An der Diskussion nahmen Rolf Albach (FDP), Karl Lauterbach (SPD), Nyke Slawik (Bündnis 90/Die Grünen) und Siegmar Heß (CDU) teil.
Schloss MorsbroichLeverkusener Bundestagskandidaten stellen sich den Wählern
Die Wahlplakate sind aufgehängt, die Wahlbenachrichtigungen gehen allmählich in die Post und die Stimmzettel sollen bald gedruckt werden. Knapp fünf Wochen sind es noch bis zur vorgezogenen Bundestagswahl am Sonntag, 23. Februar, und langsam beginnt die heiße Phase des Wahlkampfes. Damit die Bürgerinnen und Bürger des Wahlkreises „Leverkusen – Köln IV“, wie Moderation Eliana Clausius es formulierte, „einen Eindruck davon bekommen, wen sie wählen können“, veranstaltete der Leverkusener Frauenring am vergangenen Mittwochabend eine Podiumsdiskussion mit den Bundestagskandidaten im Kunstverein Schloss Morsbroich.
Ein gutes Jahr sei es nun her, dass in Leverkusen und ganz Deutschland Hunderttausende gegen den Rechtsruck auf die Straße gegangen sind, eröffnete Clausius das Podium und fragte in die Runde: „Was kann die Politik zur Verhinderung rechter Hetze und Gewalt beitragen?“ Während Nyke Slawik die jüngsten Vorfälle aus Baden-Württemberg, wo der Karlsruher AfD-Kreisverband „Abschiebetickets“ in Briefkästen geworfen hatte und deswegen nun die Polizei wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt, zum Anlass nahm, darauf hinzuweisen, dass sie einen fraktionsübergreifenden Antrag zur Überprüfung der Verfassungswidrigkeit der AfD unterstütze, sprach sich CDU-Kandidat Siegmar Heß gegen ein Parteiverbot aus.
Leverkusen: Bürger befürchten „Mega-Stelze“
Man könne nicht wissen, wie ein solches Verfahren ausgehe. Möglicherweise beschere es der AfD auch noch weiteren Zulauf. „Menschen gehen der AfD auf den Leim, weil sie mit der Politik unzufrieden sind“, so Heß. An Punkten wie der Rezession müsse deswegen angesetzt werden. Dem entgegnete Slawik, dass nicht von den wahren Problemen abgelenkt werden dürfe: Die immer weiter auseinander klaffende Schere zwischen Arm und Reich oder die marode Infrastruktur müsse angegangen werden. Karl Lauterbach befürwortete in dem Zusammengang die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer.
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Die beiden Letztgenannten sprach eine Bürgerin im weiteren Verlauf der Debatte direkt an: „Was können ein Bundesgesundheitsminister und ein Mitglied des Verkehrsausschusses konkret für Leverkusen wegen des Autobahnausbaus tun?“ Von dem Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2016 könne nur abgewichen werden, wenn die Kommune Leverkusen und das Land Nordrhein-Westfalen die Mehrkosten einer anderen Bauweise, wie beispielsweise der eines Tunnels, finanzieren würden, erklärte Lauterbach. Da man sich aber mit der Schuldenbremse „selbst stranguliert“ habe, sei dies aktuell nicht möglich. Slawik ergänzte, dass eine kritische Haltung zum Thema Autobahnausbau im Bundestag „keine Mehrheitsmeinung“ sei.
Femizide bringen Frauenring „um den Schlaf“
Ein weiteres Thema mit konkretem Leverkusen-Bezug waren die kürzlich von Greenpeace im Rhein entdeckten Ewigkeitschemikalien: Für den gelernten Chemiker und Covestro-Mitarbeiter Rolf Albach sei dies ein sehr ernstzunehmendes Problem. Aus seiner Sicht müsse den Menschen das Angebot gemacht werden, sich auf die gesundheitsschädlichen Substanzen testen zu lassen - auf Kosten des Gesundheitsamtes. Eine weitere Entwicklung wurde von der im Publikum sitzenden SPD-Ratsfrau Milanie Kreutz als Diskussionsgegenstand eingebracht: die zunehmende Gewalt an Frauen.
Eindrücklich untermauerte Clausius die Problematik mit dem Verweis auf einen erstmals für das Jahr 2023 vom Bundeskriminalamt vorgelegten Lagebericht, der zeige, dass fast jeden Tag eine Frau einem Femizid zum Opfer falle. „Das Thema bringt uns hier beim Frauenring um den Schlaf“, betonte die Moderatorin. Während Heß sich für mehr Frauenhäuser und eine Verschärfung des Strafrechts aussprach, ging Slawik noch einen Schritt weiter und betonte, dass viele Frauen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, wegen der zu hohen Mieten in die „schreckliche Situation“ kämen, nicht zu wissen, wo sie hin sollen. Im Übrigen betreffe das Problem von Gewalt an Frauen auch Themen wie die nach wie vor nicht entkriminalisierten Schwangerschaftsabbrüche.
Während Lauterbach darauf verwies, dass dies eine rein ideologisch geführte Diskussion sei, weil der Abschlussbericht einer juristischen Kommission bereits festgestellt habe, dass die Paragrafen 218-218a im Strafgesetzbuch die Grundrechte von schwangeren Personen verletze, verwies Heß darauf, dass die Verfassung den Staat verpflichte, auch das ungeborene Leben zu schützen. Er warne deshalb vor einer Gesetzesänderung.
Nach über zwei Stunden endete die Debatte. Moderatorin Clausius schloss mit dem Appell, egal welcher Kandidat aus der Sicht des Publikums am überzeugendsten gewesen sei, bei der anstehenden Wahl einer „demokratischen“ Partei die Stimme zu geben.