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AntragCDU, SPD und Grüne Leverkusen geraten wegen Arbeitspflicht für Geflüchtete aneinander

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Die Landesunterkunft im ehemaligen Freibad Auermühle. (Archivfoto)

Die Landesunterkunft im ehemaligen Freibad Auermühle. (Archivfoto)

Die CDU fordert eine Arbeitspflicht nach Asylbewerberleistungsgesetz, das ruft die Grünen und die SPD auf den Plan.

Die CDU Leverkusen beantragt die Einführung einer Arbeitspflicht für Geflüchtete in Leverkusen. Dazu haben die Christdemokraten einen Antrag formuliert. So soll die Verwaltung erläutern, wo Geflüchtete bei der Stadt, bei Stadttöchtern, Vereinen oder Sozialverbänden beschäftigt werden könnten. Außerdem soll die Stadt ein Konzept erarbeiten, in dem sie zeigt, wie Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden könnten.

Dabei bezieht die CDU sich auf Paragraf fünf des Asylbewerberleistungsgesetzes. Darin heißt es unter anderem: „Im Übrigen sollen so weit wie möglich Arbeitsgelegenheiten bei staatlichen, bei kommunalen und bei gemeinnützigen Trägern zur Verfügung gestellt werden, wenn das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient.“

In ihrer Antragsbegründung schreibt die CDU: „Vor allem der Umstand, dass gemeinhin angenommen wird, dass Flüchtlinge während ihres Asylverfahrens nahezu beschäftigungslos den Tag verbringen, ist mit Blick auf gesellschaftliche Akzeptanz und Integrationsbereitschaft kontraproduktiv.“ Die Arbeitspflicht soll dazu dienen, „gesellschaftliche Akzeptanz zu erzeugen und gleichzeitig konzentrierter an die deutsche Sprache und auch an den deutschen Arbeitsmarkt heranzuführen“. Verbesserung der Sprache, Kennenlernen von Kultur und Normen, Teilhabe und Stabilität für die Geflüchteten erhoffen sich die Christdemokraten dadurch.

Leverkusen: Grüne und SPD reagieren

Fraktionsvorsitzender Stefan Hebbel sagt dazu: „Wir möchten mit einer stärkeren Verpflichtung zum Engagement bei der Integration die Möglichkeit schaffen, Menschen miteinander in Kontakt zu bringen, Verbindlichkeit aufzubauen und den Integrationsprozess proaktiv zu gestalten.“

Wie in Leverkusen inzwischen und insbesondere jetzt im Wahlkampf parteiunabhängig üblich, blieb die Pressemitteilung der CDU nicht lange unbeantwortet. Kritik daran kam von den Grünen. Die teilen mit: „Am heutigen Tag leben laut Verwaltung etwas über 1000 Asylbewerberleistungsempfänger und -empfängerinnen in Leverkusen. Hiervon sind rund die Hälfte Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene bis 25 Jahren oder über 65-jährige. Ganz zu schweigen von alleinerziehenden Müttern, Menschen mit langfristigen Erkrankungen oder sonstigen Beeinträchtigungen, die eine Arbeitsaufnahme unmöglich macht.“ Das heiße, die Gruppe, die übrig bleibe für die Arbeitspflicht, sei eine kleine Gruppe, die sich zum großen Teil bereits in „Unterstützungsmaßnahmen und Förderangeboten“ befinde.

Sven Weiss, Grüner OB-Kandidat, kommentiert: „Mich wundert, dass der von mir geschätzte Kollege Stefan Hebbel, der sich genau wie ich stetig für eine effizientere Verwaltung einsetzt, hier Anträge einbringt, die am Ende zu mehr Arbeit in der Verwaltung führen, kostspielig und deren Erfolge mehr als fragwürdig sind.“ Weiter heißt es: „Wenn es der CDU wirklich um die sprachliche Förderung geht, hilft ein Blick in den aktuellen Integrationsbericht. Denn in Leverkusen bestehen bereits über 80 verschiedene (Sprach-) Angebote in Zusammenarbeit mit Wohlfahrtsträgern und vor allem vielen Ehrenamtlichen.“

