Existenzängste wegen CoronakriseUngewisse Zukunft für Scala und Topos
Leverkusen – Die Bayer-Kultur reagierte als erster Kulturanbieter vor Ort: Die Verantwortlichen setzten bereits Mitte vergangener Woche das Veranstaltungsprogramm aus. Die „Kultur-Stadt-Lev“ folgte. Und nun heißt es auch im Opladener Scala-Club, in Kneipen wie dem Topos oder dem „Notenschlüssel“ sowie in Kinos: Bis auf Weiteres findet nichts statt: keine Konzerte, keine Kleinkunst, keine Filmvorführungen.
In unserem Newsblog halten wir Sie zu allen Corona-Entwicklungen in Leverkusen auf dem Laufenden.
Die Konsequenzen könnten sich an einem Ende, das noch nicht abzusehen ist, als verheerend entpuppen.
14 abgesagte Veranstaltungen
Das gilt gerade für private Veranstalter wie Fabian Stiens vom Scala. Er sagte bis einschließlich 23. April 14 Veranstaltungen in seinem Club an der Uhlandstraße ab, viele davon waren bereits ausverkauft. Zwar seien die Künstler, die dies betreffe, bislang allesamt einsichtig. „Bis jetzt hat noch keiner von ihnen Forderungen gestellt.“
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Das liege aber neben dem Verständnis für die Krisensituation vor allem daran, dass so gut wie alle Konzerte und Comedy-Shows auf einen späteren Termin hätten verlegt werden können. Sprich: Die bereits gekauften Tickets behalten dann ihre Gültigkeit, viele Gäste werden sich den Betrag entsprechend nicht erstatten lassen, sondern die Eintrittskarten eben später einlösen. „Und die Künstler bekommen ihre Gage laut Vertrag ja auch erst dann, wenn sie die Leistung erbracht haben.“
Ein Puffer ist noch da
Insofern, sagt Stiens, sei er „noch recht ruhig“. „Wir haben auch einen Puffer. Ich müsste also nicht sofort zum Insolvenzverwalter rennen.“ Aber: „Wenn sich das alles bis in den Herbst ziehen sollte, dann würde es ernst.“ Denn dann stünden die großen und besonders beliebten Konzerte – allen voran die der von ihm organisierten Leverkusener Jazztage – an. Und dann würde alles eng. Ganz eng. Alleine vom Terminplan her, der irgendwann eben keine Ausweichtermine mehr zulässt. Würden die jetzt abgesagten Konzerte gänzlich entfallen, „dann reden wir hier von einem mindestens hohen fünfstelligen, eher schon sechsstelligen Betrag“.
Mieteinnahmen fehlen
Und darin seien die entfallen Mieteinnahmen rund um das Scala noch gar nicht einberechnet. Denn die stünden ja auch noch aus: Das Haus, in dem der Scala-Club untergebracht ist, gehört Stiens.
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Und seine Mieter sind Thomas Schöneborn als Betreiber des im Hause untergebrachten Scala-Kinos, das den Betrieb ebenfalls eingestellt hat, sowie Sabha Tahershams – er leitet im Erdgeschoss das Restaurant „Cantina“. „Und ich denke, dass die Gastronomiebetriebe eben auch bald nachziehen werden“, sagt Stiens. Also auch die „Cantina“. Und dann müsse man sich zusammensetzen. Denn dann flöße auch aus dieser Richtung kein Geld mehr.
Sorge um die Existenz
Stiens sorgt sich in dieser Situation indes nicht nur um sich und um seine Existenz. Er betont auch die Lage, in der sich neben vielen Künstlern die meist freiberuflichen Mitarbeiter seines Scala-Teams – die sind unter anderem für die Veranstaltungs- und Bühnentechnik zuständig – befänden. „Sie verdienen jetzt kein Geld mehr, weil sie keine Aufträge haben.“
Kredite schieben das Problem nur auf
Letztlich würden auch die von der Bundesregierung versprochenen, zinslosen Kredite nichts nützen. Denn: „Zurückgezahlt werden müssen die ja trotzdem. Sie verschieben das Aus für die Betroffenen also nur.“ Hier sei die Politik gefordert.
Weitere Absagen
Der Männerchor Bayer Leverkusen haben wegen des Coronavirus ihre wöchentlichen Chorproben bis auf weiteres ausgesetzt.
Zudem wurde die am vergangenen Wochenende geplante Chorfahrt nach Ahrweiler abgesagt.
Im Matchboxtheater in Hitdorf finden zunächst bis zum einschließlich 16. April keine Veranstaltungen statt. Auch die für den 28. März in der Stadthalle geplante Geburtstagsgala zum 20-jährigen Bestehen des Theaters wurde abgesagt. Sie soll – wie alle weiteren entfallenen Termine – voraussichtlich im Herbst 2020 nachgeholt werden. (frw)
Zunächst bis Ostern haben die Verantwortlichen des Vereins Jazz Lev um die Vereinsvorsitzende Birgit Kremer die Konzerte im Wiesdorfer Topos ausgesetzt – mit indes weit weniger schwerwiegenden Konsequenzen im Vergleich zu anderen, denn: „Wir zahlen den bei uns auftretenden Künstlern keine Gage“, sagt Kremer. Insofern sei der Verein wenig betroffen – einmal davon abgesehen, dass derzeit Veranstaltungen wie etwa das für August geplante Musikfest als Nachfolger des legendären Street-Life-Open-Air auf der Kippe stünden. Schwerer sei die Situation aber für Ingrid Orth, die seit dem Tod ihres Mannes Wolfgang Anfang 2019 die Kneipe führe und von den Konzertbesuchern, die nun nicht kämen, abhängig sei. Aber auch bei Kremer und Co. herrscht eine gewisse Zuversicht, ein gewisser Trotz, denn: „Wir arbeiten jetzt so, dass es nach Ostern hoffentlich wieder normal weitergeht.“
Irlandfreunde haben Hoffnung
Ähnlich handhaben es die Irland-Freunde Leverkusen, die den Pub „Notenschlüssel“ an der Friedrich-Ebert-Straße betreiben. Sie setzen das Programm aus – und sagen: „Wir schauen von Woche zu Woche“. In der Hoffnung, dass es irgendwann weitergehe.
Aktion Ticket behalten
Zudem unterstützen die Vereinsmitglieder um den Vorsitzenden Matthias Brandes und dessen Kollegen Gerhard Zech die landesweite Aktion „Ticket behalten“, deren Anhänger freiwillig bereits gekaufte und nun aufgrund der Corona-Krise verfallene Eintrittskarten für Konzerte in kleinen Clubs eben nicht zurückgeben, um sich das Geld dafür erstatten zu lassen. Dadurch sollen die finanziellen Verluste der Clubbetreiber minimiert werden.