AboAbonnieren

Personalmangel in LeverkusenJede vierte städtische Kita muss Betreuung einschränken

Lesezeit 4 Minuten
Leerer Kinderspielplatz einer Kita.

Keine Kinder da, weil die Betreuer fehlen: Eine geschlossene Kita.

63 unbesetzte Vollzeitstellen listet die Stadt auf. Wenn Urlaub oder Krankheit hinzukommen, ist der Kita-Betrieb gefährdet.

Es sind diese E-Mails, Aushänge oder Handzettel, die Eltern von Kita-Kindern erschaudern lassen: „Die gelbe Gruppe muss morgen leider geschlossen bleiben.“ „Die Betreuungszeit endet heute bereits um 14 Uhr“. „Bitte betreuen Sie ihre Kinder zu Hause, wenn es irgendwie möglich ist.“ Der Grund immer: Personalmangel.

Vertrag schützt nicht vor Ausfällen

Bis vor kurzem war es eine der größten Sorgen junger Eltern, überhaupt einen gleichsam begehrten wie knappen Kita-Platz zu bekommen. Schließlich hängt an der geregelten Kinderbetreuung die Chance auf Erwerbstätigkeit. Doch mittlerweile kann sich nicht mal mehr sicher sein, wer einen Betreuungsvertrag in den Händen hält. Überall klagen Eltern über eingeschränkte Betreuungszeiten und plötzliche Ausfälle.

Die Zahlen, die die Stadt Leverkusen als größter Träger von Kindertageseinrichtungen auf Nachfrage ausgibt, sind erschreckend: In den 41 städtischen Einrichtungen sind aktuell 52 Vollzeitstellen für Fachkräfte und elf Vollzeitstellen für Ergänzungskräfte vakant. Die Stellen sind permanent ausgeschrieben, nur finden sich keine Bewerberinnen mehr auf dem leergefegten Markt.

Die Folge: In jeder vierten städtischen Kita müssen bis Ende des Kitajahres im Juli Betreuungszeiten eingeschränkt werden. Dafür werde laut Aussagen einer Stadtsprecherin „proaktiv und gemeinsam mit den Eltern und Beschäftigten eine verlässliche Planung entwickelt, die auch definierte Einschränkungen der Betreuungszeiten umfassen wird.“ Solche Einschränkungen können verkürzte Öffnungszeiten sein, einzelne Einrichtungen fragen auch bei Eltern ab, an welchen Tagen sie ihre Kinder am besten zu Hause betreuen können, um im Ernstfall auf diese zurückgreifen zu können.

Es ist schwierig, einen Verantwortlichen für die Misere zu finden
Marianne Hasebrink, Leverkusener Caritas

„Es ist frustrierend“, sagt auch Marianne Hasebrink, Leiterin des Fachbereichs Kinder und Jugend bei der Leverkusener Caritas, die vier Kindertagesstätten in der Stadt betreibt. „Die Eltern sagen: Wir haben jetzt schon Corona mit den Lockdowns hinter uns, wir können nicht mehr. Die Erzieherinnen sagen: Wir tun doch schon unser Bestes. Und die Träger sagen: Wir würden ja gerne mehr einstellen, aber wir finden niemanden.“ Und alle haben recht. „Es ist schwierig, einen Verantwortlichen für die Misere zu finden“, sagt Hasebrink.

Ja, die Ausbildung wurde vernachlässigt. Aber auch die Schulen weisen Vorwürfe von sich: Ihnen fehlen Lehrer und Räume. „Die PIA-Ausbildung, bei der Auszubildende vom ersten Tag an bezahlt und in die Praxis eingebunden werden, begrüßen wir ausdrücklich“, betont die Caritas-Verantwortliche. Denn das Problem des Personalmangels betrifft alle Träger, auch wenn es bei der Caritas nicht so dramatisch ist, wie bei der Stadt.

„Wir müssen Betreuungszeiten nicht generell einschränken. Aber wenn in einer Einrichtung drei Kolleginnen auf einmal schwanger werden oder eine Magen-Darm-Welle durch die Gruppe läuft, kann es kurzfristig eng werden.“ Dann werden zunächst Eltern gebeten, die Kinder zu Hause zu lassen oder früher abzuholen, soweit das möglich ist. „Jeder, der Betreuung wirklich braucht, bekommt die aber auch“, verspricht Hasebrink.

Kinder bitte früher abholen oder ganz zu Hause lassen

Ähnlich sieht es beim evangelischen Kita-Verband aus, der im Kirchenkreis Leverkusen, zu dem auch Leichlingen gehört, neun Kindertagesstätten betreibt. „Wir mussten in einer Kita die Betreuungszeiten einschränken“, sagt Nadja Georgi. Das sehe so aus, dass die Kita teilweise um 15 oder 15.30 Uhr schließen müsse oder Eltern gebeten werden, die Kinder nach Möglichkeit zu Hause zu betreuen. Eng ist es in allen Einrichtungen: Wenn, wie jetzt gerade, Ferien sind und dann noch Krankheitsfälle dazu kommen, muss gestrichen werden. „Zuerst streichen wir besondere Angebote wie Ausflüge, teilweise müssen wir sagen, dass wir es nicht mehr schaffen, die Kleinen zum Schlafen hinzulegen, weil nicht genug Personal da ist“, berichtet Georgi.

Als letztes Mittel müsse es an die Betreuungszeiten gehen. Schließlich müssen die Kitas einen Personalschlüssel erfüllen. „Man kann auch nicht eine Vollzeitkraft mit einer Praktikantin alleine lassen, es muss ja auch alles sicher sein“, sagt Georgi. Ein Zustand, der für alle unbefriedigend ist: „Letztlich kriechen alle auf dem Zahnfleisch“. Dankbar ist sie den Eltern, die Verständnis haben, oder auch mal in der Küche mit anpacken.

„Ich verstehe aber auch, wenn Eltern sauer sind“, sagt Marianne Hasebrink. „Den Eltern wird von der Politik etwas versprochen, was die Träger nicht einhalten können.“ Zwar werden neue Kitas gebaut, das helfe aber auch nicht, wenn dafür kein Personal da sei. Und dann werde sogar darüber diskutiert, ob Betreuungszeiten generell ausgebaut werden sollen, um sie besser an die Arbeitswelt anzupassen. „Das ist unrealistisch“, sagt Hasebrink.

Und Eltern wären schon froh, wenn die Betreuungszeiten eingehalten werden, die auf ihrem Betreuungsvertrag stehen.