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BriefkastenfirmenFinanzministerium: Stadt Leverkusen ist sehr wohl verantwortlich

Lesezeit 3 Minuten
Hitdorf Lohrstraße 81. Über 20 Briefkastenfirmen im leeren Einfamilienhaus. Foto: Ralf Krieger

Welche dieser Firmen hat hier den wirklichen Firmensitz? Über 20 Briefkastenfirmen in einem leeren Einfamilienhaus in Hitdorf. (Archivbild)

Laut Landesfinanzministerium NRW ist die Stadt Leverkusen für die Prüfung von Briefkastenfirmen verantwortlich

Das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen widerspricht der Stadt Leverkusen und stellt klar: Die Stadtverwaltung ist sehr wohl verantwortlich und muss prüfen, ob eine Gewerbeanmeldung einen realen Hintergrund hat. Oder ob sich nur die nächste Firma wegen der günstigen Gewerbesteuer an einer Briefkastenadresse in Leverkusen anmeldet. Das ergab eine Anfrage des „Leverkusener Anzeigers“ im Finanzministerium des Landes NRW. Hintergrund: Die Stadt Leverkusen hatte sich anlässlich einer kritischen Nachfrage der Leverkusener Grünen herausgeredet: „Es obliegt der Finanzverwaltung im Rahmen von Betriebsprüfungen, Verstöße gegen das geltende Steuerrecht festzustellen und zu ahnden.“

Das Ministerium sieht dagegen neben den Finanzämtern auch die Stadt klar in der Pflicht: Sie sei „Steuergläubigerin“ und habe sowohl bei der Gewerbeanmeldung als auch danach die Verantwortung, ihre eigene Berechtigung zur Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer für ein Unternehmen eigenständig zu prüfen.

Die Stadt Leverkusen genehmigt die Ansiedlung, ist also verantwortlich

Die Stadt Leverkusen genehmige schließlich Gewerbeansiedlungen. Und damit legt sie auch den Ort fest, in dem die Gewerbesteuer bezahlt werden muss. Das Unternehmen, das sich ansiedeln will, bekomme von der Stadt einen Bescheid, in dem steht, welche Gemeinde zur Erhebung der Gewerbesteuer berechtigt sei. In der Regel ist das die Stadt Leverkusen selbst. Das Finanzamt ermittelt die Höhe der Gewerbesteuer und teilt die Höhe der Stadt mit, die diesen Grundbetrag mit ihrem niedrigen oder hohen Gewerbesteuer-Hebesatz (Leverkusen: 250 Prozent) anhebt und einzieht.

Diese „Hebeberechtigung“, also die Lizenz zum Steuereinnehmen, sei von der Stadt beim Erlass des Gewerbesteuerbescheides zu prüfen. Die Finanzverwaltung unterstütze Kommunen dabei, tatsächliche Betriebsstandorte zu überprüfen, schreibt das Finanzministerium.

Die Entwicklung läuft fast zwangsläufig: Sobald eine Stadt ihren Gewerbesteuerhebesatz senkt, siedeln sich Firmen an. Auch sogenannte Briefkastenfirmen, die ihren Firmensitz lediglich pro forma in eine Stadt mit günstiger Gewerbesteuer verlegen. Das ist so auch in Leverkusen geschehen, nachdem die Stadt den Satz 2020 auf günstige 250 Prozentpunkte gesenkt hat.

Gewerbean- und -abmeldungen (ohne Automatenaufsteller) Quelle: IT.NRW

Gewerbean- und -abmeldungen (ohne Automatenaufsteller) Quelle: IT.NRW

Über das Gewerbesteuer-Dumping der Nachbargemeinden Monheim (250 Prozent) und Langenfeld (299) war Leverkusen so lange nicht glücklich, bis man sich selbst auf den niedrigsten Satz festlegte. Danach, so eine unbestätigte Information, soll Bayer seine Patentabteilung aus Monheim zurück nach Leverkusen geholt haben. Die Zahl der gemeldeten Gewerbe in Leverkusen ist deutlich gestiegen, seit über die Senkung gesprochen wird, das zeigt die Statistik. 2023 gab es in Leverkusen 2 765 Anmeldungen, im Vergleich dazu wirken 1 337 im Jahr 2016 doch sehr mager.

Grundsätzlich ist also auch die Stadt verantwortlich. Unklar sind die möglichen Folgen für die Angestellten, die womöglich wissentlich massenweise falsche Gewerbesteueranmeldungen akzeptieren. Die Unternehmen, die bezüglich ihres echten Firmensitzes falsche Angaben machen, könnten sich, abgesehen vom Steuervergehen, auch eines Meldevergehens schuldig machen, sagt ein Leverkusener Steuerberater.