Neue PläneWas Leverkusens Industrie im Katastrophenfall zu tun hat
Leverkusen – Viel war bei der Aufarbeitung der Explosion am 27. Juli davon die Rede, ob die Katastrophe optimal gemanagt wurde. Denn natürlich gibt es für solche Lagen ein Regelwerk, in dem beschrieben wird, was zu tun ist.
Wann etwa die Chempark-Feuerwehr die Kollegen der Stadt zu Hilfe rufen muss, wer dann das Sagen hat. Oder wer dafür sorgt, dass die Bevölkerung gewarnt wird und wie das abzulaufen hat. Gerade sind drei externe Notfallpläne überarbeitet worden – das müssen sie im Abstand einiger Jahre – und sie liegen gerade öffentlich aus.
Drei Aktenordner in der Feuerwache
Die neuen Entwürfe der externen Notfallpläne für den Chempark und dessen „Außenstelle“ Entsorgungszentrum Bürrig, Stand Februar 2022, Dynamit Nobel und Recticel Engineered Foams, noch besser bekannt als Reisgies-Schaumstoffe in der Fixheide, kann jedermann noch bis Mittwoch, 15. Juni, in der Hauptfeuer- und Rettungswache, Edith-Weyde-Straße 12, einsehen. Die drei Aktenordner liegen im Raum 02.A.03.VL aus. Der befindet sich im zweiten Obergeschoss.
Man muss sich an der Pforte anmelden, unten seine Körpertemperatur an einem Gerät messen. Es gilt die 3-G-Regel. Die Pläne sind montags bis freitags von 08.30 Uhr bis 15.30 Uhr zugänglich. Nur am kommenden Freitag, 27. Mai, sind die Pläne nicht zugänglich. Bedenken und Anregungen können während der Auslegung vorgebracht werden. Das muss schriftlich geschehen. (tk)
Wer sich dafür interessiert, muss die Feuerwache an der Edith-Weyde-Straße besuchen. Dort liegen die neuen Versionen der externen Notfallpläne für drei Chemie-Betriebe bereit. Sie fußen nach Angaben der Stadtverwaltung auf dem Erkenntnisstand von diesem Februar und beschreiben die Abläufe in, vor allem aber um die Anlagen im Chempark und der im Notfallplan so bezeichneten „Außenstelle“ Bürrig, außerdem auf dem Hügel von Dynamit Nobel und in der Fixheide: Im Norden des Industriegebiets, an der Dieselstraße, stellt Recticel Schaumstoffe her. Ursprünglich hieß das Unternehmen Reisgies.
Chemie und Radionuklide
Am meisten zu sagen gibt es über den Chempark mit den 15 Unternehmen, die Anlagen betreiben, von denen Gefahren für die Umwelt und die Anwohner ausgehen können. Das Gelände am Rhein ist mit drei Kilometern Länge und 1,2 in der Breite auch mit Abstand das größte Gebiet. Im Notfallplan ist die Rede von einer „explosionsfähigen Atmosphäre“, die im Pannenfall in der Produktion entstehen kann, Risiken bergen biologische Arbeitsstoffe sowie Radionuklide, die in der Materialprüfung eingesetzt werden.
Auch das Strom-Thema – nach der Explosion in Bürrig heiß diskutiert – findet im neuen Notfallplan Erwähnung: Dort geht es aber zunächst mal um das Kraftwerk von Currenta im Chempark. Der Gefahrenbereich außerhalb des Werkszauns wird je nach Windrichtung beschrieben – dabei hilft ein Modell: die Halpapp’sche Keule.
Es fehlen noch 16 Sirenen
Im Alarmfall hat eine ganze Weile die Werkfeuerwehr das Kommando, auch wenn andere Feuerwehren dazu stoßen. Für die Warnung der Bevölkerung aber ist dann die Leverkusener Berufsfeuerwehr zuständig, die sich dafür mit der Bezirksregierung in Verbindung setzt. Dort laufen im Katastrophenfall alle Fäden zusammen.
Im externen Notfallplan ist auf einer Karte eingezeichnet, welchen Bereich die derzeit elf Sirenen abdecken – und wo es in dieser Hinsicht noch hapert: im gesamten Nordosten der Stadt. Immerhin: Die Standorte der 16 Sirenen, die mit Blick auf das Drama vom 27. Juli 2021, aber auch die Flut knapp zwei Wochen vorher dazu kommen sollen, sind im Stadtplan zu sehen. Sie sollen gewährleisten, dass Warnsignale in Zukunft wieder überall ankommen – unabhängig vom Radio oder der Warn-App Nina. Auch die Nummer des Notfall-Telefons der Feuerwehr findet in der Beschreibung Erwähnung: ☎ 0214 / 406 12 12.
Beim Gelände von Dynamit Nobel weisen die Autoren des Plans darauf hin, dass es nur eine Zufahrt gibt, an der Kalkstraße. Weil sie im Nordosten des knapp 1,3 Kilometer langen und 800 Meter breiten Grundstücks liegt, könnte sich daraus ein Problem ergeben: Der übliche Westwind triebe Rauchschwaden oder auch Chemikalien-Wolken den Einsatzkräften entgegen. Der Gefährdungsradius wird im Notfallplan mit 1180 Metern angegeben. Der Betreiber Novasep hat eine Verabredung mit den Chempark-Feuerwehr. Sie soll die 13 Personen starke eigene Feuerwehr zur Not unterstützen.
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Im Fall Recticel wird der Einsatz der Vorprodukte MDI und TDI hervorgehoben. Letzteres ist „sehr giftig“ und stellt laut Notfallplan das „höchste Gefährdungspotenzial“ in der Schaumstoff-Produktion dar. Auf dem insgesamt knapp 50 000 Quadratmeter großen Werksgelände arbeiten bis zu 150 Personen. Bei Dynamit Nobel können es doppelt so viele sein, im Chempark bis zu 30.000.