Leverkusener GroßfamilieFast 100 Jahre altes Bauwerk in Wiesdorf wird zwangsversteigert

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Carl-Leverkus-Straße Ecke Kaiserstraße: Dieses Eckhaus wird von Mitgliedern der Großfamilie bewohnt und soll jetzt zwangsversteigert werden. Foto: Ralf Krieger

Das Eckhaus Carl-Leverkus-Straße / Kaiserstraße wird von Mitgliedern der Großfamilie bewohnt und soll zwangsversteigert werden.

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate kommt damit ein Haus, das man mit der Großfamilie verbindet, in die Zwangsversteigerung. 

Die nächste Zwangsversteigerung eines von der stadtbekannten Leverkusener Großfamilie bewohnten Hauses steht an. Dieses Mal soll das ehemals als „Sattelkammer“ bekannte Haus an der Kaiserstraße Ecke Carl-Leverkus-Straße versteigert werden. Den Verkehrswert dieser Immobilie gibt die Leverkusener Gutachterin in ihrem Exposée mit etwas über eine Million Euro an, genau 1.050.000 Euro. Unlängst war die sogenannte Türmchenvilla des Chefs der Großfamilie in Schlebusch in der Haydnstraße zur Zwangsversteigerung angesetzt gewesen; die für Mai festgesetzte Versteigerung wurde aber kurzfristig abgesetzt.

Die Versteigerung des Wiesdorfer Hauses hat das Amtsgericht jetzt für den 11. September 2024 terminiert.

Zwangsversteigerung in Wiesdorf: Bewohner sind Mitglieder von Großfamilie

1416 Quadratmeter groß ist das Grundstück an der Kaiserstraße, mit sieben Flurstücken, Wohn- und Verkehrsflächen. Die Summe der vermieteten Wohnfläche wird mit 650 Quadratmetern angegeben, tatsächlich, sollen aber über 900 Quadratmeter von der Großfamilie bewohnt sein, so steht es im veröffentlichten Gutachten.

Laut Exposée könnte die Versteigerung wegen nicht gezahlter Schulden des Eigentümers anberaumt worden sein. Vermerkt ist dort nämlich, dass der (aus Datenschutzgründen) nicht benannte Eigentümer und Schuldner und die Mieter, das sind Mitglieder der Großfamilie, beim Gutachtertermin anwesend gewesen seien. Ein ehemaliger Besitzer, dessen Name dem „Leverkusener Anzeiger“ bekannt ist, sagte, er habe das Haus vor fünf Jahren verkauft: „zum Glück“. Das Sozialamt habe zwar immer die Miete bezahlt, aber er sei dem Geld dennoch hinterhergelaufen. Welche Firma oder welche Person jetzt Eigentümerin ist, ist nicht bekannt.

Fehlende Genehmigungen

Für mehrere errichtete Gebäudeteile sollen laut Exposée Baugenehmigungen fehlen. Ein Anbau auf der Rückseite, ein Eingang und ein Badezimmer, sowie ein Wanddurchbruch zwischen den beiden Häusern, Kaiser- und Carl-Leverkus-Straße seien nicht genehmigt. Der dazugehörige Bauantrag sei 2022 zurückgezogen worden. Für die Nutzung des Erdgeschosses als Wohnraum wurde offenbar nie ein Antrag genehmigt, der sei formell illegal, heißt es in den Ausführungen der Gutachterin. Wohnen unterm Dach haben die Baubehörden zudem aus Brandschutzgründen untersagt, heißt es in der Beschreibung.

Bevor Mitglieder der Großfamilie dort wohnten, gab es eine Bäckerei und später die „Sattelkammer“, ein Geschäft, das Reiterbedarf aus zweiter Hand verkaufte.

Eine frühe, vielleicht die erste Wiesdorfer Brauerei

Das ursprünglich 1928 als wahrscheinlich erste Wiesdorfer Brauerei gebaute Haus an der Carl-Leverkus-Straße 59 wurde nach dem Krieg zu großen Teilen als Wohnhaus umgebaut. Im Gegensatz zu den heute illegal als Wohnungen genutzten ehemaligen Geschäften liegen dafür Genehmigungen vor. Zum Komplex gehören zwei Garagen im Hinterhof, die nach dem Krieg zu Wohnzwecken aufgestockt wurden.

Aber auch hier wurde offenbar später noch ohne Genehmigung daran herumgebaut: „Eine baubehördliche Genehmigung der vorgefundenen Wohnnutzung der Garagen im Erdgeschoss liegt nicht vor“, heißt es im Exposée. Für die Wertermittlung hat die Gutachterin unterstellt, dass die illegalen Bauten nachträglich genehmigt werden können, das aber „ausdrücklich vorbehaltlich einer Prüfung und Genehmigung durch die Baubehörde“.

Die Baubeschreibung ist mit dem Wort „abgewohnt“ wahrscheinlich am treffendsten beschrieben. Bis auf zwei Heizthermen sollen alle defekt sein, zum Teil gibt es keine Warmwasserversorgung.

Carl-Leverkus-Straße Ecke Kaiserstraße: Dieses Eckhaus wird von Mitgliedern der Großfamilie bewohnt und soll jetzt zwangsversteigert werden.

Die Klingeln am Haus Carl-Leverkus-Straße 59

Die Mängellisten füllen mehrere Seiten: Feuchtigkeit, Schimmel, Risse im Balkon, ein undichtes Dach, fehlende Heizkörper und Heizungen, die Verkleidungen an den Wand-WC-Spülkästen fehlten fast vollständig, so die Gutachterin, es bestehe „erheblicher Unterhaltungsstau und allgemeiner Instandsetzungsbedarf an Dach und Fach“.

 Razzia kaiserstraße bei der stadtbekannten Großfamilie Goman

2019: Razzia im Eckhaus bei der Großfamilie

Im Exposée heißt es: „Gemäß Mieterliste und nach Auskunft des Eigentümers stehen die Mieter überwiegend in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zueinander.“

 Razzia kaiserstraße bei der stadtbekannten Großfamilie Goman

November 2019: Razzia in der Kaiserstraße bei der stadtbekannten Großfamilie, der ungenehmigte Anbau (rechts) im Hinterhof scheint damals offenbar im Bau gewesen zu sein.

Ob es im September wirklich zu der Versteigerung kommt, ist unklar. Sollte der Eigentümer vorher etwa seine Schulden bezahlen, würde die Versteigerung abgesagt.


Wiederholte Razzien der Polizei in der Kaiserstraße

Das Haus war mehrfach in den Schlagzeilen: 2011, nach einem Brandanschlag auf das Haus befürchtete man einen rassistischen Hintergrund. Wie sich später jedoch zeigte, war die Brandstiftung mit drei Molotow-Cocktails ein Racheakt dafür, dass der Täter von Familienmitgliedern um 30.000 Euro betrogen worden war. Vorher und danach kam es wiederholt zu Razzien der Polizei, auch wegen Sozialbetrugs. (rar)