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„Noch lange nicht über den Berg“So arbeitet das Seniorenheim in Opladen nach der Flut

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Heimleiter Josef Peters im Keller. Das Wasser hat hier eine Wand einstürzen lassen, Fenster wurden eingedrückt.

Leverkusen – Eine dünne Wasserschicht patscht noch immer unter den Füßen, wenn man durch den Keller des DRK-Seniorenheims in Opladen läuft. Einen Monat ist es nun her, dass das Hochwasser das Altenheim an der Düsseldorfer Straße flutete. Getrockneter Schlamm an den Wänden und der Raumbeschilderung gibt noch eine leise Ahnung davon, wie hoch das Wasser stand. Eindrucksvoller zeigen sich die Folgen in den einzelnen Räumen: kahle Wände, Schutt auf dem Boden. „Hier im Keller ist eine Wand eingestürzt, die Wassermassen haben mehrere Fenster eingedrückt, es lag Holz und Unrat bis unter die Decke“, sagt DRK-Kreisgeschäftsführer Josef Peters, als er durch den Keller läuft. Die Schuhe vorsichtig aufsetzend, um keine nassen Füße zu bekommen.

Vier Wochen nach der Katastrophe laufen im Seniorenheim die Reparaturarbeiten auf Hochtouren. 70 Mitarbeiter einer Baufirma, die die Versicherung des DRK geschickt hat, werkeln zwölf Stunden am Tag. Die Wände werden abgeklopft und gesandstrahlt, damit danach die Trocknung beginnen kann. Noch immer gibt es nur eine Notstromversorgung, keine Heizungsanlage, kein Telefon. Kabel laufen kreuz und quer durch alle Räume und Flure, mal wird sich unter ihnen hergeduckt, mal werden sie mit großem Schritt überstiegen.

Haus noch immer mit Notstrom betrieben

Sie führen zu einem Stromgenerator, den der Einsatzstab des DRK-Landesverbands geschickt hat. Dank ihm kann mittlerweile immerhin die Küche, ein wenig EDV und mobile Lichtanlagen betrieben werden. „Wir arbeiten mit lauter Hilfskonstruktionen“, sagt Peters. Die Schäden im Heim würden in die Millionen gehen, schätzt er. Allein die EDV-Anlage und die großen Waschmaschinen im Keller seien hunderttausende Euro wert gewesen.

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Noch immer ist der Keller im DRK-Seniorenheim nass. Die Heizungsanlage ist völlig zerstört.

Als das Wasser in der Nacht vom 14. auf dem 15. Juli kam, ging niemand im DRK-Heim von einer solchen Ausnahmesituation aus, wie sie eintreten sollte. „Am Tag der Flut hatte ich Nachtdienst“, schildert Pflegefachkraft Johannes Bliss. Eine Kollegin aus dem Spätdienst hätte bereits zu ihm gesagt, dass das ein „ganz schön heftiges Unwetter“ sei.

Richtig ernst wurde die Lage dann allerdings ab Mitternacht. „Gegen 24/1 Uhr war der Strom weg, die Brandschutztüren sind zugeklappt, für etwa ein bis drei Stunden hatten wir Notstrom. Dann war auch der Notstrom weg“, so der Pfleger. Den Bewohnern habe man die Situation erklärt, Ruhe zugesprochen. „Um 4, 5 Uhr stand das Wasser im Keller so hoch, dass man die Treppe nicht mehr runterkam.“

Mitarbeiter schlafen in der Unterkunft

„Als die Lage sich zugespitzt hat, haben wir sofort beschlossen, hier zu schlafen“, sagt Sebastian Leonard, stellvertretender Pflegedienstleiter. „Wir wussten ja auch gar nicht, wer von den Mitarbeitern am nächsten Tag überhaupt zur Arbeit erscheinen wird.“ Um die Bewohner nicht evakuieren zu müssen und ihre Sicherheit zu gewährleisten, sei man vor Ort geblieben.

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Josef Peters, Serap Arslan sowie die Pflegekräfte Johannes Bliss und Sebastian Leonard beim Gespräch über die Flutfolgen im Seniorenheim.

