eines mittelständischen Unternehmens mit 86 Mitarbeitenden, wie es Nösse derzeit ist, sei, zu zeigen: „Wir können mithalten.“ Die Firma punktet damit, dass sie von ihren Auszubildenden bislang knapp zwei Drittel übernommen hat. „Es wird immer wichtiger für die jungen Leute, eine Perspektive zu haben“, betont Sichelschmidt. Die wollen sie bieten: „Wir suchen die Kollegen von morgen.“