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Neue Konzepte und TraditionsgeschäftSo geht es der Gastro-Szene in Leverkusen

Lesezeit 4 Minuten
Florian Lüllwitz-Knupp, Betreiber „Fliegerhütte" in seinem Restaurant

Florian Lüllwitz-Knupp, Betreiber „Fliegerhütte“, steckte 2024 rund 200.000 Euro in den Umbau.

Die Gastronomie erlebt nach der Pandemie magere Zeiten. In Leverkusen setzen Restaurants auf Veranstaltungen und Qualität in der Küche.

Gastronomen hatten es in den vergangenen Jahren besonders schwer: Die Corona-Pandemie mit Schließungen und die Wiederaufnahme des Betriebs unter Auflagen, der Fachkräftemangel, stark steigende Lebensmittel- und Energie-Kosten, stellen viele Gastronomen vor große Herausforderungen. Hinzu kommt, dass seit genau einem Jahr wieder der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf Speisen und Getränke gilt -temporär war dieser auf sieben Prozent gesenkt worden.

„Der Gastronomie geht es in der Breite nicht gut und für dieses Jahr kann ich keinen positiven Ausblick geben“, sagt Hagen Norhausen, Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). Er betreibt selbst in fünfter Generation die Gaststätte Norhausen in Rheindorf. „Bei mir lief es nicht spitze, aber ganz in Ordnung. Das Weihnachtsgeschäft mit vielen Gänse-Essen hat es rausgerissen. Alles in allem haben wir 2024 denselben Bruttoumsatz gemacht wie in dem Jahr davor.“

Es ist schon eine ganze Menge, die einem heutzutage abverlangt wird.
Hagen Norhausen, Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA)

Die Mehrwertsteuererhöhung von zwölf Prozentpunkten habe Norhausen, wie viele seiner Kollegen im Januar 2024, an seine Kundschaft weitergeben müssen. „Sonst wäre ich nicht klargekommen“, resümiert Norhausen. „Der Gast sieht das nicht auf dem Teller, aber wir müssen das zahlen.“ Dazu kommt 2025 die elektronische Rechnungspflicht, viele Buchhaltungssysteme müssen umgestellt werden. „Es ist schon eine ganze Menge, die einem heutzutage abverlangt wird“, sagt der Dehoga-Kreisvorsitzende.

Schankwirtschaft Inhaber Hagen Norhausen. Foto: Ralf Krieger

Hagen Norhausen

Das größte Problem der Branche sieht der Gastro-Experte vor allem in den gestiegenen Energie- und Lebensmittelkosten. „Gas und Strompreise haben sich in den vergangenen Jahren verdoppelt, wenn nicht sogar verdreifacht. Und früher habe ich einen Euro für den Liter Speiseöl bezahlt, heute sind es zwei bis drei Euro. Ich brauche etwa 30 Liter die Woche.“

Inge Schmuck vom Burscheider „Schmuck Kastl mit zwei Tellern auf dem Arm.

Inge Schmuck vom Burscheider „Schmuck Kastl“ mit österreichischen Semmelknödeln auf den Tellern.

Norhausen sagt, er könne sich aber gut über Wasser halten, da er neben seiner Gaststätte mit rund 50 Sitzplätzen noch kleinere Veranstaltungsräume sowie einen großen Festsaal für bis zu 250 Personen anbiete. Dort verköstigt er ein- bis zweimal im Monat Karnevalisten oder Hochzeitsgäste.

Familie Schmuck, Inhaber des österreichischen Restaurants „Schmuck Kastl“ in Burscheid, hat eine andere Strategie, der Gastro-Krise zu trotzen: Sie sagt, sie setze seit fast 20 Jahren auf Qualität, was ihre Stammkundschaft zu schätzen wisse. „Wir haben uns einen Namen gemacht und unsere Gäste kommen aus Sprockhövel oder Dortmund“, sagt Inge Schmuck, die mit Enkel Julian den Service leitet.

Ihr Mann Werner steht in der Küche, brät Wiener Schnitzel für rund 35 Euro oder formt Semmelknödel mit Pilzragout für 17 Euro. „Die Leute gehen immer noch gern essen, Gott sei Dank, sonst hätten wir längst, wie andere in der Umgebung, schließen müssen“, so Inge Schmuck. An einigen Tagen ist das gemütliche Restaurant, das mit rund 800 Teddybären dekoriert ist, leer. An anderen Tagen ist es voll. „Wie früher ist es nicht mehr, aber wir wollen weitermachen, wir lieben unseren Beruf“, so Inge Schmuck.

Neue Restaurant-Konzepte für Leverkusen

Eine Neuheit in der Leverkusener Gastro-Welt ist die „Fliegerhütte by FloGourmet“. Das ehemalige Restaurant „Cockpit“ am Leverkusener Flugplatz im Kurtekotten wurde von Florian Lüllwitz-Knupp übernommen, der sich trotz Krisenstimmung als Restaurantbetreiber selbstständig machte. Zuvor stand er mehrere Jahre als angestellter Koch in der Küche.

„Ich habe an das Potenzial vom Laden geglaubt und deshalb 200.000 Euro in eine Kernsanierung investiert. Alles ist neu und nun muss ich zehn Jahre lang den Kredit abbezahlen und führe fünf Festangestellte und 21 Aushilfen. Es ist eine Herausforderung, aber ich bin Vollblut-Gastronom und arbeite gern jeden Tag 15 Stunden“, so der 35-Jährige. Lüllwitz-Knupp veranstaltet Après-Ski-Partys, Discofox-Abende, 80er- und 90er-Partys, im Mai ist ein Viergang-Menü mit Zauberer-Show geplant und im Sommer spielt eine Live-Band mit Barbecue-Begleitung aus der Grillhütte. „Ich möchte wieder etwas für Leverkusen schaffen, damit die Menschen nicht nach Köln fahren müssen“, so Lüllwitz-Knupp. Zwar liegt der Flugplatz in Köln-Flittard, er wird aber grundsätzlich nach Leverkusen eingemeindet.

„Die Spreu wird sich vom Weizen trennen“, sagt der Dehoga-Kreisvorsitzende Hagen Norhausen voraus. Für ihn heißt das: Restaurants mit Stammkundschaft und guten Konzepten werden sich halten.


Anmeldezahlen im Vergleich zum Vorjahr gesunken

88 Restaurants und Gaststätten sind im Jahr 2024 bei der Gewerbemeldestelle angemeldet und 74 abgemeldet worden. Im Jahr 2023 gab es insgesamt 99 Anmeldungen und 94 Abmeldungen und im Jahr 2022 waren es insgesamt 76 Anmeldungen und 67 Abmeldungen. In den Zahlen sind Neueröffnungen und Betreiberwechsel enthalten. Tendenziell kann man feststellen, dass sich nach einer Aufgabe eines Restaurants oder einer Kneipe in Leverkusen kurzfristig eine Nachfolge findet.