13 Zeitzeugenberichte zur kommunalen Neugliederung hat Opladen Plus um Markus Pott zu einem Buch zusammengefasst.
Neues Zeitzeugen-BuchWie Alt-Opladener heute über die Eingemeindung denken
So ganz kann Markus Pott sich bis heute nicht erklären, wo dieses Gefühl herkam. Als er damals, mit 14 Jahren, zum Jahreswechsel 1974/75 in den Himmel schaute und dachte: „Jetzt ist Opladen kaputt.“ In seiner Familie sei die kommunale Neugliederung kein großes Thema gewesen, er habe das nicht von seinen Eltern eingetrichtert bekommen. Aber die Emotionalität dieses Momentes ist ihm bis heute sehr präsent.
Im kommenden Jahr ist die Eingemeindung der freien Kreisstadt Opladen nach Leverkusen 50 Jahre her, Opladen Plus feierte gerade den 25. Geburtstag. Zwei Anlässe, die den Fraktionsführer zu der Erkenntnis trieben: „Die Zeitzeugen werden weniger, wenn man Berichte festhalten möchte, muss man das jetzt mal machen.“ Und so fand er zwölf weitere Zeitzeugen, die bereit waren, ihr Erinnerungen und Meinungen zu „50 Jahre Opladen in Leverkusen“ zu teilen. Diese sind nun in einem von Opladen Plus herausgegebenen, neu erschienenen Buch festgehalten.
Darunter sind einige bekannte Opladener wie Büttenredner Tony Blankerts („Opladener Nachtwächter“), der selbsternannte „Wupsiloge“ Bernhard Geuß oder Christian Kappertz vom traditionsreichen Geschäft „Hutmoden Adrion“. Zu Papier gebracht wurden die Interviews von Büroleiterin Ute Jost. Der ist vor allem das Gespräch mit dem ehemaligen Lehrer und Ratsmitglied Karl-Josef Nett in Erinnerung geblieben: „Weil er so lebendig erzählt hat und kein Blatt vor den Mund nimmt“, sagt Jost.
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Für Pott sind die Berichte Bestätigung und Trost zugleich. „Es ist schön zu sehen, dass man mit seiner Meinung und den Gefühlen nicht alleine ist“, sagt der Fraktionsvorsitzende von Opladen Plus.
Einblicke in die Gefühlswelt der Zeitzeugen
Erinnerungen an den Jahreswechsel
„Ich war melancholisch betrübt“, sagt Wolfgang Fahrmeier, Gründungsmitglied von Opladen Plus. „Ich dachte mir damals schon: Das wird bestimmt für Opladen nicht besser.“ An einen „traurigen Tag“ erinnert sich auch Karl-Josef Nett noch gut. „Mir war bewusst, dass der Kampf um Opladen verloren ist.“ Heide Petzold sei damals „richtig wütend“ gewesen. „Wir haben damals im Laden noch Unterschriften gesammelt.“ Der „Laden“, das war das Miederhaus Christ auf der Kölner Straße, das ihr Großvater vor über 100 Jahren gegründet hatte und das mit Petzolds Ruhestand 2013 geschlossen wurde.
Was aus dem alten Opladen vermisst wird
Alle Interviewten nennen vor allem die Einzelhandelssituation. „Heute kann man sich als Mann hier nicht einmal mehr eine vernünftige Hose kaufen“, klagt Toni Blankerts. „Schlebusch hat das besser gemacht, da gibt es in der Fußgängerzone immer noch kleine, schöne Geschäfte und nicht nur Ketten oder Imbissbuden.“ Nett vermisst auch die schönen Plätze „wie unseren alten Kirmesplatz in der Aue oder der Platz vor dem Aloysianum mit altem Baumbestand“. Auch das kulturelle Leben habe gelitten: „Früher hatten wir eine Stadthalle und auch in der Festhalle spielte sich das Kulturprogramm von Opladen ab“, erinnert sich Petzold.
