Ernährungsexpertin über Essenstrends„Es geht eben um ein bestimmtes Weihnachtsgefühl“
- Koch Andreas Frank hätte mit Teilnehmern ein Weihnachtsmenü gekocht. Coronabedingt ist der Termin ausgefallen. Unten finden Sie das Rezept zu einer nicht alltäglichen Nachspeise.
Leverkusen – Die Küche ist ein Traum: Die geräumige Kochinsel bietet Platz für diverse Herdplatten, die Schubladen sind penibel sortiert. Ob Schalen, Bräter oder Teigschaber – alles ist sofort parat. Mittendrin: Mirjana Karan. Die 41-Jährige Ökotrophologin hat im August bei der Awo in Opladen angefangen und stellt unter anderem die Kochkurse im Familienseminar am Berliner Platz zusammen.
Kochen? Hat gerade in Corona-Zeiten eine neue Bedeutung gewonnen. Laut einer Studie des Bundeslandwirtschaftsministeriums gibt knapp jeder Dritte an, aktuell häufiger als vor der Krise selbst zubereitete Speisen zu kochen. Kein Wunder, möchte man meinen, wenn Restaurants und Imbissbuden geschlossen sind. Doch das Thema rückt in den Vordergrund, wenn Kantine und Co. zu sind, hat auch Mirjana Karan beobachtet. Aber auch davor war das Thema Kochen und Kochkurse sehr beliebt. Als im Sommer und Frühherbst Kurse erlaubt waren, waren sie ausgebucht. „Die Menschen wollen etwas zusammen machen, bewusst etwas Neues lernen. Viele Familien und Paare kommen zu uns.“
Dabei rücken gesundheitliche Wirkungen immer stärker in den Fokus. Ob es um Unverträglichkeiten geht oder wie man mit der Ernährung Krankheiten beeinflussen kann. Doch natürlich unterliegen auch Ernährungsformen Trends: Karan versucht, viele aufzugreifen, sie ernährungswissenschaftlich zu beleuchten und auch selbst zu probieren. Die Ketone Ernährung (stark fettbetont, wenig Kohlehydrate), die gerade unter Sportlern Aufwind erhält, war eins ihrer jüngsten Proben. „2019 war das Keto-Jahr“, sagt sie schmunzelnd. Ob Ketogen, Paläo oder Intervallfasten: „Die Leute fragen danach.“
„Man muss auf sein Bauchgefühl hören“
Doch nicht immer ist jeder Trend für jeden geeignet, findet sie. „Man muss auf sein Bauchgefühl hören“, rät sie. Der Körper mache es, wie er es braucht. „Als Kinder haben wir gelernt, auf unser Körpergefühl zu hören“, erklärt sie. Würden wir älter, würden wir in Rhythmen gepresst, das Bauchgefühl gehe im Alltagsstress verloren.
Doch um die Leute wieder auf die richtige Spur zu bringen, ist die studierte Ernährungswissenschaftlerin ja da. „Fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag“, heißt es bei ihr. Das klingt so lapidar: „Da steckt viel Forschungsarbeit dahinter“, betont sie.
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Die Awo bietet auch Kochkurse für Weihnachtsmenüs an. Was bei den Menschen auf dem Teller landet, sei ganz unterschiedlich: Bei der älteren Generation vielleicht doch eher der Gänsebraten, viel würden aber auch Kartoffelsalat mit Würstchen essen. Was Mirjana Karan beobachtet ist, ist eindeutig, dass viele Leute versuchen, bei der Zubereitung Zeit zu sparen. Man plane anders, setze Rezepte anders um, um eine einfachere Variante zu haben. „Klar kann ich eine Fischsuppe mit eigenem Fond komplett selbst zubereiten, das dauert dann drei Stunden. Nehme ich Fond aus dem Glas, ergänze Gewürze und Kräuter wie Safran und Orangenabrieb, dauert es 20 Minuten.“ Wer will da schon etwas dagegen sagen?