Auch die SPD äußert sich, sie möchte, dass die Stadt Leverkusen es sich zum Ziel setzt, „den Zugang von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern zu sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen so früh wie rechtlich möglich zu erleichtern und proaktiv zu fördern“. Und: Die Verwaltung soll ein Konzept entwickeln, das die bestehenden Fördermöglichkeiten des Bundes und der Länder für die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt maximal ausschöpft. Die SPD kritisiert: Der Antrag der CDU konzentriere sich stark auf Arbeitsgelegenheiten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und stelle „eine spaltende Maßnahme“ dar. Die Sozialdemokraten hingegen würden mit einem nachhaltigen und inklusiven Ansatz „echte Lösungen“ liefern: Indem man sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse fördere und bürokratischer Hürden abbaue, könnten Geflüchteten schnell in den Arbeitsmarkt eintreten.

Die Stadtverwaltung erarbeitet derzeit eine entsprechende Stellungnahme hierzu.
Britta Meyer, Sprecherin der Stadtverwaltung Leverkusen

Grundsätzlich dürfen Geflüchtete in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts nicht arbeiten, stellt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zum Thema „Arbeitsmarktzugang“ dar. Wer in einer Aufnahmeeinrichtung leben muss, darf nach sechs Monaten arbeiten. Gar nicht arbeiten dürfen „Personen aus sicheren Herkunftsstaaten (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Ghana, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Republik Moldau, Senegal und Serbien), die nach dem 31. August 2015 einen Asylantrag gestellt haben“. Weitere Details sind auf der Internetseite des Bundesministeriums nachzulesen.

Ruhig geworden war es fast ein Jahr um das Thema Bezahlkarte für Geflüchtete. CDU, FDP und AfD hatten verschiedene Anträge gestellt, die eine Einführung der Karte für Leverkusen vorsehen. Im Februar 2024 waren die Anträge vertagt worden, weil man noch auf konkretere Angaben des Landesministeriums erwartete.

Vor gut zwei Wochen haben in NRW die ersten Geflüchteten diese Karte inzwischen erhalten. Die Landesregierung beschreibt die Karte wie folgt: „Die Bezahlkarte ist eine guthabenbasierte Debitkarte, die sowohl als Karte als auch über eine App auf dem Smartphone genutzt werden kann. Der entsprechende Kartenanbieter ist Visa. Eingesetzt werden kann sie deutschlandweit im stationären Einzelhandel und im Onlinehandel, konkret überall dort, wo Visa akzeptiert wird.“

Die CDU steht weiterhin hinter der Forderung nach einer Bezahlkarte, wie Stefan Hebbel auf Anfrage der Redaktion sagt. Zunächst müsse geprüft werden, was das Land herausgegeben habe. Dann wird das Thema mit großer Wahrscheinlichkeit wieder auf der Tagesordnung erscheinen. Der Rat entscheidet schließlich darüber, ob die Karte auch in Leverkusen eingeführt wird oder nicht. Die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Leverkusen lehnt die Einführung der sogenannten Bezahlkarte für Flüchtlinge ab. „Die Bezahlkarte bringt in der Praxis keine Vorteile, sondern erschwert den Alltag der Betroffenen“, betont Lena Marie Angermann, sachkundige Bürgerin der SPD-Fraktion.

„Die Stadtverwaltung erarbeitet derzeit eine entsprechende Stellungnahme hierzu“, teilt Stadtsprecherin Britta Meyer mit. Ein paar Informationen seien aber noch erforderlich, eine Infoveranstaltung vom Land dafür sei geplant. Auch „Vorgehensweisen der Städte im Umland“ seien für die Stellungnahme heranzuziehen. Britta Meyer weiter: „In Leverkusen verfügen bereits 97 Prozent der Leistungsbezieher im Bereich Asyl über ein Girokonto, über das der Leistungsbezug abgewickelt wird.“