Was gut war
Viele antworten mit: „Nichts“. Ein paar positive Ansätze lassen sich aber doch erkennen. „Die neue Bahnstadt ist schon eine ganz gute Sache“, sagt Blankerts. „Auch wenn sie das alte Eisenbahnausbesserungswerk mal allem Guten, was dazugehörte, nicht ersetzen kann.“ Architekt Wolfgang Buntenbach lobt ebenfalls, dass die neue Bahnstadt als gemischt genutzte Fläche geplant wurde und nennt die Ostseite „gelungen“. Ebenso lobt er, „dass Leverkusen die Schusterinsel nicht als reines Wohngebiet ausgewiesen hat.“ Geuß erkennt an, dass auch Opladener vom kulturellen Angebot Leverkusens profitiert haben, etwa dem Forum, der Stadtbibliothek, der VHS und der Musikschule.
Was nicht gut war
„Ein Miteinander oder ein Einbeziehen mit Leverkusen gab es im Grunde genommen nicht“, klagt Petzold. Wiesdorf sei damals wie heute zu sehr ins Zentrum aller Aufmerksamkeit gerückt worden. Das „bürgerunfreundliche“ und "unfunktionelle“ Rathaus in Wiesdorf beklagt Klaus Kirschey. „Die ehemalige Kreisstadt Opladen hätte es verdient gehabt, ein zentraler Verwaltungsmittelpunkt zu bleiben“, stimmt Architekt Buntenbach zu. Nett kritisiert die massive „Versiegelung und Betonierung von Opladen.“
Fehlender Protest
Opladen sei der allgemeinen Aufbruchsstimmung der 70er-Jahre zum Opfer gefallen, glaubt Markus Pott. „Es war eine Zeit, in der man dachte, die Stadt gestalten zu müssen. Alles Alte musste weg, im großen wie im eigenen Keller. Heute hat man ein anderes Bewusstsein für Traditionelles.“ Auch die politische Stimmung sein eine andere gewesen, bestätigt das Opladener Ehepaar Rosi und Rolf Pesch: „Bürgermeister Bruno Wiefel hatte eine gute Reputation in Opladen, deshalb hat man sich nicht so dagegen aufgelehnt. Man war früher unkritischer und obrigkeitshöriger.“
Was Opladener immer noch lieben
„Die Ruhlach, den Wiembach, die Kastanienallee, den Birkenberg“, zählt Annemie Lauth vom Verkehrs- und Verschönerungsverein auf. Aber auch die Fußgängerzone gefalle ihr nach wie vor gut. Klaus Kirschey mag den Sportplatz Birkenberg „auch wenn dort einige Investitionen getätigt werden müssten“. Buntenbach lobt die kurzen Wege, schnelle Bahnanbindung nach Köln und die gute medizinische Versorgung. Christian Kappertz mag das OP-Kennzeichen als Zeichen der Zugehörigkeit und die Bevölkerung von Opladen, „auch wenn die alten Opladener langsam aussterben“.
Zukunftswünsche für Opladen
Karl-Josef Nett hat zwei klare Forderungen: „Die Stadthalle kaufen und das Dycks abreißen, damit Opladen wieder einen schönen Platz bekommt.“ Fahrmeier fordert dringend „den Erwerb des Bürgerbusch als grüne Lunge für alle Bürger Leverkusens.“ Neben der Selbstständigkeit, die nicht zurückkommen wird, würde sich Petzold über eine große Hundefreilauffläche freuen. Und Blankerts wünscht sich einfach, „dass man ab und zu auf uns Opladener hört“.
Das Buch „50 Jahre Opladen in Leverkusen – Zeitzeugenberichte“ ist in einer Auflage von 500 Stück erschienen. Für 15 Euro ist es erhältlich in der Buchhandlung Noworzyn, Birkenbergstraße 25, und bei Lotto am Markt.