Weihnachtsmarkt LeverkusenSchüler erhält vier Jahre Haft für geplantes Attentat

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Eingangssituation am Weihnachtsmarkt Opladen. Foto: Ralf Krieger

Der Prozess ist beendet: Auf dem Weihnachtsmarkt in Opladen wollte der 16-jährige Burscheider Menschen töten, so die Anklage.

Der 16 Jahre alte Burscheider, der auf dem Weihnachtsmarkt in Opladen möglichst viele Menschen töten wollte, muss ins Gefängnis.

Seit Mittwoch, 19. Juni 2024, lief der Prozess gegen den 16-jährigen Burscheider, der im Internet in einem „Telegram“-Kanal einen Anschlag angekündigt hatte. Das Urteil fiel am Freitag unter anderem wegen Verabredung zum Mord und Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten. Einem Gerichtssprecher zufolge äußerte sich der nicht vorbestrafte Jugendliche in dem Prozess „umfassend geständig“. Er wollte mit einem Komplizen in Opladen auf dem Weihnachtsmarkt „Ungläubige“ töten, also wahllos Morde begehen, das hatte ihm die Anklage vorgeworfen. 

Das Gericht sah es laut Gerichtssprecher als erwiesen an, dass der Jugendliche sich seit Herbst vergangenen Jahres radikalisierte. Sein Plan war es, einen Lastwagen zu mieten und damit über den Weihnachtsmarkt in Leverkusen-Opladen zu fahren. Der Angeklagte habe dabei möglichst viele Menschen überfahren und so töten wollen, teilte das Gericht mit.

Den Anschlag kündigte er per Video an

Der zur Tatzeit 15-Jährige veröffentlichte laut Urteil im selben Zeitraum ein Video in einer „Telegram“-Chatgruppe, in dem er einen Anschlag auf vermeintlich „Ungläubige“ ankündigte. Im Hintergrund des Videos war ein Erkennungszeichen der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat sichtbar. Auch das ist strafbar. 

Aus der Verhandlung waren nur wenige Details zu erfahren, denn der gesamte Prozess lief unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab. Der Angeklagte fällt noch unters Jugendstrafrecht. Beobachter sind nicht zugelassen gewesen. Auch das Urteil wurde ohne Öffentlichkeit verlesen. Es ist noch nicht rechtskräftig. Wie der „Leverkusener Anzeiger“ von Beteiligten des Prozesses erfuhr, hat sich der junge Burscheider recht bald nach seiner Festnahme dem „Aussteigerprogramm Islamismus“ angeschlossen, das vom Landesinnenministerium organisiert wird. In dessen Rahmen bekommt er im Schnitt alle zwei Wochen Besuch von Spezialisten.

Die Hoffnung besteht, dass sich der Heranwachsende Edris D., der sich nach Erkenntnissen der Ermittler sehr schnell radikalisiert hat, vom Islamismus abwendet. Die Teilnahme am Aussteigerprogramm hatte sein Verteidiger angeregt. Kurz nach dem Start wurden demnach auch die extremen Sicherheitsvorkehrungen im Jugendgefängnis in Wuppertal-Ronsdorf gelockert: Zu Anfang durfte der junge Burscheider keinerlei Kontakt zu anderen Häftlingen haben. Auch eine Fortsetzung seiner Schulausbildung war unter den harten Haftbedingungen nicht möglich.

Das habe sich im März geändert, heißt es: Edris D. darf am Unterricht in der JVA teilnehmen, auch die Besuchsregelungen wurden gelockert. Sollte es dem heute 16 Jahren alten Burscheider gelingen, im Gefängnis seinen Schulabschluss zu machen, würde das seine Sozialprognose deutlich verbessern. Sehr viel wichtiger ist aber in diesem Fall, dass der junge Islamist das Ausstiegsprogramm glaubhaft erfolgreich abschließt. Dann könnte man über eine Verkürzung der Haftstrafe reden.    

Sicher ist, dass der Burscheider zwischendurch nicht aus dem Gefängnis kommt. Die 4. Große Strafkammer am Kölner Landgericht hat die Fortdauer der Haft am Freitag angeordnet.

Tatverdächtige sollen Afghanistan als Fluchtziel gehabt haben

Gemeinsam mit einem in Brandenburg wohnenden Mittäter soll er den Anschlag auf den Opladener Weihnachtsmarkt ernsthaft geplant haben.  Wie das Gericht befand, sollte der Komplize die Aufgabe übernehmen, die Tat zu filmen und das Video dann zu veröffentlichen. Der Komplize muss sich ab dem 17. Juli vor dem Landgericht Neuruppin ebenfalls wegen des Vorwurfs der Verabredung zum Mord verantworten.

Im am Freitag zu Ende gegangenen Kölner Prozess hatte der Komplize nicht ausgesagt. Auch andere, Edris D. nahestehende Personen wie etwa seine Eltern, machten nach Angaben von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. So werde es Edris D. auch im Prozess gegen seinen Komplizen in Neuruppin halten, hieß es. 

In der Anklage war noch die Rede davon, dass die Tatplanung vorgesehen habe, einen mit Gasflaschen gefüllten Kleintransporter auf dem Weihnachtsmarkt zur Explosion zu bringen  – und so möglichst viele Menschen umzubringen. Eine Spezialeinheit der Polizei hatte die beiden Anfang Dezember 2023 festgenommen, Edris D. morgens vor dem Schulbesuch in Burscheid.

Die Inspiration zu ihrem Anschlag soll nach noch unbestätigten Informationen einem Aufruf der Terrormiliz „Islamischer Staat“ entstammen, die Tatverdächtigen sollen vorgehabt haben, sich nach der Tat von Opladen nach Afghanistan abzusetzen.

Der Jugendliche ging auf die Johannes-Löh-Gesamtschule in Burscheid

Der zur Tatzeit 15-Jährige ging auf die Burscheider Johannes-Löh-Gesamtschule, wo man nach dem Bekanntwerden der Tatpläne offen mit dem Anschlagsplan umging. Nach 2015 habe man in der Schule etwa 20 Geflüchtete aufgenommen, offenbar auch den Tatverdächtigen. Die Schule steht unter der Trägerschaft der evangelischen Kirche im Rheinland, es gibt evangelischen, katholischen und islamischen Religionsunterricht.

Der Burscheider und sein ein Jahr älterer Komplize saßen seit der Entdeckung der Pläne in Untersuchungshaft. (mit afp)

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