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Emotionale DiskussionKnappe Mehrheit gegen Schulbus in Leverkusen-Pattscheid

Lesezeit 4 Minuten
Schnellbus Leverkusen-Wermelskirchen beim Halt in Bergisch Neukirchen.

Mit der SB 24 sollen Pattscheider Grundschulkinder künftig zur Schule fahren.

Kann man Grundschulkinder zumuten, mit einem Linienbus zu fahren? Die Frage wurde im Stadtrat Leverkusen emotional diskutiert.

Mit knapper Mehrheit von zwei Stimmen hat der Leverkusener Stadtrat sich dagegen entschieden, den Schulbus von Pattscheid zur Grundschule in Bergisch Neukirchen weiter fortzuführen. Das Angebot wird es damit ab dem kommenden Schuljahr nicht mehr geben.

Der Entscheidung vorangegangen war eine sehr emotionale Situation, angeführt von Ina Biermann-Tannenberger, auf deren Initiative die CDU einen Antrag darauf gestellt hatte, den sogenannten „Schülerspezialverkehr“ gegen die Entscheidung des Schulausschusses fortzusetzen. „Das Kind, von dem wir hier sprechen, sitzt aktuell im Morgenkreis der Waschbärengruppe, ist 1,10 Meter groß und hat keine geografische Vorstellung des benachbarten Stadtteils“, sagt die Ratsfrau plakativ. Und dieses Kind solle künftig die richtige Haltestelle finden und dort aussteigen, obwohl es noch nicht mal lesen kann.

Klar ist: Diese Kinder werden zumindest nicht von Beginn an alleine Linienbus fahren. Sie werden entweder von ihren Eltern im Bus begleitet, oder mit dem Auto gefahren. „Was sollen die Eltern denn noch alles leisten?“, fragt Biermann-Tannenberger.

SPD und FPD sind geschlossen gegen die Fortführung des Shuttles. Lena-Marie Pütz (SPD) kann die Sorgen der Eltern verstehen, zumal ihr Sohn im kommenden Schuljahr auch mit gerade einmal fünf Jahren eingeschult werde. „Aber wir haben hier eine klare Ungleichbehandlung. Das müssen wir entweder allen anbieten, oder eben nicht.“ Man könne es Kindern „auf dem Weg zum Erwachsen werden zumuten, diesen Weg auch zu gehen“.

Unsere Kinder haben mal ’ne Woche mit ihrer Mutter das Busfahren geübt.
Monika Ballin-Meyer-Ahrens

Ihr FDP-Kollegin Monika Ballin-Meyer-Ahrens, die sich in dem Zusammenhang selbst als „Rabenmutter“ bezeichnet, spricht noch deutlichere Worte: „Unsere Kinder haben mal ’ne Woche mit ihrer Mutter das Busfahren geübt und dann wussten sie schnell, dass sie ihre Mutter nicht mehr brauchen, um heil zu Schule zu kommen.“ Wenn der Shuttle beibehalten werde, fordere sie alle Schulwege der Kinder in der Stadt zu überprüfen.

Zumal gerade beschlossen wurde, für die Schlebuscher Grundschule Morsbroicher Straße, die im Sommer in die Merziger Straße ausgelagert wird, eben keinen Shuttle einzurichten, sondern die bestehenden Linien zu nutzen. „Und da müssen Kinder, die vom Leimbacher Berg kommen, sogar umsteigen!“, gibt die scheidende Ratsfrau zu bedenken.

Grüne sind zwiegespalten

Die Grünen sind sich innerparteilich nicht einig und geben die Abstimmung – auch wegen der Emotionalität – frei. Die Fraktionsvorsitzende Claudia Wiese positioniert sich klar: „Ich hätte meinen Kindern mehr zugetraut.“ Ihre Vorgängerin Roswitha Arnold hingegen findet die Gerechtigkeitsdebatte nicht gut: „Man kann nur gleich behandeln, was auch gleich ist.“ Die Wege seien in Bergisch Neukirchen nun einmal weiter, als in anderen Stadtteilen. Und dass Eltern dann künftig ihre Kinder mit dem Auto fahren, sei „die schlechteste Alternative von allen“.

Natürlich geht es auch ums Geld. 29.000 Euro kostet der Spezialverkehr aktuell, zur Fortführung müsste aber neu ausgeschrieben werden. „Wir gehen bei Neuausschreibung von einem Betrag zwischen 40.000 und 50.000 Euro aus“, sagt Dezernent Marc Adomat.

Versuch zeigt: Es ist Platz im Bus

Opladen Plus hat sich genau mit der Situation auseinandergesetzt, auch weil ihnen ihr „Nein“ im Bezirk II „viel Ärger eingebracht hat“, wie Markus Pott sagt. Zwei wesentliche Fragen habe er sich nun gestellt: Ist das Standard? Und: ist noch Platz im Bus?

Antwort auf die erste Frage: Nein, Standard ist es nicht und wird es stadtweit auch nicht werden. Es gibt noch zwei weitere Schülerbusse, einen zur Förderschule, der wegen der besonderen Hilfsbedürftigkeit der Kinder unumgänglich ist. Und einen im ländlichen äußersten Osten zur Grundschule in der Wasserkuhl, wo es keine öffentliche Buslinie gibt. Im Gegensatz zu Pattscheid. „Wir meinen eben, wir müssen fair sein den Schülern gegenüber, denen man diesen Luxus bisher nicht angeboten hat und auch nicht anbieten kann“, sagt Pott.

Für die zweite Frage haben sich Pott und Parteikollege Oliver Faber am Morgen vor der Ratssitzung auf Bustour gemacht. „Das war ganz interessant, wir sind in der SB24 genau hinter dem Spezialverkehr her gefahren“, sagt Faber. In der Vorlage wird von etwa 37 Kindern gesprochen, an jenen Tag hat Faber aber nur 17 Kinder im Spezialverkehr gezählt. „Der war relativ leer.“ Der Bus, in dem er saß, sei „nicht komplett leer“ gewesen, „aber wir sind weit entfernt von einer Überfüllung“. Die 17 Kinder aus dem Schulbus hätten gut noch dort mit hineingepasst. Damit bleibt Opladen Plus bei seinen „Nein“.

Die Abstimmung verläuft spannend, die Führung zwischen „Ja“ und „Nein“ wechselt mehrfach, kurz vor Ende steht es 21 zu 21, bevor eine Stimme aus den Reihen der SPD zu „Nein“ wechselt. Damit ist das Aus besiegelt.