Jedes Jahr reinigen Schülerinnen und Schüler des Landrat-Lucas-Gymnasiums Stolpersteine.
Gedenken in OpladenGroßer Zulauf bei Leverkusener Stolperstein-Aktion

Sila und Oskar reinigen Stolpersteine der Familie Salomon in Opladen.
Copyright: Stefanie Schmidt
„Wir hatten mit zehn Leuten oder so gerechnet“, sagen die acht Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Geschichte (Q1) am Landrat-Lucas-Gymnasium. Gekommen waren mehr als 100 zur diesjährigen Stolpersteinreinigung am 80. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung. „Ich hätte das nie erwartet“, sagt auch Lehrer Oliver Schonecke, der mit seinem LK die Aktion organisiert hat. Diese findet jährlich statt, noch nie haben sich so viele Jugendliche angeschlossen. „Das zeigt, dass es ein unglaubliches Bedürfnis gibt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.“

Viele Schüler des Landrat-Lucas-Gymnasiums schlossen sich der Aktion an.
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An drei Stationen rund um die Schule reinigten die Oberstufen-Schülerinnen und -Schüler die goldenen Plaketten auf dem Boden und verlasen dazu die Geschichte hinter den Namen. Etwa von der Familie Salomon aus der Kölner Straße 54, von der nur eines von drei Kindern fliehen und überleben konnte. Die Eltern und anderen beiden Kinder wurden mit dem Zug aus Opladen abtransportiert und starben in Lodz.
Viele haben Angst und fragen sich: Wer ist hier noch willkommen?
„Ich finde es wichtig, dass wir die Geschichten erzählen und uns daran erinnern, was damals passiert ist“, erklärt die 17-jährige Sila, nachdem sie die Steine der Familie Salomon blank poliert hat. „Vor allem, weil einiges gerade wieder auf einer ähnlichen Schiene läuft.“ Die rechten Strömungen in Deutschland kurz vor der Bundestageswahl machen ihr Angst. „Meine Mutter stammt aus der Türkei, mein Vater ist Kurde. Ich bin hier geboren, aber ich mache mir Sorgen um meine Freunde, die nicht hier geboren sind. Viele haben Angst und fragen sich: Wer ist hier noch willkommen?“
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Frisch gesäuberte Stolpersteine der Familie Salomon in Opladen
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Auch Lehrer Schonecke nimmt eine allgemeine „bedrückte Stimmung“ wahr. Mehr als 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler an Leverkusens größtem Gymnasium hätten einen Migrationshintergrund und aktuell viel Redebedürfnis. In der vergangenen Woche hätten zwei ehemalige Schüler bei ihm angerufen, um sich mit ihm über die weltpolitische Lage auszutauschen. „Sie sind an der Tech-Branche interessiert und wollten in die USA gehen“, erzählt der Lehrer. Seit der Wahl von Donald Trump sind sie aber unsicher, ob sie dort überhaupt willkommen sind.
Die Neuntklässlerinnen Emily und Festina haben sich freiwillig dem Zug durch die Kölner Straße angeschlossen. „Ich finde, das ist eine gute Aktion, das sollten wir häufiger machen, um uns zu erinnern“, sagt Emily, als der letzte Stein geputzt ist. „Für mich ist das auch eine Frage von Respekt für die Menschen“, ergänzt Festina. Und Lehrer Schonecke merkt sich: „Beim nächsten Mal sollten wir ein Mikrofon organisieren.“