Der Künstler Eric Lanz stellt im Museum Morsbroich in Leverkusen aus.
„Zusehends“Wie Eric Lanz im Museum Morsbroich Sinnlichkeit zwischen Bildschirm und realer Welt schafft

Eric Lanz (r.) stellt im Museum Morsbroich Werke aus den vergangenen 35 Jahren aus.
Copyright: Niklas Pinner
Es ist ein bisschen so, als wäre Eric Lanz 1991 seiner Zeit schon etwas voraus gewesen. In einer Zeit, in der der Touchscreen vielleicht schon eine fixe Idee war, aber noch nicht vor der Tür stand, beschäftigte sich der Künstler bereits damit, Bildschirme anzufassen. Und das ist ganz wörtlich gemeint. Eine Hand fordert die andere Hand auf, Tasten auf einem Bildschirm zu berühren. Nicht lange, wenige Sekunden höchstens. Aber die Berührung stößt einen Prozess an. Alles in einer Videosequenz festgehalten: die digitale Berührung als Verbindung in die Realität.
Der in der Schweiz geborene und in Düsseldorf und Saarbrücken arbeitende Video- und Fotokünstler Eric Lanz gibt in der Ausstellung „zusehends“ im Museum Morsbroich einen Einblick in sein künstlerisches Schaffen der vergangenen 35 Jahre. Am Sonntag, 16. März, 12 Uhr, wird die Ausstellung in Anwesenheit des Künstlers eröffnet.
Um direkte und indirekte Wahrnehmung drehten sich seine Werke häufig, sagt der Künstler selbst. Um das tatsächliche Erleben und um neue Medien, die eine neue Art der Wahrnehmung erzeugen. Eine parallele Wahrnehmung, die neben der Berührung mit den eigenen Händen existieren kann. Diese Verbindung kommentiert und analysiert Eric Lanz in seinen Video- und Fotoinstallationen in insgesamt 14 „Kabinetten“ im Museum Morsbroich. Fritz Emslander, stellvertretender Museumsdirektor, hat die Ausstellung kuratiert.
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„durchgehend“: eine Videoinstallation von 2015 mit zwei synchronisierten Projektionen und Ton. (Ansicht aus der Modernen Galerie, Saarlandmuseum)
Copyright: VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Die Hände sind ohnehin ein zentrales Motiv, das sich durch die Ausstellung zieht. Sie sind für Lanz eine Art Verbindung, zwischen Mensch und Gegenstand oder Mensch und Stoff. „Indem ich in meinen Videoarbeiten meine Hände in das Bild strecke, und Materialien befühle und bearbeite, biete ich den Betrachtenden an, sich mit diesen Händen zu identifizieren. Das heißt, nachzuvollziehen, was da vor sich geht, wie das Material reagiert“, sagt der Künstler über seine Arbeiten. Die Hand in seinen digitalen Werken symbolisiere den Berührungssinn, der audio-visuell eigentlich sonst nicht umzusetzen sei.
Denn Video als Technologe basiere auf Distanzwahrnehmung, vor allem auf dem Sehen und dem Hören. Berührungen würden im Alltag dagegen immer weniger, ebenso wie Geschmack und Geruch. Die seien nicht technisch übermittelbar, „sie haften an der Leiblichkeit“, sagt Lanz.
Lanz filmt und fotografiert häufig Prozesse, er stellt dar, wie sich Dinge verändern. Wie bestimmte Materialien reagieren, wenn man sie ins Wasser legt, was mit Aquarellfarbe passiert, die in Flüssigkeit aufgelöst wird. Dabei lässt er Sequenzen rückwärts laufen, ändert die Bildgeschwindigkeit.

„Morphing“ von 2007: Zwei parallele Videoprojektionen. (Ansicht Museum Folkwang, Essen)
Copyright: VG Bild-Kunst, Bonn 2025
So entsteht zwar immer eine Art Verfremdung des Materials, aber es geht nie um Bildmanipulation, wie es heutzutage ein Leichtes wäre. „Ich möchte zeigen, was ist“, sagt der Künstler selbst dazu. Einfach draufschauen und wahrnehmen, ohne geleitet zu werden. Und das meist mit Materialien, die sich im Alltag finden, wie Fritz Emslander betont. Handschuhe zum Beispiel. Dutzende besitzt Eric Lanz. Deren Zustand nach vielen Jahren, nach Zersetzung des Materials zeigt er, in dem er sie unter einen Scanner gelegt und groß gezogen hat. Wie eine Fotografie. Durch die Schärfe des Scanners werden die Handschuhe aber noch realer.
Den Scanner setzt Eric Lanz ohnehin häufig ein. Einmal, um solche Effekte wie mit den Handschuhen zu erzielen, aber auch, um den Scanprozess selbst zu filmen. Um eine weitere Ebene zu schaffen. Gegenstände unter einem Scanner sind nur dann sichtbar, wenn das Licht sie für einen kurzen Moment streift. „Es ist, als wird ein Gegenstand abgetastet. Das hat wieder etwas mit Berührung zu tun“, erklärt der Künstler.
Viele der Handschuhe hat er am Rheinufer aufgesammelt. „Den langsamen Prozess der Zerstörung“ habe er sichtbar gemacht in Zeiten von globaler Überproduktion, sagt dazu Fritz Emslander. Denn man müsse sich bewusst machen, dass Wachstum bei allem Gewinn auch immer eine Komponente der Zerstörung mit sich bringe. „Das blenden wir oft aus“, bestätigt Eric Lanz.
Bei der Zusammenstellung der Ausstellung habe er nach Querverbindungen zwischen alten und neuen Werken gesucht und sie gefunden. Der Scanner, die Hand – Motive wie diese bilden einen roten Faden. Eine neue Arbeit hat es auch in die Ausstellung geschafft: In „Loom“ (Webstuhl) hat der Künstler den Begriff umgekehrt und eine Vorrichtung gebaut, die Stoff nicht verwebt, sondern auseinanderzieht. Diesen Prozess hat er gefilmt und damit die vielen kleinen Stofffasern sichtbar gemacht, die den Fetzen sonst zusammenhalten.
Programm zur Ausstellung
Sonntag, 27. April, 14 Uhr: Künstlergespräch, moderiert von Fritz Emslander.
Sonntag, 18. Mai (Kunsttage) und 10. August (Kunsttage): Rundgang mit Eric Lanz und Fritz Emslander
Sonntag, 23. März, 13. April, 11. Mai, 8. Juni, 6. Juli und 3. August, je 15 Uhr: Öffentliche Führung.
Sonntag, 20. April, 18. Mai, 15. Juni, 13. Juli, je 15 Uhr: "Slow Art" - Werkbetrachtung im Sitzen.
Dienstag, 1. April, 6. Mai, 17. Juni, 18. Juli, 12. August, je 14.30 bis 16.30 Uhr: Kunst, Kaffee und Kuchen.
Freitag bis Sonntag, 16. bis 18. Mai, Morsbroicher Kunsttage, Eintritt samstags und sonntags frei.
Für Kita-Gruppen und Schulklassen werden nach Absprache unter 0214/4064500 oder info@morsbroich.de Veranstaltungen und Führungen angeboten. (nip)