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Bürger abgezocktLeverkusener Verbraucherzentrale klärt über unseriöse Notdienste auf

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Bernhard Pilch mit seiner Vorgängerin Sylvia Zimmermann.

Leverkusen – Der Anrufer steht vor verschlossener Tür und kontaktiert einen Schlüsseldienst. Für seine „Hilfe“ verlangt der Mann am anderen Ende der Leitung 600 Euro. Sonntagszuschlag, lautet die Begründung. Die Aufnahme des Telefongesprächs zwischen den beiden spielt das Team der Leverkusener Verbraucherzentrale ab um zu zeigen, wie dreist unseriöse Notdienste vorgehen.

Denn als der Mann in dem Mitschnitt erklärt sein Cousin habe in der letzten Woche „nur“ 400 Euro bezahlt und mit der Polizei droht, wird es ungemütlich. Es hagelt lautstark Beleidigungen. Das Gespräch hatte der Mann fingiert, um den Mitschnitt als Beweis bei der Polizei anzubringen. Der Fall des Cousins ist aber echt.

„Der Markt wird immer unübersichtlicher“

„Dass die Notlage von Menschen ausgenutzt wird, das gab es schon immer. Aber Schlüsseldienste oder Rohrreiniger werden heute vor allem über das Internet gesucht und sie sind viel besser organisiert“, so Bernhard Pilch, Leiter der Verbraucherzentrale Leverkusen. Der Verein klärt seit Jahren über die Maschen von selbsternannten Schlüsseldiensten und Rohrnotdiensten auf. Beim Weltverbrauchertag am 15. März steht das Thema an oberster Stelle.

In Massen finden sich im Internet Telefonnummern die Menschen kontaktieren können, wenn sie vor verschlossener Tür stehen oder einen Wasserschaden haben. Doch nicht selten landen sie dann nicht bei Handwerksbetrieben, sondern in Callcentern. Wer sich Schlüssel- oder Rohrnotdienst nennt, braucht dafür keine offizielle Genehmigung. Dahinter stehen keine geschützten Berufe, weshalb die Branche von schwarzen Schafen unterlaufen ist. „Der Markt wird immer unübersichtlicher. Es ist schwierig, tatsächlich seriöse Anbieter zu finden“, so Berater Sven Friese.

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Unseriöse Dienstleister nennen am Telefon keine Preise oder es ist schwammig von Zuschlägen die Rede. Wenn die Tür dann offen ist, verlangen sie horrende Summen. Das Team der Verbraucherzentrale zeigt Rechnungen, teilweise über mehrere Tausend Euro. Auf einem Dokument fehlt die Firmenadresse, hinter der Steuer-Nr. steht der Vermerk „In Gründung“. Der Posten „Allgemeine Betriebskostenpauschale“ beläuft sich auf 358 Euro. Bei klarem Kopf macht diese Rechnung stutzig.

Haben die Menschen bezahlt, können Verbraucherschützer kaum noch helfen

Doch die Notdienste bauen Druck auf, rücken mit zwei Mann an und verweisen auf vorherige Vereinbarungen am Telefon. Das Geld verlangen sie in bar. „Die Leute sind in Panik, suchen einfach eine schnelle Lösung. Unüberlegt zahlen sie dann die Beträge, fahren teilweise sogar mit den Dienstleistern zur Bank“, so die Beraterin Elisabeth Schoemakers.

Wenn die Situationen dann gelöst sind und die Menschen begreifen was ihnen wiederfahren ist, gibt es kaum eine Chance, dass sie ihr Geld zurückzubekommen. Helfen kann die Verbraucherzentrale nur, wenn die Forderung noch nicht bezahlt wurde. Der Gang vor ein Gericht ist keineswegs mit einem sicheren Urteil zu Gunsten des Verbrauchers verbunden. „Letztlich entscheidet der Richter, ob die verlangten Summen angemessen sind. Die Rechtsdurchsetzung ist hier ein Problem und jeder Richter interpretiert das Gesetz anders“, so Pilch.

Auf Empfehlungen und Anbieter vor Ort setzen

Der Verein setzt darum vor allem auf Prävention. „Suchen sie sich Anbieter vor Ort. Hören sie auf Empfehlungen von Freunden und Nachbarn und speichern sie die Nummern und Namen der Dienstleister, die vertrauenswürdig sind. Verlangen sie immer eine Rechnung. Seriöse Anbieter fordern niemals eine Barzahlung“, so ihre Ratschläge. Hinweise geben auch die Internetauftritte. Bernhard Pilch zeigt die Seite eines Hand-werksbetriebes, der seinen Standort angeblich vor Ort in Leverkusen hat. Ein Blick ins Impressum zeigt, dass der Anbieter in Spanien sitzt.

Die Menschen würden in der Verbraucherzentrale immer wieder mit den gleichen Fragen aufschlagen – und immer die gleichen Fehler machen. „Vielen ist nicht klar, dass das Widerrufsrecht nur 14 Tage gilt. Gesetzte Unterschriften erschweren es, gegen eine Forderung vorzugehen“, sagt Elisabeth Schoemakers. Die Branche müsste anfangen sich selbst zu schützen, sagen die Verbraucherschützer. Denn der Imageschaden, der durch die Betrugsmaschen entsteht, trifft auch die seriösen Anbieter.