Vor dem Leverkusener Rathaus sind am Montagabend über 2000 Menschen zusammengekommen, um sich gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie zu positionieren.
„Leverkusen bleibt bunt“Tausende Menschen demonstrieren in Wiesdorf gegen Rechtsruck
Die Verantwortung nicht nur an die großen Städte abgeben und in Leverkusen ein Zeichen gegen den Rechtsruck setzen, das war das Ziel von Joelina Peters, einer der Mitinitiatoren der Demonstration, die am Montagabend laut Polizeiangaben ungefähr 2500 Menschen vor das Rathaus in Wiesdorf lockte. Und am Abend zeigte sich: Es ist beeindruckend gelungen.
Rund eine Stunde vor dem Start der Veranstaltung zeigte sich die Vorsitzende der Jusos Leverkusen aber noch verhalten. Es war das erste Mal, dass sie eine Demonstration wie diese organisierte, erzählte die 25-Jährige auf dem noch leeren Platz vor dem Leverkusener Rathaus. Kurz nach 19 Uhr stand sie dann aber auf der kleinen Bühne und blickte in eine bunte und laute Menschenmasse, aus der Schilder mit den bekannten Slogans wie „Menschenrechte statt rechte Menschen“ und „Nie wieder ist jetzt“ empor lugten – aber auch Leverkusen abgestimmte, etwa: „Unsere Farbenstadt bleibt bunt!“ „Dieses Ergebnis ist es wert“, rief sie unter zustimmendem Jubel.
Gekommen waren junge und alte Menschen, genauso wie Familien mit Kindern. „Die braune Nazikacke gehört nicht in unsere Stadt“, sagte etwa Laura Düster. Die Opladenerin war mit Bekannten aus der Nachbarschaft und vier Kindern im Schlepptau nach Wiesdorf gekommen, obwohl die Zeit eigentlich nicht sehr kinderfreundlich sei. Doch dem Nachwuchs Engagement und Werte mitzugeben, sei ihnen wichtig, so Düster.
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Dass Leverkusen „endlich aus dem Dornröschenschlaf“ geweckt wurde, befürworteten auch Vertreterinnen der evangelischen Kirchengemeinde Opladen. „Es gibt keinen Grund, heute nicht hier zu sein“, sagte Vanessa Zimmermann. Über das zahlreiche Kommen freute nicht nur sie sich, auch Tim Maruska zeigte sich beeindruckt. Der 33-Jährige war erst vor kurzem nach Leverkusen gezogen. „In Städten wie Köln rechnet man mit so einer Resonanz, hier wusste ich nicht, was auf mich zukommt. Das zu erleben, war schon ein Gänsehautmoment.“
Das Wort auf der Bühne ergriff unter anderem Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD). So etwas habe er sich in Leverkusen nicht träumen lassen, sagte er. „Das ist ein gutes, sogar ein sehr gutes Zeichen.“ Es dürfe nicht sein, dass Menschen, die hier leben, Angst haben, ob sie bleiben können. Das Grundgesetz sei das Beste, was Deutschland je zustande bekommen habe. Es müsse geschützt werden. „Hören Sie nicht auf zu kämpfen“, sagte Richrath.
Seinen Worten schlossen sich andere Rednerinnen und Redner an, so etwa Kofi Sam Nyantakyi, der Vorsitzende des Integrationsrats. „Das, was ich hier sehe, erfüllt mich mit stolz“, sagte er und erzählte vor dem bedächtig stillen Publikum davon, wie er vor 35 Jahren angekommen war. „Leverkusen ist und wird immer meine Heimat sein.“ Er forderte „Null Toleranz gegenüber Hass, Hetze und Rassismus“. Auch Vertreter der Kirche traten auf die Bühne. „Was wir brauchen, sind Würde und Respekt“, sagte etwa Bernd-Ekkehart Scholten, Superintendent des Kirchenkreises Leverkusen.
Anlass für Demo waren Recherchen von „Correctiv“
Aufgerufen zu der Demo hatte das „Bündnis gegen rechts – Leverkusen bleibt bunt!“ unter dem Titel „Gegen den Rechtsruck und die AfD – Demokratie stärken“. Anlass waren – wie bei vielen weiteren der deutschlandweiten Proteste – die Enthüllungen des Recherchenetzwerks „Correctiv“, das Anfang Januar über ein geheimes Treffen rechter Kräfte in Potsdam berichtete.
Bei diesem Treffen, das offenbaren die Recherchen, sollen unter anderem AfD-Politiker, genauso wie Mitglieder der Werteunion sowie Unterstützer und Anhänger der rechten Szene anwesend gewesen sein. Laut Correctiv schmiedeten die Anwesenden Pläne, um Millionen von Menschen aus Deutschland zu vertreiben. Der stark verharmlosende Begriff „Remigration“, mit dem die zwangsweise Ausweisung von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sowie Andersdenkenden aus Deutschland umschrieben wird, ist seitdem in aller Munde und sorgte auch in Leverkusen für den Aufruf zur Kundgebung.
„Es ist unsere Aufgabe als Leverkusener Zivilgesellschaft uns dieser rassistischen, extremistischen und menschenfeindlichen Politik entgegenzustellen und für den Erhalt der demokratischen Grundwerte zu kämpfen“, hieß es in der Einladung zur Demonstration, die unter anderem von den Nachwuchsorganisationen von Grünen, SPD und FDP in Leverkusen verbreitet wurde. Viele schlossen sich dem Aufruf an, darunter der Integrationsrat, Leverkusener Parteien und die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie.
Danach folgte eine Lawine, sagte Joelina Peters. Viele teilten die Einladung, und verbreiteten den Aufruf in den sozialen Medien. Schnell korrigierten die Veranstalter die Zahl von 200 Teilnehmende auf 700. Es kamen deutlich mehr. Noch bis 21 Uhr abends hallten ihre Rufe, ihr Jubel und Parolen wie „Nazis raus“ und „Ganz Leverkusen hasst die AfD“ über den Rathausvorplatz.