AboAbonnieren

„Wie eine Familie“Das zieht Leverkusener Sportler zum Faustball

Lesezeit 4 Minuten
Die Spieler von Bayer 04 Leverkusen und SG Novo Hamburgo geben sich nach dem Spiel High Fives.

High Fives nach der Faustball-Partie zwischen Bayer 04 Leverkusen und SG Novo Hamburgo.

Selbst ein brasilianisches Team zog es deshalb nach Leverkusen.

Es war ein besonderer Abend auf der Leverkusener Kurt-Rieß-Sportanlage. Bei frühabendlicher Sommerstimmung hallten am Dienstag die Klänge südamerikanischer Musik über den Platz. An der provisorisch aufgestellten Cafeteria mixten Frauen Caipirinhas, während wenige Meter weiter vier Männermannschaften um den Sieg beim Abendturnier der Faustballsparte spielten.

Das lateinamerikanische Flair kam nicht von ungefähr: Neben den Gastgebern vom TSV Bayer 04 Leverkusen, den Bundesligisten aus Hagen und Leichlingen war auch eine Delegation des brasilianischen Spitzenklubs SG Novo Hamburgo in Küppersteg zu Gast. Nur ein paar Tage zuvor hatten das Team aus dem Süden des Landes die Bronzemedaille bei den Faustball-Klub-Weltmeisterschaften in Mannheim gewonnen, den Aufenthalt in Leverkusen nutzten sie als weiteren Stopp auf ihrer einmonatigen Europareise.

Gabriel Heck holt im Spiel zu einem Schlag aus.

Gabriel Heck, Top-Angreifer vom Faustballklub SG Novo Hamburgo aus Brasilien

Denn in Deutschland und Europa habe das Team die Möglichkeit, gegen die besten Mannschaften der Welt zu spielen. Das koste zwar Geld und Zeit, aber lohne sich. „Wir sind alle ein bisschen verrückt“, sagte der brasilianische Nationalspieler und ehemalige Weltmeister Gabriel Heck am Rande des Turniers. In Brasilien sei Faustball eine absolute Randsportart, mehr noch, als in Deutschland. „Hier ist der Sport viel populärer“, sagt der 24-Jährige, dessen Schwester Marcela Heck fest im Leverkusener Verein spielt. So sei auch der Kontakt zwischen den Rheinländern und den Brasilianern entstanden.

Faustball: volleyballähnlicher Rückschlagsport auch geeignet für Kinder

Auch der TSV profitiere von der Kooperation, sagte Niklas Hodel, Pressewart der Faustballsparte. Der Besuch des internationalen Top-Teams zog überdurchschnittlich viele Zuschauende an. Über 100 Leute waren gekommen. Das sei nicht nur gut für die internationale Vernetzung, sondern zeige auch: „Wir spielen hier kein 'Hallenhalma'.“

Wahrhaftig hat der Sport einiges mehr zu bieten, als die meisten Laien glauben dürften. Am besten ist das Rückschlagspiel wohl mit Volleyball zu vergleichen. Jeweils fünf Spielerinnen oder Spieler stehen sich auf zwei Halbfeldern, zusammengerechnet etwa so groß wie ein Handballplatz, gegenüber. Getrennt sind sie mit einem netzartigen Band. Das Ziel ist es, den Lederball mit dem Arm oder der Faust für die gegnerische Mannschaft unerreichbar in die andere Hälfte zu spielen. Genau wie beim Volleyball sind drei Kontakte erlaubt, allerdings darf der Ball vor jeder Berührung durch die Spielenden einmal den Boden berühren.

Niklas Hodel hällt einen Faustball in der Hand und guckt in die Kamera.

Niklas Hodel ist in der Faustballsparte vom TSV Bayer 04 Leverkusen für die Presse- und Jugendarbeit zuständig.

Ein Vorteil, sagt Hodel: Motorisch sei das Spiel deutlich einfacher als Volleyball. Gerade für den Schul- und Kindersport sei das von Vorteil. Auch deshalb initiierte der Verein in den letzten Jahren eine landesweite Schulmeisterschaft, mit der Aussicht darauf, diese auch auf Bundesebene auszuweiten. Die Begeisterung zeige sich auch an den Mitgliedszahlen. Vor Corona zählte der TSV 30 Kinder, inzwischen seien es 80, mit den erwachsenen Teams kommen sie auf 150 Faustballspielende. Zwar ist die Zweitligamannschaft gerade in die Regionalliga abgestiegen, der Charme des Sports sei aber auch ein anderer.

Jeder ist willkommen. Es geht absolut fair zu.
Niklas Hodel, Pressewart Faustball

Es sei die Leidenschaft und die Bodenständigkeit, so Hodel. „Jeder ist willkommen. Es geht absolut fair zu.“ Das sah man auch auf der Kurt-Rieß-Anlage am Dienstagabend. Entspannte Stimmung, kein Gemecker, die Mannschaften stellten untereinander die Schiedsrichter. Das war ein freundliches Miteinander – noch dazu gut anzuschauen. Das fanden auch die Herren vom Tus Oderbruch, die die 80 Kilometer lange Anreise in Kauf nahmen, um sich das brasilianische Top-Team anzuschauen. „Die spielen schon gut.“

Auch die internationalen Wettkämpfe seien inzwischen gut besucht. 10.000 Menschen lockten die Weltmeisterschaften 2023 in die SAP-Arena nach Mannheim. Vor dem beeindruckenden Publikum feierte damals auch Gabriel Heck seine WM-Medaille.

Noch ein weiterer Grund ziehe ihn und seine brasilianischen Mannschaftskollegen immer wieder ins Ausland: „Jeder, der diesen Sport macht, ist Familie. Wir haben Freunde auf der ganzen Welt. Erst spielen wir gegeneinander, dann sitzen wir beisammen, essen oder trinken – alle gemeinsam.“ Familie, das ist auch das Stichwort von Niklas Hodel und den Männern aus Oderbruch, die ähnliche Werte mit Faustball verbinden. Irgendwas muss da wohl dran sein.


Ergebnisse des Abend-Turniers in Leverkusen

Beim Abend-Turnier spielten die vier Mannschaften jeweils zweimal gegeneinander. Die Mannschaft vom TSV Hagen landete mit vier Siegen und zwei Niederlagen auf dem ersten Rang, dicht gefolgt von den Brasilianern vom SG Novo Hamburgo, die sich nur durch ein schlechteres Punkteverhältnis hinter die Erstplatzierten setzten. Den dritten Rang belegte der TV Leichlingen, vierter wurde der TSV Bayer 04 Leverkusen. (jla)