Grundsätzlich findet sie persönlich es schön, traditionell zu kochen. „Essen wird auch als Kulturgut weitergegeben.“ Gerade an Weihnachten hätten es neue Trends zum Beispiel im Plätzchenbereich schwer, hat sie beobachtet. „Es geht eben um ein bestimmtes Weihnachtsgefühl“ – und das stellt sich gern bei klassischen Rezepten wie Spritzgebäck und Makronen ein. Verändern ist aber jederzeit erlaubt: „Man kann auch bei einer Sorte statt 200 Gramm Zucker nur 100 Gramm nehmen – und auch das ist schon viel.“
Essen als wichtiges Kulturgut hat es in Corona-Zeiten mit all den Beschränkungen schwer. „Das Zusammenkommen ist wichtig“, erklärt Karan, aber Essen könne auch Trost sein. „Es hat einen wichtigen Stellenwert. Wir sollten schauen, dass er nicht verloren geht.“Die Ernährungsberaterin wird übrigens an einem der Weihnachtsfeiertage auch ein Essen bei einem Lokal um die Ecke bestellen, „um den Betreiber zu unterstützen“.
Die nächsten Kochkurse sind für 2021 geplant. Es werden mehr Basiskurse auf der Liste stehen, ein Kurs wird sich beispielsweise aber auch um Lebkuchen drehen und wie man die selber herstellt. Es wird aber auch Kurse zu veganer Küche und veganem Backen geben. Alle Kursleiterinnen und Kursleiter sind gelernte Köche oder Konditore. (aga)www.familienseminar.infowww.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/ernaehrungsreport2020.html
Weihnachtsidee: Gebrannte Rosmarincreme mit Pflaumensalat und süßem Pesto von Koch Andreas Frank
Zutaten für die Creme: 0,4 Liter Sahne, 0,4 Liter Milch, 120 Gramm Zucker, Mark von einer Vanilleschote, ein Sternanis, zwölf verquirlte Eigelb, 20 Gramm fein gehacktes Rosmarin, 40 Gramm brauner Zucker zum Gratinieren.Zutaten für den Pflaumensalat: Ein bis zwei Esslöffel Zwetschgenschnaps, ein bis zwei Esslöffel Rotwein (der Alkohol kann alternativ durch Pflaumensaft ersetzt werden), 20 Gramm Zucker, ein Sternanis, eine Zimtstange, zwölf entkernte Pflaumen in Spalten geschnitten, 30 Gramm geröstete Pinienkerne, zehn Gramm gehackte Pistazien.
Pesto: zwei bis drei Esslöffel Traubenkernöl, 20 Gramm geraspelte weiße Kuvertüre, Saft von einer Zitrone, zehn Gramm Pinienkerne, ein kleiner Bund Basilikum, Zucker nach Belieben, Basilikumblätter und Rosmarinzweige als Garnitur
Anleitung:Rosmarincreme: Sahne und Milch aufkochen. Zucker, Vanille und Sternanis hinzufügen, nochmals aufkochen. Topf von der Herdplatte ziehen. Eigelb unter ständigem Rühren in die Sahnemischung einfließen lassen. Durch ein Sieb in eine Schüssel gießen, Rosmarin hinzufügen. In vier feuerfeste Schüsseln oder tiefe Teller verteilen. Ofen auf etwa 140 Grad vorheizen. Creme etwas 20 Minuten darin stocken lassen, abkühlen lassen. Vor dem Servieren mit braunem Zucker bestreuen und unter einem sehr heißen Grill (oder mit dem Bunsenbrenner, wer hat) gratinieren.
Pflaumensalat: Schnaps, Rotwein, Zucker, Sternanis und Zimt aufkochen, sechs Pflaumen hinzufügen, aufkoche lassen, Pflaumen herausnehmen. Sud sirupartig einkochen. Sternanis und Zimtstange entfernen. Pflaumen wieder in den Sud geben, darin glasieren und abkühlen lassen. Pinien und Pistazienkerne zufügen.Pesto: Öl, Kuvertüre, Zitronensaft, Pinienkerne und Basilikumblätter im Mixer pürieren, bis eine feine grüne Paste entstanden ist. Nach Geschmack mit Zucker nachsüßen. (aga)