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Immer mehr Menschen haben keine BleibeWohnungslosenhilfe in Leverkusen kommt an ihre Grenzen

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Der Eingang zur Notschlafstelle der Caritas an der Schießbergstraße.

Die Menschen, die in der Caritas-Notschlafstelle an der Schießbergstraße schlafen müssen, werden immer mehr – und sie bleiben auch länger.

Wohnungslose Menschen in Leverkusen müssen länger in Notunterkünften bleiben, weil Wohnraum fehlt. Schnelle Besserung ist nicht in Sicht.

Wie viele Menschen in Leverkusen wohnungslos sind, lässt sich schwer in Zahlen benennen. Es gibt zwar offizielle Zahlen, doch die bilden nur einen Teil ab. Und vor allem bilden sie nicht ab, wie die Situation im November 2023 ist. Festhalten lässt sich allerdings, dass immer mehr Menschen in Leverkusen ohne Bleibe sind.

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) von Nordrhein-Westfalen schreibt in ihrem Sozialbericht von Juni 2023, dass es in Stadt Leverkusen 730 wohnungslose Personen zum 30. Juni 2022 gegeben haben soll. Im Vorjahr zählte das MAGS 560 Wohnungslose.

Zum Vergleich: 2022 waren laut MAGS in Köln 12.580 Menschen wohnungslos, im Jahr davor 8170. Jedoch hat Köln im Vergleich zu Leverkusen auch fast zehnmal so viele Einwohnende.

Zahl der Wohnungslosen in Leverkusen steigt

Von der Stadtverwaltung in Leverkusen gibt es auch Zahlen. Diese berufen sich auf einen Bericht der örtlichen Wohnungslosenhilfe, also der Stadt und der Caritas. Demnach nahmen 2022 insgesamt 680 Menschen die Angebote der Wohnungslosenhilfe in Anspruch. Postalisch waren beim Caritas-Tagestreff an der Schulstraße 452 Menschen gemeldet. Im Jahr davon waren es noch 452 Wohnungslose, die die Angebote in Anspruch nahmen und 358, deren Briefe zur Caritas geschickt wurden.

Es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer größer ist. Egal, welche der beiden Erhebungen berücksichtigt wird. Diejenigen, die auf der Straße leben, „Platte machen“, also obdachlos sind, und keinen Kontakt zu Fachberatungsstellen haben, wie dem Tagestreff der Caritas, zählen nicht dazu. Auch nicht diejenigen, die zwar auch wohnungslos sind, also keine eigene Bleibe haben, aber notdürftig bei Angehörigen oder Bekannten unterkommen.

Stefanie Strieder, Sozialarbeiterin und verantwortlich für die Wohnungslosenhilfe bei der Leverkusener Caritas, kann nicht einschätzen, wie groß diese Dunkelziffer ist. „Aber was man auf jeden Fall sagen kann: dass die Zahl der Wohnungslosen gestiegen ist“, sagt die Fachdienstleiterin für soziale und berufliche Integration.

Caritas und Stadt richten kurzfristig zwölf Notschlafplätze in Geflüchteten-Containern ein

Sehr sogar. Die Stadt Leverkusen habe deshalb ab Juni zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten in den städtischen Unterkünften in Küppersteg und Wiesdorf geschaffen, die Caritas sei dort beratend vor Ort. Im Oktober habe die Caritas der Stadtverwaltung melden müssen, dass die Notunterkunft an der Schießbergstraße an die Kapazitätsgrenzen stoße, sagt Strieder. Gemeinsam mit der Stadt sind darum am Montag zwölf Winternotschlafplätze in Küppersteg freigemacht worden – in Containern einer Geflüchtetenunterkunft.

Gerade versuche die Wohnungslosenhilfe in Leverkusen ihrer Pflicht irgendwie nachzukommen, Menschen unterzubringen. Stefanie Strieder: „Wir würden auf keinem Fall jemanden in der Nacht sagen: ‚Du kannst nicht rein, es ist voll‘“. Zur Not werde eben ein Zimmer des Personals für die Betroffenen genutzt.

„Allerdings kommen immer neue Gesichter, neue wohnungslose Menschen, die bei uns vorsprechen“, erklärt Strieder. Nicht alle nutzten regelmäßig das Angebot. Für die Fachdienstleiterin bei der Caritas ist klar: „Wenn alle, die wir auf unseren Listen haben, gleichzeitig da wären, ginge das hinten und vorn nicht.“

Bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware – Menschen müssen länger in Notunterkünften bleiben

Ein großes Thema sei der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Die Wohnungsnot sei in Leverkusen so groß, dass es kaum noch Angebote gebe. Dadurch werde es immer schwieriger, Wohnungen an wohnungslose Menschen zu vermitteln. Die Caritas bietet in der Schulstraße in ihrer Beratungsstelle „Kontakt“ auch Wohnraumvermittlung an. Seit 2013. Zu Beginn seien dort rund 20 Wohnungen pro Quartal an die Klientel vermittelt worden. Inzwischen seien es vielleicht 25 im Jahr, sagt Strieder.