Bis heute sind immer zehn Mitarbeiter zur Absicherung da. „Die Mitarbeiter sind mit Rucksäcken und Reisetaschen gekommen und quasi hier eingezogen“, sagt Leonard. „Das gibt ein großes Gefühl von Familie und Zusammenhalt.“ „Wir sind jetzt seit 30 Tagen hier. Es ist fast ein bisschen wie ein Klassenfahrtsgefühl“, ergänzt Johannes Bliss. „Unsere Mitarbeiter leisten hier einen außergewöhnlichen Einsatz, ihnen gilt mein großer Dank“, sagt Peters. „Wir schaffen das nur, wenn wir alle an einem Strang ziehen.“

Versorgung unter schwersten Umständen

Dabei sei die Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner in den ersten Tagen nach der Flut zu gewährleisten nicht immer einfach gewesen, berichtet Serap Arslan vom DRK. „Die Pflege mit kaltem Wasser und die Zubereitung des Mittagessens für die Bewohner auf dem Grill war eine Herausforderung, zumal auch nicht viele Lebensmittel vorhanden waren, da das Gefrier- und Kühlhaus ohne Strom abtaute.“

Außerdem habe die Lichtrufanlage nicht funktioniert. „Dadurch hätten wir nicht mitbekommen, falls ein Bewohner aus dem Bett gestürzt wäre – wir sind also alle halbe Stunde durch jedes Zimmer der Bewohner gegangen um zu schauen, dass alles in Ordnung ist.“

Große Hilfe beim Wiederaufbau

Beim Wiederaufbau habe man am Seniorenheim jedoch auch auf viel Hilfe von außen zählen können. Die Bayer-Ultras, die Gerümpeltruppe, Nachbarn und Angehörige hätten bei der Entrümpelung des Kellers geholfen. Einer dieser Angehörigen ist Ralf Sickering, dessen Mutter im DRK-Heim wohnt. „Ich hab dort mit angepackt, wo es nötig war“, erzählt er. „Ich möchte auf keinen Fall, dass meine Mutter woanders hinkommt. Sie lebt hier seit viereinhalb Jahren und hat ein Vertrauensverhältnis zu den Pflegern.“

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Der Keller im DRK-Heim wird komplett entkernt.

„Die Bewohner kommen aus einer Generation, in der man genügsam ist. Ihr größter Wunsch ist, dass sie bloß nicht hier raus müssen, aus ihrem Zuhause – und das gibt uns die Motivation, hierzubleiben“, sagt Sebastian Leonard. „Mich bekommt ihr hier erst mit den Füßen zuerst wieder raus“, bestätigt Bewohnerin Christiane Wieschenkämper und lacht.

Bewohner wollen im Heim bleiben

Seit drei Jahren lebt die 76-Jährige im DRK-Heim in Opladen. Während der Flutkatastrophe war sie bei ihrem Sohn in Köln zu Besuch. Man habe ihr geraten, doch noch ein wenig dort zu bleiben. „Aber ich habe Heimweh bekommen. Ich wollte wieder zurück“, sagt Wieschenkämper. Dass sie im Heim aufgrund der aktuellen Lage auf einige Annehmlichkeiten wie den Fernseher verzichten muss, störe sie nicht. „Ich male und bastle dann eben. Dienstag und Donnerstag habe ich außerdem eine Bingo-Gruppe organisiert. Wir sind alle freiwillig hier“, sagt sie. „Und wir halten zusammen.“

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Christiane Wieschenkämper ist froh, zurück in ihrem Zimmer zu sein.

Heimleiter Peters plant derweil die nächsten Schritte für das Opladener Haus. „Die Zeit sitzt uns im Nacken. In ein paar Wochen ist Herbst und bis dahin muss dringend die Heizungsanlage wieder funktionieren, damit die Bewohner nicht frieren. Bis das Material für die Elektrik und Sanitäranlagen kommt, dauert es. Es wird ein langer Weg, bis wir hier wieder richtig fit sind. Wir sind noch lange nicht über den Berg.“

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Sobald die gröbsten Arbeiten erledigt sind, müsse man sich Gedanken über die Zukunft machen. „Wir müssen sicherlich Überlegungen anstellen, wie so etwas nicht nochmal passieren kann. Das geht von einer Erhöhung der Schutzmauern bis zu so etwas wie einem Ruderboot – das haben wir zum Transport am ersten Tag schmerzlich vermisst. Ich glaube nicht, dass wir durch den Klimawandel in den kommenden 20 Jahren von so etwas verschont bleiben werden.“