Nach Hochwasser in Leverkusen„Eine Katastrophe“ – Bürokratie verzögert Schulsanierung
Leverkusen – „Für unsere Schulgemeinschaft und die der beiden aufnehmenden Schulen ist das eine Katastrophe“, sagt Andrea Wirths, Schulleiterin der Theodor-Heuss-Realschule. Der Grund ist die Ankündigung der Stadt, dass die weiteren Sanierungsarbeiten an der schwerstens von der Flut getroffenen Opladener Schule nun europaweit ausgeschrieben werden müssten. Und damit vollkommen unklar ist, wann die Schule wieder an ihren Standort zurückkehren kann.
Große Fragezeichen
Ursprünglich war das bereits für die Sommerferien 2022 geplant. Als die Schwere der Schäden deutlich wurde, wurde der Termin zunächst auf Jahresbeginn 2023 verschoben. Aktuell ist auf der Seite der Stadt von „Ostern/Sommer 2024“ die Rede – allerdings steht jetzt auch hinter dieser Zeitangabe ein großes Fragezeichen.
„2024, das tat auch schon weh, es war aber ein Datum, auf das man hinarbeiten konnte“, sagt die Schulleiterin jetzt. Mit dem Zwang zur europaweiten Ausschreibung gibt es jetzt überhaupt keinen verlässlichen Zeitplan mehr. „Das macht uns nervös, auf allen Ebenen.“ Natürlich hätten Schüler, Eltern und das Lehrerkollegium Verständnis dafür, dass man in so einer Katastrophe einiges ertragen müsse. Aber damit ist es inzwischen vorbei. „Wir werden darauf deutlich reagieren und haben das mit einer ersten Stellungnahme an den Schulträger auch schon getan“, sagt Wirths.
Darin habe sie aufgeschrieben, was die Auslagerung für ihre Schule und auch die Grundschule Heinrich-Lübke-Straße 140 und die Montanus-Realschule in Steinbüchel bedeutet, an denen sie aufgenommen wurden: Eine auseinander gerissene Schulgemeinschaft, fehlende Fachräume, Probleme im Bustransfer und die Gefahr, dass einige Lernende ihre eigentliche Schule am Opladener Standort nie kennenlernen werden.
Nur in Not ohne Ausschreibung
Grundsätzlich gilt, dass städtische Baumaßnahmen mit einer Bauleistung von mehr als 5,3 Millionen Euro europaweit ausgeschrieben werden müssen. Kurz nach der Flut hatte der Bund eine Sonderregelung zur „Bewältigung der Notlage in den Hochwasserkatastrophengebieten“ erlassen, dadurch konnte die Stadt ohne lange Ausschreibung beispielsweise Notstromaggregate, Schlammsauger, Ausweichcontainer und Bautrockner besorgen und den Bau absichern.
Inzwischen hat die Stadt beim Bundesministerium angefragt, ob die „vereinfachte Regelung des Rundschreibens“ auch für die Vergabe des Wiederaufbaus angewendet werden kann. Klare Antwort: Nein. Die Ausnahme sei nur für die kurzfristige Bewältigung der Katastrophe. Weitere Maßnahmen müssten europaweit ausgeschrieben oder die Ausnahme einzeln geprüft werden.
Würde die Stadt sich darüber hinwegsetzen, könnte es passieren, dass die bereits bewilligten Fördermittel in Höhe von 16,3 Millionen Euro zumindest in Teilen zurückgezahlt werden müssten.
Das ist fast die komplette Finanzierung der aktuell auf 16,5 Millionen Euro geschätzten Sanierung – das will die Stadt nicht riskieren und nun europaweit ausschreiben. Zumal noch die Kosten für die vorgesehene Aufstockung des Hauptgebäudes in Höhe von 2,5 Millionen Euro und 14 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Sporthalle als Dreifach-Halle dazu kommen. Verzögerungen im Zeitplan durch die komplexen Ausschreibungsverfahren und Unwägbarkeiten wie mögliche Einsprüche von Bietern oder wiederholte Ausschreibungen wegen mangelnder Beteiligung seien möglich, schreibt die Stadt.
Theodor-Heuss-Realschule: Sorgen in den Fokus bringen
Das wiederum will die Schulleitung nicht klaglos hinnehmen. „Wir befinden uns definitiv in einer Notunterbringung“, sagt Wirths. Deswegen kann sie nicht nachvollziehen, warum die Sonderregelung zur Bewältigung von Notmaßnahmen für ihre Schule nicht mehr gelten soll, und will darüber auch mit der Schulministerin sprechen, die ihren Besuch bereits angekündigt hat: „Wir müssen unsere Sorgen jetzt mehr in den Fokus bringen.“
Auf unbestimmte Zeit zu Gast an zwei Schulen sein, möchte sie definitiv nicht. „Dann muss zumindest eine Interimslösung in einem Gebäude gefunden werden, an dem wir als ganze Schule untergebracht werden können.“
Bislang mache sich die Situation in den Anmeldezahlen an ihrer Schule noch nicht bemerkbar, es wird weiter fünfzügig unterrichtet. „Wir fahren weiter unser pädagogisches Konzept und das ist hervorragend“, sagt Wirths. Aber es sei natürlich nicht auszuschließen, dass die Ungewissheit Eltern künftig abschrecke. Die Informationsveranstaltungen und Anmeldeverfahren für die neuen Fünftklässler starten in den kommenden Wochen. Zumindest das ist sicher.