Der Tagestreff der Caritas in der Schulstraße ist die Anlaufstelle für Leverkusener Wohnungslose. Die Notschlafstelle ist ganz in der Nähe.

Der Tagestreff der Caritas in der Schulstraße ist die Anlaufstelle für Leverkusener Wohnungslose. Die Notschlafstelle ist ganz in der Nähe.

Eine Perspektive, dass bald wieder mehr bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht, gibt es derweil nicht. Deshalb bleiben die Wohnungslosen inzwischen länger in den Notunterkünften, als es eigentlich ursprünglich gedacht war. Stefanie Strieder findet, dass es darum grundsätzlich mehr Angebote für wohnungslose Menschen in Leverkusen geben muss, speziell für Frauen oder Menschen mit Sucht- oder psychischen Erkrankungen. Vor allem aber Unterbringungsmöglichkeiten. Und die nicht nur notdürftig, für die Nacht, sondern langfristig.

„Dann sollte man aber schauen, dass es menschenwürdige Unterbringungen gibt, aber da sind wir noch lange nicht“, sagt die Sozialarbeiterin der Caritas. Doch die sind laut Stefanie Strieder derzeit teilweise dreifach belegt. Derzeit seien die Verhältnisse prekär. Die Wohnungslosen seien jeweils zwölf Stunden entweder in einer Notschlafstelle, im Tagestreff der Caritas – oder eben auf der Straße. Ohne Möglichkeiten, sich mal zurückzuziehen, auch nicht in der Nacht, weil die Unterkünfte meist Mehrbettzimmer haben. „Das macht auf Dauer krank“, ist sich Strieder sicher.

Stadt Leverkusen: Steigende Zahlen und unterschiedliche Bedürfnisse sind problematisch geworden

Dadurch lässt sich für Leverkusen festhalten: Die Anforderungen der Wohnungslosenhilfe sind hoch und scheinen auch weiter zu steigen. Um der Situation Herr zu werden, gibt es verschiedene Ideen und Initiativen. Auch wenn sie keine schnellen Lösungen versprechen. Die Caritas plant, die ehemalige Thomas-Morus-Kirche in Schlebusch umzubauen, 15 Gruppenwohnungen für Wohnungslose sollen dort entstehen. Wann die fertig sein werden, steht allerdings noch in den Sternen. Caritas-Direktor Wolfgang Klein sagte im Juni, dass seit eineinhalb Jahren auf einen Bescheid der Stadt gewartet wird, um mit den nötigen Bauarbeiten anfangen zu können.

„Grundsätzlich gibt es ein umfassendes, funktionierendes und seit langen Jahren etabliertes Hilfesystem“, heißt es derweil von der Stadtverwaltung. Aber auch die Stadt hat erkannt, dass es steigende Zahlen und unterschiedliche Bedürfnisse der Menschen problematisch geworden ist.

Leverkusener Rat soll Wohnungslosenhilfe verbessern

Deshalb gibt es auch eine Verwaltungsvorlage, mit der Bewegung in die Leverkusener Wohnungslosenhilfe kommen könnte. Die Verwaltung soll zusammen mit anderen Institutionen, neben der Caritas etwa noch das Sozialpsychiatrische Zentrum und die Suchthilfe, eine „multiprofessionelle und zielgruppenorientierte Weiterentwicklung des Personal- und Betriebskonzeptes und begleitende Maßnahmen auf der Grundlage der derzeitigen Angebotsstruktur für Wohnungslose“ umsetzen.

Konkret soll es dabei etwa um ein Projekt gehen, dass Menschen wieder in eigene vier Wände bringen soll. Auch sollen Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungslosenhilfe vernetzt werden, um dauerhafte Lösungen zu schaffen. Aber auch das ist noch Zukunftsmusik. Über diese Verwaltungsvorlage wird der Stadtrat vermutlich aber erst im neuen Jahr entscheiden.

Bei immer kälterer werdenden Nächten bleibt die Versorgung wohl erst einmal so, wie sie jetzt ist – hart an der Grenze des Machbaren. Einziger Wermutstropfen, der zumindest ein paar Sorgen nehmen kann: „In akuten Notsituationen wird die Stadt Leverkusen flexible Lösungen anbieten, wie z. B. kurzfristige Schlafmöglichkeiten in anderen Einrichtungen“, heißt es von der Stadt.